Biomanufacturing der nächsten Generation

Amgen: Innovative Technologien erhöhen Geschwindigkeit und Flexibilität, steigern Produktivität und verringern Emissionen

Bildnachweis: Amgen.

Biotechnologisch hergestellte Arzneimittel werden für die Patientenversorgung immer wichtiger: 319 Biopharmazeutika waren im vergangenen Jahr für den deutschen Markt zugelassen. Insgesamt stieg ihr Anteil am Gesamtpharmamarkt auf fast 29%.[1] Diese Zahlen des aktuellen Branchenreports der Interessengruppe Biotechnologie im Verband Forschender ­Arzneimittelhersteller (vfa) zeigen den hohen Stellenwert von Biopharmazeutika für die Gesundheitsversorgung in Deutschland auf. Von Manfred Heinzer

 

Eine wesentliche Herausforderung für die Arzneimittelhersteller ist es daher, trotz vielfacher Beeinflussungsmöglichkeiten in der biotechnologischen Herstellung eine gleichbleibende Qualität und somit eine konstante Lieferbarkeit der innovativen Arzneimittel sicherzustellen.

Öffentliche Forderung: Versorgung mit Biopharmazeutika sicherstellen

Die Sorge vor Lieferengpässen ist in der Öffentlichkeit breit vertreten – auch bereits vor der Coronapandemie. In einer Umfrage, die im Auftrag von Amgen im Dezember 2019 durchgeführt wurde, gaben 86% der Deutschen an, dass sie in Lieferengpässen eine Gefährdung der Versorgung im Krankheitsfall sehen.[2] Fast zwei Drittel der Befragten befürchteten, aufgrund der Versorgungssituation im Krankheitsfall ein weniger wirksames Präparat verschrieben zu bekommen; vier von zehn Patienten, die regelmäßig verschreibungspflichtige Medikamente einnehmen müssen, hatten bereits die Erfahrung gemacht, dass ihr Arzneimittel nicht lieferbar war.

Die Deutschen nehmen vor allem die Pharmaunternehmen in die Pflicht. Es sei deren Aufgabe und Verantwortung, den Produktionsfluss ihrer Arzneimittel sicherzustellen und für ausreichende Vorräte zu sorgen – laut mehr als neun von zehn Deutschen. Sie fordern, dass Patienten jederzeit darauf vertrauen können sollten, problemlos die von ihnen benötigten Medikamente zu bekommen (96%).

Amgen: „Every patient, every time“: kontinuierliche Lieferbarkeit

Produktionsengpässe können Einfluss auf eine optimale Versorgung von Patienten haben. Daher ist es das oberste Ziel von Amgen, jeden Patienten zu jeder Zeit versorgen zu können. Insgesamt elf Produktionsanlagen weltweit sorgen für eine kontinuierliche Lieferbarkeit der Biopharmazeutika – und zwar mit Erfolg, denn während der über 40-jährigen Geschichte musste Amgen noch nie einen Lieferengpass melden. Selbst bei der Katastrophe durch den Hurrikan „Maria“ auf Puerto Rico 2017, als auch eine Amgen-Produktionsanlage zerstört wurde, konnten andere internationale Standorte die Fertigung übernehmen.

Amgen wird meist als forschendes Biotechunternehmen wahrgenommen. Das ist aber nur die halbe Wahrheit: Biomanufacturing ist neben Forschung und Entwicklung das zweite Standbein von Amgen. Dieses Ineinandergreifen von innovativer Forschung und hochwertiger Produktion ist ein Teil unserer unternehmenseigenen DNA.

Mehr als ein Viertel der Mitarbeiter weltweit sind in der Herstellung von Biopharmazeutika beschäftigt; über 5.700 Beschäftigte arbeiten an den Produktionsstandorten über den Globus verteilt. Sie stellen eine hochwertige Produktion sowie eine verlässliche Versorgung mit Originalpräparaten und Biosimilars sicher. Zugleich ist es das Ziel von Amgen, die klassischen Biomanufacturing-Verfahren so weiterzuentwickeln, dass sie der wachsenden Bedeutung von Biopharmazeutika in der Gesundheitsversorgung gerecht werden. Wir sind überzeugt, dass wir flexiblere und nachhaltigere Prozesse benötigen, um die steigende Anzahl an Biopharmazeutika bei gleichbleibender Qualität in ausreichender Menge und mit einer höheren Effizienz zu produzieren.

