Grundlage der meisten Krebsdiagnosen ist neben anderen diagnostischen Verfahren zumeist die Analyse einer aus dem Körper entnommenen Gewebeprobe. Das zur Untersuchung entnommene Gewebe muss mehrfach manuell in verschiedene Gefäße umgepackt und neu beschriftet werden. Etwaige Unregelmäßigkeiten, die bereits im Rahmen des Probeneingangs auftreten, ziehen sich oft durch den gesamten folgenden Laborprozess. Allein in Deutschland werden jährlich Hunderte von Patienten aufgrund falsch positiver/negativer Laborbefunde fehldiagnostiziert oder falsch behandelt. Von Holger Garbs

 

Aus diesem Grund hat die inveox GmbH aus Garching bei München ein Automatisierungssystem entwickelt, das mit drei – auch unabhängig voneinander nutzbaren – Komponenten einen neuen Standard in operativer Effizienz und Patientensicherheit definieren soll. Das System besteht aus einem intelligenten Probenbehälter für Gewebebiopsien, einem Automaten für den Probeneingang und einer hochsicheren Onlineplattform zur Datenübertragung zwischen behandelndem Arzt und Pathologielabor. In dem Automaten können mehrere Dutzend Probenbehälter gleichzeitig verarbeitet werden: Die Daten der Probe werden erfasst, das Formalin entfernt, das Gewebe zur Dokumentation und ergänzenden Befundung fotografiert. Die gewonnenen, potenziell diagnoserelevanten Daten (Imaging, Beschreibung, Tracking), die bis dato nicht erfasst werden konnten, werden in der IT-Datenbank gesammelt und dem Pathologen in seinem bestehenden Laborinformationssystem bereitgestellt. „Unser Ziel ist es, durch eine digitalisierte, vollautomatisierte und vernetzte Histopathologie – von der Probenannahme bis zum Objektträger – schnelle und zuverlässige Krebsdiagnosen zu ermöglichen“, erklärt Gründerin und Geschäftsführerin Maria Driesel.

Prozesse mit Optimierungspotenzial

Die Idee zur Gründung des Unternehmens ist im Grunde auf zwei Kontinenten entstanden: 2015 kam Maria Driesel in den USA zufällig in einem Café mit einem Pathologen ins Gespräch. Schnell erkannte sie anhand der Erzählungen aus dem Arbeitsalltag, dass die Prozesse immenses Optimierungspotenzial in sich bergen. Etwa zur gleichen Zeit war Dominik Sievert in München im Rahmen eines Praxisseminars der TUM bei einer Operation zugegen, bei der eine Prostatabiopsie versehentlich beinahe vertauscht worden war. Einige Zeit später, als sich beide noch nicht kannten, sprachen sie mit ihren jeweiligen Studienberatern bei Manage&More über ihre Beobachtungen und staunten nicht schlecht, als sie erstmals voneinander hörten und sich später auch persönlich kennenlernten. Gemeinsam teilten sie die Vision, ein eigenes Unternehmen zu gründen und damit einen sicheren, effizienten Probeneingang im Pathologielabor zu ermöglichen. Im Februar 2017 wurde das Unternehmen inveox gegründet.

Business Angels überzeugt

Alsbald wurden Business Angels zur Finanzierung des Unternehmens gefunden. „Im Juni 2017 haben wir unsere Seed-Investment-Runde über 1 Mio. EUR mit vier Business Angels abgeschlossen. Im Sommer 2018 erfolgte ein Wachstumsinvestment mit 5 Mio. EUR durch die gleichen Investoren“, sagt Driesel. Die Automaten aus eigener Fertigung haben die finalen Tests erfolgreich durchlaufen und werden aktuell bei den ersten Kunden implementiert. Derzeit warten ca. 50 weitere Kunden aus Deutschland, darunter mehrere Unikliniken, auf den Lieferzeitpunkt der ersten Automatisierungssysteme aus dem Hause inveox. „Mit etwa 250 weiteren, die unser Produkt hochrelevant finden, führen wir bereits interessante und konstruktive Gespräche“, so die Geschäftsführerin. Noch in diesem Jahr sollen Industrialisierung und Internationalisierung des Unternehmens weiter vorangetrieben werden. Daneben steht die Skalierung des Unternehmens im Vordergrund sowie das Wachstum der einzelnen Abteilungen. „Dabei werden wir uns gezielter mit Themen wie Operations, Kommunikation und Firmenkultur in den Teams befassen, um inveox zu einem starken, nachhaltigen Unternehmen zu machen und sich zu einem der wichtigsten Akteure auf dem Markt zu entwickeln“, schließt Gründerin Maria Driesel.

Autor/Autorin

Holger Garbs ist seit 2008 als Redakteur für die GoingPublic Media AG tätig. Er schreibt für die Plattform Life Sciences und die Unternehmeredition.