Das Unternehmen
Mit Wacker Chemie steht ein traditionsreiches deutsches Familienunternehmen der Spezialchemie unmittelbar vor seinem IPO. Der Konzern mit Hauptsitz in München unterhält weltweit 22 Produktionsstandorte, an denen über 14.000 Mitarbeiter beschäftigt sind.

Die Klassifizierung als „Chemieunternehmen“ ist etwas irreführend. Denn rund ein Drittel der Umsätze erzielt die Gesellschaft über ihre Tochter Siltronic, die im Bereich der Siliziumscheibenherstellung, der sogenannten Wafer, tätig ist. Zu den Kunden zählen die führenden Halbleiterhersteller. Siltronic sollte ursprünglich selbst im April 2004 an die Börse gebracht werden, allerdings mußte das IPO kurz vor der Erstnotiz mangels Nachfrage abgesagt werden. Der mit 39 % umsatzmäßig wichtigste Geschäftsbereich stellt die Fertigung von Silikonprodukten dar.

Der Name Wacker wurde zuletzt aber immer häufiger in einem anderen Zusammenhang genannt. Die derzeit boomende Nachfrage nach Solarzellen beschert dem Segment „Polysilicon“ eine echte Sonderkonjunktur. Polysilizium ist ein für die Solarzellenherstellung wichtiges Vorprodukt, entsprechend knapp sind die Kapazitäten. Wacker nimmt bei Polysilizium weltweit die Position zwei ein. Da aber im zurückliegenden Geschäftsjahr gerade einmal 5 % der Konzernerlöse auf dieses Segment entfielen, muß davor gewarnt werden, dessen Bedeutung zu überschätzen. Als „Solar-Aktie“ kann Wacker in keinem Fall vermarktet werden. Die beiden Sparten „Polymers“ (Umsatzanteil: 17 %) und „Fine Chemicals“ (Umsatzanteil: 4 %) komplettieren die Angebotspalette des Unternehmens.

Wacker Chemie in Zahlen

  2003 2004 2005 2006e 2007e
Umsatz (Mio.) 2.467,6 2.504,3 2.755,7 2.984,2 3.121,9
EBIT (Mio.) -58,8 99,2 260,9 337,8 399,6
Nettoerg. (Mio.) -80,5 16,1 144,2 195,9 212,7

Quelle: Dresdner Kleinwort Wasserstein

Wachstumschancen sollen jetzt genutzt werden
Mit den zufließenden Mitteln aus dem Börsengang sollen große Zukunftsinvestitionen finanziert werden. Hierzu zählen die neuen 300 mm Siliziumwafer-Fabriken, u.a. am Standort Singapur. Dort wird in einem Joint Venture mit dem Unterhaltungskonzern Samsung ein Gemeinschaftsunternehmen aufgebaut, das ab dem Jahr 2008 mit der Produktion der neuen Wafer-Generation beginnen soll. Samsung selbst dürfte einer der wichtigsten Kunden des neuen Werkes sein.

Weitere Gelder sollen in die Erweiterung der Produktionskapazitäten für Polysilizium fließen. Hierzu baut Wacker ein neues Werk am Standort Burghausen. Die Besonderheit bei diesem Vorhaben liegt darin, daß die zukünftigen Kunden aus der Solarbranche an der Finanzierung beteiligt sind. Die Silizumknappheit macht dies möglich. Auch arbeitet das Management zur Zeit intensiv am Aufbau der Silikon-Fertigung im chinesischen Zhangjiagang.

Transaktionsstruktur und Preisspanne
Wacker verbindet das IPO nicht mit einer Kapitalerhöhung. Die zu plazierenden Aktien stammen vielmehr zu 100 % aus dem Bestand der Altaktionäre. Das erklärt sich damit, daß erst im vergangenen Jahr eine Umplazierung von rund 44 % des Grundkapitals vom langjährigen Großaktionär Aventis durchgeführt wurde. Das IPO dient letztlich in erster Linie der Refinanzierung dieser Transaktion. Die von Konzernchef Peter-Alexander Wacker mehrheitlich kontrollierte Blue Elephant Holding bietet bis zu 6,9 Mio. Aktien aus ihrem Besitz zur Zeichnung an, weitere 4,6 Mio. Papiere stammen aus dem Eigenbestand der Wacker Chemie selbst und bis zu 1,5 Mio. Anteile von Morgan Stanley. Nach Ausübung der Mehrzuteilungsoption verbleibt bei Blue Elephant eine Beteiligung von 10,9 % am Grundkapital. Wacker und die Dr. Alexander Wacker Familiengesellschaft halten 4,7 % respektive 55,6 %. Der Anteil des Streubesitzes soll sich inklusive Greenshoe dann bei 28,8 % bewegen. Alle Altaktionäre haben einer Lock-up-Frist von sechs Monaten zugewilligt.

