Birds and Trees wurde im Jahr 2014 gegründet und bietet digitale Lösungsstrategien in der Medizin mit einem Fokus auf Transitionsmedizin an. Aktuell umfasst das Unternehmen vierzehn Mitarbeiter. Seit der Gründung der Agentur liegt ihr Fokus auf der Entwicklung der Patchie-Mukoviszidose-Apps.

 

Plattform Life Sciences: Herr Kamps, bitte stellen Sie und das Unternehmen Birds and Trees und das Projekt Patchie vor. Was ist Ihr Alleinstellungsmerkmal?

Kamps: Die Hauptfigur und treibende Kraft der Apps ist ihr Namensgeber Patchie. Patchie stellt sich den Kindern als ein kleines außerirdisches Wesen vor, das mit seinem Raumschiffhaus im Weltall gestrandet ist. Schnell bemerken sie, dass sie viele Eigenschaften teilen und es stellt sich heraus, dass Patchie ebenfalls an Mukoviszidose erkrankt ist. Auch Patchie muss seine Therapie gewissenhaft durchführen, wenn er gesund genug sein will, um das Universum zu erforschen.

Patchie dient als Identifikationsfigur. Gerade Kindern mit Mukoviszidose, für die Restriktionen für den Kontakt mit anderen Mukoviszidose-erkrankten Menschen gelten, soll diese als Stütze dienen. Die entstandene Bindung an die Patchie-Figur kann in der Folge genutzt werden, um Kindern die Wichtigkeit der Therapie zu vermitteln. Um das Interesse bei den Kindern zu stärken und die Therapie positiv, nämlich spielerisch zu belegen, stützt sich die App auf drei Hauptpfeiler: Die Narration, Therapiespiele und Minispiele. Gesteuert wird das Spielverhalten zusätzlich durch Restriktionen.

Welche Idee steht hinter Patchie und wie kam es zur Gründung von Birds and Trees?

Hinter Patchie steht die Idee der Entwicklung von Apps, die langfristig die Lebensqualität von Mukoviszidosepatienten verbessern. Zur Durchsetzung dieses Ziels wurden mehrere Angriffspunkte identifiziert: die Adhärenzsteigerung, die psychische Entlastung von Patient und Angehörigen, das effektivere Monitoring der Therapie sowie die erleichterte Kommunikation zwischen Patient und Behandlern. Patchie unterstützt Kinder mit Mukovsizidose in ihrer Therapie. Gemeinsam erkunden der kleine blaue Außerirdische und das Kind spielerisch Mukoviszidose-relevante Inhalte und üben sich in Therapieadhärenz. Die mobile App übernimmt außerdem das Monitoring des Krankheitsverlaufs und der Therapietreue und ermöglicht es, die aufgezeichneten Daten mit Betreuern wie Ärzten und Physiotherapeuten zu teilen. Die Therapie erhält so ein neues, positives Gesicht, und eine nahtlose Versorgung wird ermöglicht. Die Anbindung von medizinischen Geräten ist ebenfalls im Kontext des Spiels vorgesehen.

Initiiert wurde das Projekt durch die Betroffenheit meines Sohnes. Meine Familie und ich kennen die Schwierigkeit einer täglichen Therapie. Dies war letzten Endes auch der Grund für die Gründung von Birds and Trees.

Wie hoch schätzen Sie das Marktpotenzial in Ihrem Segment?

Unsere Arbeit setzt sich aus mehreren Komponenten in der Digitalisierung verschiedener Behandlungsarten zusammen und stellt in der Lebens- und Versorgungssituation von Familien mit chronisch kranken und behinderten Kindern eine hohe Komplexität dar.

Diese kann gerade bei Kindern psychische Beanspruchung nach sich ziehen, da oft die Wichtigkeit der korrekten Durchführung der Therapie nicht bewusst ist. Da das Feld der medizinischen Apps aktuell eines der dynamischsten im Bereich der Medizin ist, haben Mobile Devices Applikationen großes Potenzial, die Art zu verändern, wie etwa die Bedeutung der Therapie an den Patienten transportiert wird. In Deutschland geht man beispielsweise davon aus, dass jedes achte Kind chronisch krank ist.

Wie eng arbeiten Sie mit Medizinern und Krankenhäusern zusammen? Wird Patchie gut aufgenommen?

Die App wird unter Beteiligung der fachlichen Expertise des Mukoviszidose e.V. Bundesverband Bonn mit seinen Arbeitskreisen, dem TFQ-Beirat, Patienten, Eltern und Therapeuten entwickelt, welche mit stetiger Beratung und Feedback bezüglich der medizinischen Inhalte der Applikation zur Seite stehen. Grundlage bilden dabei die Kenntnisse der Industriepartner mit eigenen medizinischen Produkten und die wissenschaftliche Zusammenarbeit mit Ärzten und Therapeuten.

Die Ergebnisse aus der Pilot-Studie zeigen, dass Patchie Kindern eine psychologische Stütze sein kann, den Stress innerhalb der Familie verringern und Wissen über Mukoviszidose vermitteln kann. Um diese Ergebnisse, und eine mögliche Verbesserung in der Therapieadhärenz, auch auf einen längeren Zeitraum hin zu gewährleisten, müssen nun weitere Inhalte für die Patchie-App erstellt werden und in einer sechsmonatigen klinischen Studie erprobt werden. Der Studienstart ist noch für das Jahr 2018 geplant.

Patchie konzentriert sich auf Kinder, die an Mukoviszidose erkrankt sind. Sind entsprechende Applikationen auch auf andere Krankheitsbilder anwendbar bzw. ist dies geplant?

Gemeinsam mit unseren Partnern ist die Umsetzung auch für andere Krankheitsbilder geplant. Welche es sind und wann diese genau geplant sind, kann ich Ihnen leider nicht sagen. Allgemein kann man aber davon ausgehen, dass unsere Arbeit als ein modulares System in der Transition zu verstehen ist, dort auch Anwendung finden wird und wir uns in diesem Zusammenhang über neue Kontakte freuen.

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