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Gemäß der EY-Studie (www.ey.com.de) hielten sich Unternehmen mit Börsengängen auch zum Jahresende weiter zurück. So wagten im vierten Quartal weltweit 334 Unternehmen den Sprung aufs Parkett – 50% weniger als im vierten Quartal des Rekordjahres 2021. Das Emissionsvolumen sank um 73% auf 31,9 Mrd. USD.

Auf das Gesamtjahr bezogen ergibt sich ein ähnliches Bild: Die Zahl der IPOs sank weltweit um 45% auf 1.333, das Emissionsvolumen schrumpfte um 61% auf 180 Mrd. USD. Immerhin: Im Vergleich zum vor-Pandemie-Jahr 2019 stieg die Zahl der Börsengänge in diesem Jahr um 16%.

Weltweit veranlasste das schwierige Umfeld in diesem Jahr insgesamt 278 Unternehmen dazu, bereits angekündigte Börsengänge vorerst zu verschieben oder abzusagen – deutlich mehr als im 10-Jahres-Durchschnitt, der bei 202 liegt.

Gerade Finanzinvestoren haben ihre Exit-Aktivitäten erheblich reduziert. Im Jahr 2022 ist die Zahl der Börsengänge von Unternehmen aus den Portfolios von Private Equity Fonds auf 65 gesunken – ein 20-Jahres-Tief. Im Vorjahr waren noch 286 derartige Transaktionen gezählt worden.

US-Markt bricht am stärksten ein

Die stärksten Einbußen im Vergleich zum starken Vorjahr verzeichnete in diesem Jahr der Börsenplatz USA, wo die Zahl der IPOs um 78% zurückging und das Emissionsvolumen sogar um 94% einbrach. In Europa wurde ein Rückgang um 70% bei der Zahl und um 78% beim Wert der Börsengänge verzeichnet. Deutlich stabiler entwickelte sich das IPO-Geschehen in China (einschließlich Hongkong), wo die Zahl und der Gesamtwert der Neuemissionen jeweils um 22% schrumpften. Der Marktanteil Chinas am weltweiten IPO-Markt – bezogen auf das weltweite Emissionsvolumen – stieg entsprechend stark von 28% im Jahr 2021 auf 55% im laufenden Jahr.

Dr. Martin Steinbach, Partner und Leiter des Bereichs IPO and Listing Services bei EY: „Nach dem Rekordjahr 2021 war das Jahr 2022 durch geopolitische Spannungen, eine hohe Inflation und starke Zinserhöhungen sowie eine entsprechend hohe Volatilität gekennzeichnet. Viele IPO-Kandidaten haben ihren Börsengang vorerst zurückgestellt –  auch weil sich potenzielle Investoren angesichts schwächerer Aktienmärkte, sinkender Bewertungen und einer vielfach schwachen Post-IPO-Performance deutlich zurückhaltender zeigten als im Vorjahr.“

 „In diesem Jahr hat sich die IPO-Pipeline weiter aufgebaut“, so Steinbach weiter. „Viele Unternehmen warten auf den richtigen Zeitpunkt, um mit guter Vorbereitung den Börsengang zu meistern. Angesichts der knapper werdenden Marktliquidität sind die Anleger jedoch selektiver und bevorzugen Unternehmen mit nachhaltigen Geschäftsmodellen, die in Bezug auf Profitabilität gute Zahlen vorweisen können und gleichzeitig ihre ESG-Agenda klar formulieren.“

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Porsche zweitgrößter Börsengang 2022

Die IPO-Aktivitäten auf dem deutschen Markt waren in diesem Jahr relativ verhalten, immerhin stellte Deutschland aber mit der Erstnotiz der Porsche AG den zweitgrößten Börsengang des Jahres. Mit einem Emissionsvolumen von 9,4 Mrd. EUR lag diese Transaktion hinter dem Börsendebüt des südkoreanischen Batterieherstellers LG Energy Solution, bei dem im Januar 10,7 Mrd. USD erlöst wurden. Der drittgrößte Börsengang des Jahres war die Erstnotiz des Mobilfunkanbieters China Mobile, der – ebenfalls im Januar – 8,2 Mrd. USD einbrachte.

Mit insgesamt sieben Erstnotizen hat sich der Börsenplatz Deutschland in einem schwierigen Umfeld achtbar geschlagen. Davon waren fünf Börsendebuts: Cantourage Group SE, Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG, EV Digital Invest AG, BoerseGo AG und Rebelle aus Hamburg. Zusätzlich gab es zwei Börsenneulinge durch die Fusion mit einem SPAC: Viromed Medical AG und Cabka N.V.. Zudem gab es in Deutschland mit der SMG European Recovery SPAC SE, Fonterelli SPAC 2 AG und 468 SPAC II SE drei SPAC-Listings. Zwei deutsche Unternehmen (Rebelle und Cabka aus Berlin) zog es für ihren Börsengang an ausländische Börsen.

Steinbach ist vorsichtig optimistisch für das kommende Jahr: „Zuletzt war die Volatilität auf den weltweiten Kapitalmärkten etwas zurückgegangen. Zudem besteht die allgemeine Erwartung, dass sich der Zinsanstieg im Laufe des Jahres 2023 verlangsamen wird. Damit könnte das kommende Jahr günstigere Bedingungen für Börsengänge bieten, so dass die weltweiten IPO-Aktivitäten insbesondere in der zweiten Hälfte des Jahres 2023 wieder an Fahrt gewinnen könnten. Eine Beendigung des Krieges in der Ukraine und der geopolitischen Spannungen würden sich ebenfalls positiv auf die allgemeine Marktstimmung auswirken. Unternehmen, die sich gut vorbereitet haben, profitieren von der erreichten Transaktionsflexibilität und können sich kurzfristig öffnende IPO Fenster im Jahr 2023 nutzen.“

EY IPO-Barometer Q4 2022 | EY – Deutschland

Autor/Autorin

Ike Nünchert ist Mitglied des Autoren-Teams und schreibt für GoingPublic On- & Offline-News rund ums Börsengeschehen schwerpunktmäßig in Europa und den USA. Ein weiterer Berichtsfokus liegt beim Segment gründergeführter börsennotierter Unternehmen.