Immer häufiger vernimmt man im Zusammenhang mit Life Science-Innovationen das Schlagwort von der Künstlichen Intelligenz. Was genau hat es damit auf sich? Ohne Zweifel: Künstliche Intelligenz ist ein Mega-Trend. Doch wie können die Forscher und Entwickler, Mediziner und Patienten davon profitieren?

 

Künstliche Intelligenz oder Software-Systeme, die auf Elementen der Künstlichen Intelligenz beruhen, können beispielsweise Ärzte und Mediziner bei der Erstellung aufwendiger Diagnosen unterstützen. Entsprechende Bilderkennungs-Programme können auffällige Befunde in Röntgenaufnahmen markieren. Und Gesundheits- oder Fitness-Apps können über das Nutzungsverhalten ihrer User entsprechende Empfehlungen für Essgewohnheiten oder Sporteinheiten abgeben.

Schlussendlich ist es eine Frage des Algorithmus. Künstlicher Intelligenz (KI) ist im Wesentlichen eine Automatisierung intelligenten Verhaltens. Künftig werden Maschinen so programmiert, dass sie eine dem Menschen ähnliche Intelligenz nachbilden können. Sie können eigenständig handeln, Probleme lösen und Handlungsempfehlungen für Ärzte und Patienten geben.

Kosten werden langfristig sinken

Nicht zuletzt das Gesundheitswesen kann von Künstlicher Intelligenz enorm profitieren, allein schon aus Kostengründen, einer explodierenden Weltbevölkerung oder dem wachsenden Altersdurchschnitt der Patienten. Immer weiter wandert der Fokus von der Heilung zur Prävention und Vorbeugung. „Eine treffende Vorhersage erleichtert es, Patienten von Änderungen ihres Lebensstils zu überzeugen und ihnen wirksamere Behandlungen zukommen zu lassen. Theoretisch heißt das, dass der Einsatz Künstlicher Intelligenz kurzfristig spürbar finanziell zu Buche schlägt, die Kosten sich auf längere Sicht jedoch kompensieren“, sagt Julie Pelta, Seniorberater Healthcare beim Technologieunternehmen DataArt.

Julie Pelta, DataArt: „Notwendige Kosten lassen sich langfristig kompensieren.“ Bild: DataArt

Die Idee, Computer so zu programmieren, dass sie selbständig denken können, existiert bereits seit den 1940er Jahren, als in den USA erstmals an neuronalen Netzen geforscht wurde. Doch erst in den Jahren gelang es spürbar, Computer mittels riesiger digitaler Datenmengen entsprechend zu „füttern“. Vor allem in der Medikamentenentwicklung versprechen intelligente Systeme Abhilfe, wenn riesige Rechenzentren komplizierteste Vorgänge behandeln. So können neuronale Netze nach den effektivsten Wirkstoffkombinationen suchen, während aufwendige Laborarbeit zumindest spürbar minimiert wird. Nur ausgewählte Kombinationen werden schlussendlich durchgeführt. Am Ende, so hoffen Experten, kann auf diese Weise jeder Patient schnell und zuverlässig auf sein eigenes Medikament zurückgreifen. Die Künstliche Intelligenz verspricht weiteren Aufwind für das weite Feld der Personalisierten Medizin.

Viele Indikationen möglich

Beispiel Herzerkrankungen: Diese Stellen einen großen Preistreiber in den medizinischen Budgets dar. Pro Jahr stirbt einer von vier US-Amerikanern an einer Erkrankung des Herzens. „Das London Institute of Medical Science hat ein KI-System entwickelt, das akkurater als bisher das Überleben eines Herzpatienten vorhersagen kann“, weiß Julie Pelta. „In einer Studie prognostizierten Ärzte mit einer Trefferquote von 60%, welcher Patient innerhalb des kommenden Jahres sterben würde; die künstliche Intelligenz hingegen behielt zu 80% Recht.“ Fazit: Eine auf Künstlicher Intelligenz beruhende technologische Lösung kann Ärzten helfen, zu einem wesentlich früheren Stadium ein hohes Sterberisiko zu erkennen und infolgedessen die Behandlung früher zu intensivieren.

Auch in der Alzheimer-Forschung kommt Künstliche Intelligenz zum Einsatz. So hat die McGill Universität in Kanada einen Algorithmus entwickelt, der mit einer Genauigkeit von 84% Alzheimer vorhersagt. „Dabei gelangt die Künstliche Intelligenz interessanterweise auf gleiche Weise zu ihrer Entscheidung wie der Arzt, nämlich durch eine Analyse von Gehirn-Scans. Solch hohe Erfolgsraten verstärken die Wahrscheinlichkeit, dass KI unter Zuhilfenahme von Big Data in der prädiktiven Analyse bald genauso häufig verwendet wird, wie es in der Diagnostik heute schon geschieht“, sagt DataArt-Expertin Julie Pelta.

Unternehmen engagieren sich

Nicht nur Global Player wie IBM (Zusammenarbeit mit Novartis im Bereich Brustkrebs), Apple, Google oder SAP oder Pharma-Riesen wie Roche oder Novartis setzen längst auf Künstliche Intelligenz. Kürzlich investierte das Hamburger Unternehmen Evotec rund 15 Mio. EUR in das schottische Unternehmen Exscientia. Damit hält Evotec eine Minderheitsbeteiligung und wird erster strategischer Anteilseigner bei Exscientia. Das Unternehmen ist auf Wirkstoffforschung und -design spezialisiert – unter Zuhilfenahme von Methiden der Künstlichen Intelligenz. Dabei verfügt Exscientia über eine automatisierte Design-Plattform, welche Produktivitätsgewinne und neue Ansätze zur Verbesserung der Wirkstoffwirksamkeit ermöglichen soll.

Chance für Tech-Investoren

Die Künstliche Intelligenz erhält immer mehr Einzug in Pharma, Biotech und Medizintechnik. Ob in der Wirkstoffentwicklung oder der Prävention, intelligent denkende Computersysteme können Forscher und Entwickler unterstützen und Ärzte entlasten. Kurzfristig wird die Entwicklung intelligenter Systeme einen hohen Kapitalaufwand verursachen. Dies birgt aber auch eine Chance für Tech-Investoren. Langfristig werden alle Beteiligten von der neuen Technologie profitieren – in der Gesundheit, aber auch durch niedrigere Kosten.

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