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Der Beirat „Junge Digitale Wirtschaft“ des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) hat ein Positionspapier veröffentlicht, in dem unter anderem die „Gewährleistung einer ausgewogenen Berichterstattung über Börsengänge durch Erlass von Regeln zur Vermeidung einseitig diffamierender Artikel, die sich als regelrechtes ‚IPO-‚ und ‚new economy-bashing‘ unter Finanzredakteuren verbreitet haben“ gefordert wird.

Wenig überraschend folgte ein massives negatives Echo. In der Folge bemühte sich Wirtschaftsminister Peter Altmaier um Schadensbegrenzung und distanzierte sich von den Forderungen seiner eigenen Berater. Autoren des Positionspapiers sind Amorelie-Gründerin Lea-Sophie Cramer, Alex von Frankenberg, Vorsitzender des High-Tech-Gründerfonds, und Christoph Gerlinger, Geschäftsführer von SGT German Private Equity.

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Pressefreiheit sei ein herausragendes Gut, dessen Schutz „wir verpflichtet sind“, twitterte Altmaier. Bereits vor der Reaktion des Ministers hatten sich die Vorsitzenden des Beirats, Miriam Wohlfarth und Christian Vollmann von dem Positionspapier distanziert, das inzwischen auch von der Website des BMWi verschwunden ist. Es habe sich um eine aus Versehen veröffentlichte „Arbeitsversion“ gehandelt, schrieb Vollmann auf LinkedIn.

Allein: Selbst, wenn noch nachgearbeitet werden sollte – wie kann es sein, dass Berater des Bundeswirtschaftsministers offenbar eine mehr als streitbare Haltung zum Thema Pressefreiheit einnehmen? Im Positionspapier fordern die Autoren eine „Disziplinierung der Presse zu sachlicher, richtiger und vollständiger Information“. Da drängt sich die Frage auf: Was denkt ihr denn, was wir machen?

Zu Recht spricht der Journalistenverband von „völlig absurden Forderungen“. Ex-Siemens-CEO Joe Kaeser ließ via Twitter wissen: „Im Silicon Valley sagt man dazu: ‚We need to separate the Pepper from the Fly-shit‘. Diejenigen, die Angst haben, dass ihre Equity Story durch die Pressefreiheit verwässert wird, gehören nicht zur Kategorie ‚Pepper‘. Das weiß auch Peter Altmaier. Der kann sehr wohl unterscheiden.“

Besonders schade: Das Positionspapier der drei Autoren greift durchaus viele wichtige Punkte auf, die das IPO-Klima hierzulande verbessern könnten. So heißt es unter anderem, die Attraktivität von Listings solle durch die Reduzierung von Überregulierung erhöht werden, ebenso wie die Attraktivität der Aktienanlage generell. Beides sind unbestreitbar sinnige Forderungen, die das 2021 durchaus positive IPO-Umfeld in Deutschland nachhaltig stärken könnten.

Traurig nur, dass sich daran kaum jemand erinnern wird, weil alle über die „Disziplinizierung der Presse“ sprechen. Die Autoren haben börsenambitionierten Unternehmen keinen Gefallen getan. Es ist daher nur folgerichtig, dass Gerlinger Altmaier inzwischen seinen Rücktritt als Mitglied des Beirats angeboten hat.

Autor/Autorin

Isabella-Alessa Bauer