Interessierte Anleger können in der Zeit vom 31. März bis 7. April bei ihrer Bank einen Zeichnungsauftrag abgeben. Die Bookbuilding-Spanne wurde auf 70 bis 80 Euro festgesetzt. Damit würden Wacker Chemie (durch den Verkauf eigener Aktien) am oberen Ende der Preisspanne unter Berücksichtigung der Mehrzuteilungsoption knapp 400 Mio. Euro zufließen. Der endgültige Plazierungspreis wird am 8. oder 9. April festgelegt, für den 10. April ist die Erstnotiz im Amtlichen Markt (Prime Standard) der Frankfurter Börse vorgesehen. Morgan Stanley und UBS fungieren bei der Transaktion als Joint Bookrunners.

Bewertung und Fazit
Den Restrukturierungsbemühungen bei Siltronic und der ungebrochenen Nachfrage nach Polysilizium ist es zu verdanken, daß die Ertragsbasis in den vergangenen beiden Jahren deutlich verbessert werden konnte. Anleger müssen jedoch wissen, daß Wacker maßgeblich in seiner zukünftigen Ertragsentwicklung vom Zyklus der Halbleiterindustrie abhängig sein dürfte. Potentielle Rückschläge bei der Tochter Siltronic können noch nicht von den anderen Aktivitäten kompensiert werden.

Am zu erwartenden oberen Ende der Bookbuilding-Spanne weist der Konzern eine Marktkapitalisierung von knapp 3,6 Mrd. Euro aus, ein stattlicher Wert angesichts der für dieses Jahr anvisierten Umsätze von ca. 3 Mrd. Euro. Das KGV auf Basis der Gewinnschätzungen für 2007 läge bei ambitionierten 17 (Peer Group-Multiples: 14,5). Die Analysten von Dresdner Kleinwort Wasserstein sehen das ähnlich und errechnen einen fairen Marktwert von 3,8 Mrd. Euro. Viel Platz für eine positive Kursperformance wäre bei einem Emissionspreis von 80 Euro demzufolge nicht mehr gegeben.

Da die aktuellen Kurstaxen im Handel per Erscheinen eine Erstnotiz von über 90 Euro andeuten, erscheint eine Zeichnung aus opportunistischen kurzfristigen Gesichtspunkten zumindest vertretbar. Im Fall einer Zuteilung sollten mögliche Zeichnungsgewinne allerdings für einen Verkauf genutzt werden.

Marcus Wessel

Wacker Chemie AG – Emissionsparameter

WKN WCH888
Emissions-Pressekonferenz 27. März
Zeichnungsfrist 31. März bis 7. April (für Privatanleger bis 12 Uhr, für institutionelle Investoren bis 17 Uhr)
Preisspanne 70 bis 80 Euro
Notierungsaufnahme 10. April
Marktsegment Amtlicher Markt (Prime Standard)
Konsortium Morgan Stanley, UBS (Joint Bookrunners), Dresdner Kleinwort Wasserstein (Retail Coordinator), BNP Paribas, HSBC Trinkaus & Burkhardt, HVB (Co-Lead Managers)
Emissionsvolumen Bis zu 15,00 Mio. Namensaktien, davon 4,6 Mio. Aktien aus dem Eigentum der Wacker Chemie AG selbst und 8,5 Mio. Aktien aus dem Bestand von Altaktionären. Als Greenshoe sind 0,8 Mio. Aktien von Wacker Chemie und 1,2 Mio. Aktien von Blue Elephant vorgesehen.
MarketCap 3,1 bis 3,55 Mrd. Euro
Free Float 28,75 % nach Greenshoe
Internet www.wacker.com

 

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