Neue Technologien für eine effizientere Produktion

In den ersten Jahrzehnten der Biotechnologie war es mühsam und schwierig, eine große Anzahl von Zellen zu screenen, um die Spitzenproduzenten zu finden. Heute werden Zelllinien eingesetzt, die zuverlässig große Mengen eines Qualitätsprodukts herstellen können. Außerdem nutzt Amgen eine hoch entwickelte Zellsortiertechnologie und maßgeschneiderte Biomarker, die die Proteinbildung mit einer Geschwindigkeit von Zehntausenden von Zellen pro Sekunde messen können. So können die Wissenschaftler Hunderte von Millionen von Zellen screenen, um die Spitzenproduzenten zu identifizieren. Weitere innovative Technologien für das Zellwachstum können die Anzahl der Zellen um das Fünffache oder mehr erhöhen.[3]

Innovative Testverfahren für eine hochwertige Produktion

Die Herstellung von biotechnologischen Arzneimitteln ist komplex. Die Herausforderung bei der Produktion von Biopharmazeutika besteht darin, trotz der vielfachen Beeinflussungsmöglichkeiten jegliche Art Qualitätsschwankungen zu vermeiden. In den Biotechanlagen werden daher bei jedem Schritt des Herstellungsprozesses zahlreiche Tests durchgeführt, in der Regel in Qualitätskontrolllaboren. Oft dauert es Tage oder Wochen, bis man Ergebnisse erhält. Amgen hat dagegen Testtechnologien entwickelt, die während des Produktionsprozesses durchgeführt werden. Wissenschaftler haben schlankere Testreihen entworfen, die sich genau auf die Qualitätsmerkmale eines Arzneimittels konzentrieren. Diese Innovationen sparen Kosten und Zeit; zugleich ermöglicht eine kontinuierliche Prozessüberwachung eine schnellere Prozesskorrektur.

Biomanufacturing-Anlagen der nächsten Generation

In der Produktionsanlage in Singapur finden bereits mehrere innovative Technologien Anwendung; in Rhode Island, USA, wird derzeit eine weitere Anlage der nächsten Generation gebaut. Die neuen Technologien haben Auswirkungen auf das Werk und seine Architektur: Denn dank der ergiebigeren Zelllinien und produktiveren Zellkulturprozesse werden die großen 20.000-Liter-Bioreaktoren der konventionellen Anlagen nicht benötigt. In Singapur werden 2.000-Liter-Behälter eingesetzt, die tragbar sind und Einweg-Bioreaktorbeutel aufnehmen. Diese kleineren, modularen Bioreaktoren können so viel Protein produzieren wie die massiven Tanks.

Zugleich ermöglicht das modulare Design, die Reaktoren je nach Bedarf für die Herstellung der verschiedenen Produkte einzusetzen. Auf diese Weise entfallen kostspielige und komplexe Nachrüstungen, die bei Standardanlagen anfallen. Amgen kann dadurch flexibler auf wechselnde Anforderungen reagieren, was sich letztlich auf die Geschwindigkeit auswirkt, mit der ein Medikament für Patienten verfügbar ist – die Biomanufacturing-Innovationen erhöhen also nicht nur die Produktivität, sondern auch die Geschwindigkeit und Flexibilität in der Herstellung von Biopharmazeutika. Die Produktion in Singapur nutzt die gleichen Verfahren und die gleiche Technologie wie die klinischen Versorgungseinrichtungen von Amgen. Dies wird in Zukunft auch den Technologietransfer zwischen der Amgen-Pipeline und der kommerziellen Arzneimittelherstellung beschleunigen. Der Zeit- und Kostenaufwand für das Scale-up neuer Prozesse wird erheblich reduziert; so können Arzneimittel schneller auf den Markt gelangen.

Das im Verhältnis zu einer konventionellen Anlage kleine Werk in Singapur umfasst nur eine Grundfläche von rund 11.000 Quadratmetern. Das modulare und kompakte Design hat auch positive Auswirkungen auf die Emissionen: Im Vergleich zu einer konventionellen Anlage verbraucht es rund 70% weniger Energie sowie 45% weniger Wasser und stößt 71% weniger CO2 aus.[4]

 

ZUM AUTOR

Seit September 2020 ist Manfred Heinzer VP & General Manager der Amgen GmbH in München. Als führendes unabhängiges Biotechunternehmen ist Amgen mit mehr als 22.000 Mitarbeitern in fast 100 Ländern vertreten. Deutschland stellt dabei den größten Absatzmarkt außerhalb der USA sowie einen wesentlichen Forschungsstandort dar.

[1] Biotech-Report „Medizinische Biotechnologie in Deutschland 2020“, Boston Consulting Group, vfa bio – Verband Forschender Arzneimittelhersteller e.V.

[2] Amgen-Studie „Biosimilars und Versorgungssicherheit“, Marktforschungsinstitut Toluna, Dezember 2019.

[3] www.amgenscience.com/features/the-next-generation-of-biotech-manufacturing/

[4] www.amgen.com.sg/~/media/amgen/full/www-amgen-com/www-amgen-sg/downloads/amgen-singapore-fact-sheet.ashx

Autor/Autorin

Manfred Heinzer