Der Ministerrat, stets sorgsam-kritisch beäugt und nach hinreichend vielen Fehlgriffen immer als Sündenbock geeignet, hat sich auf einen Entwurf verständigt. Nun kommt es darauf an, ob er tatsächlich in Kraft tritt. Auf der einen Seite gilt es, das geistige Eigentum manch begnadeten Programmierers zu schützen. Programme zu schreiben, das wird gerne geringgeschätzt, doch mitunter sind wahre Künstler am Werk. Und letztlich kann es keinen Zweifel geben, daß es gut gemachte Software gibt, die sich in Stringenz und Virtuosität nicht hinter einer Fuge Bachs oder eines Rhythmus in ungeraden Metren von Dave Brubeck verstecken muß.

Dem steht entgegen, daß die Patentierbarkeit von Programmen ein ungeahntes Hemmnis für weitere Innovationsschritte wäre. Vom großen Bruder USA lernen, heißt Klagen zu lernen – und in Nordamerika sind hunderte Fälle um angebliche oder tatsächliche Software-Lizenzstreitigkeiten gerichtsanhängig. Eines der Probleme besteht darin, daß nicht nur der eigentliche Code patentiert werden soll, sondern die grundlegende Idee der Software.

Als erstes Beispiel für die Auseinandersetzung fällt immer das Thema Linux gegen Windows. Eine Firma mit dem schönen Namen Open Source Risk Management meint, daß Nutzer von Linux mit mehr als 250 Klagen wegen Patentverletzungen rechnen müßten, wenn Patente rechtskräftig seien. Doch praktisch in jedem Softwarefeld würden jede Menge juristischer Haupt- und Nebenkriegsschauplätze geführt – mit verheerenden Auswirkungen: Welche Firma würde noch in die Entwicklung investieren, wenn man ohnehin verklagt würde?

Gewinner weitreichender Software-Patente wären die Softwareriesen in den USA, allen voran Microsoft. Wenn wirklich die Grundidee hinter einer Software patentierbar wird, droht die Mutter aller Lizenzgebührklagen: Irgend jemand, vielleicht mit den markanten Initialen BG, wird reklamieren, die Idee mit einfachen Betriebssystemen für Stand-alone-PCs gehabt zu haben. Wer immer eine CPU anschaltet, wird dann an diesen Jemand Lizenzgebühren zu zahlen haben. Das ist besser als Geld zu drucken, weil so schnelle Druckmaschinen und so große Scheine gar nicht gibt.

Bleibt nur zu hoffen, daß der Ministerrat ein Herz für die vielen kleinen Softwarefirmen in Europa entdeckt und den Entwurf in der Schublade verschwinden läßt – andernfalls würden sehr viele Arbeitsplätze in Europa verlorengehen.

Stefan Preuß

Die GoingPublic Kolumne erscheint wöchentlich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

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