
Medizintechnik ganz vorne
Die Medizintechnik ist eine besonders forschungsintensive und innovative Branche. Im Schnitt wenden die forschenden Medizintechnikunternehmen rund 9% ihres Umsatzes für F&E auf (Quelle: BVMed-Jahresbericht 2012/2013). Die Innovationskraft der Medtech-Branche spiegelt sich unter anderem in der Patentanmeldungsaktivität wider: Seit über zehn Jahren ist die Medizintechnik Spitzenreiter bei der Zahl europäischer Patentanmeldungen. 2012 hatte sie mit 10.412 beim EPA eingereichten Patentanmeldungen (7% von insgesamt 148.494) erneut die Nase vorn. Erst danach folgten „elektrische Maschinen und Geräte, Energie“ (9.799 Anmeldungen; 6,6%) und „digitale Kommunikation“ (9.592 Anmeldungen; 6,5%) (vgl. Tab. 1).
USA und Europa dominieren – Asien weiterhin verhalten
Von den 2012 beim EPA ei
Was kann patentiert werden?
Grundsätzlich kann jede Erfindung patentiert werden, die neu, erfinderisch und gewerblich anwendbar ist. Allerdings kann – im Gegensatz zu medizinischen Instrumenten und Vorrichtungen – die Patentierung von medizinischen Verfahren problematisch sein. So sind gemäß Europäischem Patentübereinkommen, im Gegensatz etwa zu den USA, Patente für „Verfahren zur chirurgischen oder therapeutischen Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers und Diagnostizierverfahren, die am menschlichen oder tierischen Körper vorgenommen werden“, vom Patentschutz ausgenommen. Damit soll sichergestellt werden, dass die medizinische Behandlung von Mensch und Tier nicht durch patentrechtliche Einschränkungen behindert wird. Beispielsweise ist die Herstellung von Prothesen oder künstlichen Gliedern patentierbar. Dagegen wäre ein Verfahren zur Herstellung einer Endoprothese, die zwar außerhalb des Körpers angewendet wird, bei der aber für das Maßnehmen ein chirurgischer Eingriff erforderlich ist, von der Patentierbarkeit ausgeschlossen. Zu beachten ist, dass ein einziger chirurgischer oder therapeutischer Schritt das gesamte jeweilige Behandlungsverfahren chirurgisch bzw. therapeutisch und damit nicht patentierbar macht.
Diagnostizierverfahren
Unter vom Patentschutz ausgeschlossene „Diagnostizierverfahren“ fallen nur Verfahren, welche die folgenden vier Schritte beinhalten: (i) Untersuchungsphase mit der Sammlung von Daten, (ii) Vergleich dieser Daten mit den Normwerten, (iii) Feststellen einer signifikanten Abweichung, d.h. eines Symptoms, und (iv) Zuordnen der Abweichung zu einem bestimmten Krankheitsbild (Entscheidungsphase; eigentliche „Diagnose“), wobei die Schritte (1) bis (3) am menschlichen oder tierischen Körper vorgenommen werden müssen. Entsprechend sind Verfahren zur bloßen Ermittlung von Messwerten (z.B. Röntgenuntersuchungen oder Blutdruckmessungen) nicht vom Patentschutz ausgeschlossen. Dies gilt prinzipiell auch für medizinische Instrumente oder Vorrichtungen zur Verwendung in einem Diagnostizierverfahren.
Fazit
Um die Früchte der F&E-Aufwendungen zu sichern und auf dem Markt wettbewerbsfähig zu bleiben, ist ein wirksamer Patentschutz von hoher Bedeutung für die Medtech-Branche. Auch in einem schwierigen Marktumfeld, das von zunehmendem Kostendruck und immer strengeren Regulierungen im Gesundheitswesen geprägt ist, sollte der Rotstift nicht bei den Budgets für F&E und IP (Intellectual Property) angesetzt werden. Denn die Wettbewerbsfähigkeit von Medtech-Unternehmen wird in der Zukunft noch stärker als zuvor von der Leistungsfähigkeit im Innovationsprozess und der Position im Patentwettbewerb bestimmt werden. Diese tun also gut daran, ihre Patentaktivitäten kritisch zu hinterfragen und eine effektive Patentstrategie im Einklang mit der Innovations- und Unternehmensstrategie zu entwickeln.
TAB. 1: DIE ANMELDESTÄRKSTEN TECHNISCHEN GEBIETE1 (2012)2
| Rang | Technisches Gebiet | Anmeldungen | Gesamtanteil | Änderung vs. 2011 | Anmelder |
| 1 | Medizintechnik | 10.412 | 7,0% | 1,6% | 3.415 |
| 2 | Elektrische Maschinen und Geräte, Energie | 9.799 | 6,6% | 11,4% | 2.234 |
| 3 | Digitale Kommunikation | 9.592 | 6,5% | 20,4% | 806 |
| 4 | Computertechnologie | 8.288 | 5,6% | 3,3% | 1.809 |
| 5 | Transport | 6.633 | 4,7% | 7,2% | 1.629 |
| 6 | Messtechnik | 6.428 | 4,3% | 1,9% | 2.119 |
| 7 | Organische Feinchemie | 6.002 | 4,0% | -6.9% | 1.389 |
| 8 | Kraft- und Arbeits-maschinen, Turbinen | 5.668 | 3,8% | 20,0% | 1.213 |
| 9 | Arzneimittel | 5.364 | 3,6% | -0,2% | 2.219 |
| 10 | Biotechnologie | 5.309 | 3,6% | -4,3% | 1.872 |
1 Klassifiziert gemäß IPC und der vom Fraunhofer ISI für die WIPO zusammengestellten Technologie-Konkordanztabelle (www.wipo.int/ipstats/en/statistics/patents/pdf/wipo_ipc_technology.pdf)
2 Auf der Grundlage der beim EPA eingereichten europäischen Patentanmeldungen (d.h. europäische Direktanmeldungen und internationale (PCT-)Anmeldungen, die in die europäische Phase eintreten)
Quelle: Europäisches Patentamt (EPA), www.epa.org
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