Die seit Dezember 2005 in Frankfurt gelistete Biotechfirma 4SC hat sich in den vergangenen zehn Monaten neu aufgestellt. Der gesamte Vorstand wurde neu formiert, die klinische Pipeline verschlankt. Über eine weitere Kapitalerhöhung will die Firma die langfristige Finanzierung ihrer Medikamentenforschung sicherstellen.

Plattform LifeSciences: Herr Loveridge, am 3. Juli läuft die Zeichnungsfrist für die Kapitalerhöhung ab. Wie wollen Sie Investoren gewinnen?

Jason Loveridge: Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir die angestrebten 44 bis 56 Millionen Euro bekommen werden – über unsere bisherigen Ankeraktionäre und mit neuen Investoren, denen unsere Equity Story gefällt. Wir wollen in den nächsten drei Jahren zwei Produkte in zwei Krebsindikationen auf den Markt bringen. Das klingt ambitioniert, aber wir ziehen das durch.

Da müssen Sie Überzeugungsarbeit leisten. 4SC hat eine wechselvolle Historie mit etlichen klinischen Rückschlägen hinter sich.

Das stimmt, aber wir haben die richtigen Konsequenzen gezogen. Das Geld fließt in die richtigen Projekte, denn wir sind mit unserer klinischen Pipeline jetzt klar fokussiert. Wir werden klinische Wirksamkeitsstudien nur noch in Nischenindikationen durchführen, für die eine begrenzte Zahl von Patienten mit einem geringeren finanziellen Aufwand notwendig ist. Dazu wollen wir nach einer Zulassung einen größeren Teil der Erlöse sichern, indem wir für einzelne Märkte die Vermarktung mit einem eigenen kleinen Vertriebsteam übernehmen.

Was bedeutet das für die klinischen Kandidaten?

Unseren Wirkstoff Resminostat werden wir nur noch in kutanem T-Zell-Lymphom weiterentwickeln. Das ist eine Nischenindikation, für die bislang in Europa kein vergleichbarer Wirkstoff  zugelassen ist und von der in Europa und den USA jährlich bis zu 4600 neue Fälle diagnostiziert werden. Die Patientenrekrutierung läuft, bis Mitte 2019 wollen wir die klinischen Wirksamkeitsdaten vorlegen. Bei einer Zulassung beziffern Experten die jährlichen Spitzenumsätze in den beiden Regionen auf jeweils bis zu 200 Millionen Euro. In der Indikation Leberkrebs, wo 4SC in der Vergangenheit viel Geld in die klinischen Studien investiert hat, haben wir gesehen, dass sich vermutlich bald die Standardtherapie in Nordamerika und Europa ändern wird. Aus diesem Grund ist es hier unsere Priorität, über unseren Partner Yakult die klinische Entwicklung in Japan und über neue Allianzen in China und Korea voranzubringen.

Wie sieht die Strategie für den zweiten Kandidaten 4SC-202 aus?

Unser Ziel ist es, mit unserer Substanz als Kombinationstherapie bei zu bereits zugelassenen Checkpoint-Inhibitoren deren Ansprechrate zu erhöhen. Damit soll das Immunsystem auch bei den Patienten aktiviert werden, die zunächst nicht auf Checkpoint-Inhibitoren ansprechen. Bei einem positiven Ausgang wollen wir 4SC-202 in Merkel-Zell-Karzinomen, einem seltenen Hautkrebs, in Eigenregie entwickeln und bei einer Zulassung selbst vermarkten. Wir können dabei auf dieselbe Gruppe von klinischen Experten zurückgreifen, mit denen wir beim T-Zell-Lymphom mit Resminostat zusammenarbeiten.

Sie selbst waren in leitender Funktion bei zahlreichen internationalen Firmen tätig. Was hat Sie dazu bewogen, im September 2016 bei 4SC in Martinsried anzufangen?

Ich bin seit mehr als 20 Jahren als Manager und professioneller Investor in der Biotechbranche. Eine Firma wie 4SC mit zwei klinischen Kandidaten bei einem Börsenwert von gerade einmal 40 Millionen Euro zu übernehmen, um deren Wert am Kapitalmarkt zu steigern, ist eine einmalige Chance. Außerdem schließt sich für mich in Martinsried ein Kreis, denn ich gehörte – jetzt sind es fast auf den Tag genau 25 Jahre – zu den Gründungsinvestoren von Morphosys.

Das Interview führte Stefan Riedel.

Zur Person

Jason Loveridge Vorstandsvorsitzender 4SC

 

Der promovierte Biochemiker Jason Loveridge ist seit September 2016 als Vorstandschef für das operative Geschäft bei 4SC verantwortlich und seit mehr als 20 Jahren im Management und als Investor bei Life Sciences-Unternehmen in Europa, Asien und den USA tätig.

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