Positionierung im mittleren Preissegment
Seit der Gründung im Jahr 1962 durch den heutigen Aufsichtsratschef und Großaktionär Uwe Schröder hat sich die Gruppe zu einem Anbieter modischer Alltagskleidung (Casual Wear) und der hierzu passenden Accessoires weiterentwickelt. Über die Marken „Tom Tailor“ und „Tom Tailor Denim“ werden jährlich bis zu zwölf Kollektionen für nahezu alle Altersklassen in die eigenen Shops und die Läden der Reseller gebracht. Das Wholesale-Segment umfasste dabei zuletzt europaweit über 200 Franchise-Geschäfte, 1.100 Shop-in-Shops und über 4.500 Multi-Label-Verkaufsstellen u.a. in großen Warenhäusern. Dem gegenüber betreibt Tom Tailor zurzeit 62 eigene Läden und 25 Outlet Stores, die meisten davon in Deutschland und Österreich. Hier liegt bislang auch der Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit. Knapp 70% der letztjährigen Umsätze entfielen auf den Heimatmarkt der Hanseaten. Das Unternehmen sieht sich selbst als Premium-Anbieter im mittleren Preissegment. Dort zählen Marken wie S.Oliver, Benetton, Gerry Weber und Esprit zu den wesentlichen Wettbewerbern.

Schnelle Reaktionszeiten
Stolz weist das Unternehmen auf seine schlanke Organisationsstruktur hin. Tatsächlich wurde die Beschaffung und Fertigung komplett ausgelagert. Tom Tailor lässt wie die Konkurrenz vorwiegend in Asien produzieren. Trotz der weiten Transportwege ist das Unternehmen dabei in der Lage, eine neue Kollektion innerhalb eines halben Jahres zu entwerfen, zu fertigen und in die Läden zu bringen. Geringere Stückzahlen seien sogar innerhalb von nur vier bis sechs Wochen realisierbar. Grundsätzlich verfolgt Tom Tailor die Strategie eines „Fashion Followers“. Statt selbst neue Trends zu setzen, was mit einem doch erheblichen Absatzrisiko verbunden wäre, greift man neue, Erfolg versprechende Entwicklungen und Trends lieber zeitnah auf.

Börsengang dient Schuldenabbau und Filialexpansion
Die im Jahr 2005 vollzogene Übernahme durch die Private-Equity-Gesellschaft Alpha hinterlässt bis heute Spuren in der Bilanz. Auf annähernd 200 Mio. EUR beliefen sich per Ende Dezember die Finanzverbindlichkeiten der Gruppe. Wie Finanzvorstand Dr. Axel Rebien im Hintergrundgespräch erläutert, ist der Schuldenabbau dann auch eines der wichtigsten Ziele, die mit dem Börsengang erreicht werden sollen. „Wir wollen durch den Abbau von Fremdverbindlichkeiten unsere Kapitalstruktur stärken.“ Um bis zu 110 Mio. EUR soll die Verschuldung dank der IPO-Einnahmen zurückgeführt werden. Für das nächste Geschäftsjahr kann sich Rebien erstmals die Zahlung einer Dividende vorstellen. Zwischen 30 und 40% Ausschüttungsquote vom Nettogewinn seien realistisch. Darüber hinaus soll mit dem Geld aus dem Börsengang die Expansion der Gruppe vorangetrieben werden. Konkret wollen Rebien und seine Kollegen mindestens 20 Mio. EUR für die Eröffnung eigener Läden und weiterer Shop-in-Shops bereit halten. „Wir trauen uns in den kommenden Jahren durchschnittlich rund 60 Neueröffnungen zu“, so der CFO.

Wachstumsstory soll Investoren anlocken
„Tom Tailor ist ganz klar eine nachhaltige und profitable Wachstumsstory.“ Diesen Satz dürfte Rebien in den letzten Tagen mehr als einmal aufgesagt haben. Die Zahlen scheinen diese Selbsteinschätzung indes nicht ganz zu bestätigen. Zwar wuchs der Umsatz in den letzten drei Jahren von 261 auf 300 Mio. EUR an, das Ergebnis – gemessen an der Kennzahl EBITDA – zeigte sich in Folge der im Verlauf des Jahres 2008 einsetzenden Wirtschaftskrise allerdings recht volatil. Nach einem Rückgang von 35 auf 22 Mio. EUR im vorletzten Geschäftsjahr kam es 2009 erneut zu einem kräftigen Anstieg auf knapp 38 Mio. EUR. Für die Zukunft ist ausgehend von einem deutlich verbesserten Finanzergebnis infolge der Verbindlichkeitsrückführungen und der stärkeren Konzentration auf das eigene Filialnetz auch auf Konzernebene ein Überschuss zu erwarten.

Tom Tailor – Geschäfts- und Kennzahlen

2009

2010e

2011e

Umsatz*

300,2

326,0

372,0

Nettoergebnis*

-5,6

15,0

18,5

EpS

-0,34

0,91

1,12

KGV min.

12,1

9,8

KGV max.

16,5

13,4

*) in Mio., sämtliche Angaben in EUR; Quelle: eigene Schätzungen GoingPublic Research


Eckdaten des öffentlichen Angebots
Die veröffentlichte Preisspanne wurde recht weit gehalten und beläuft sich auf 11 bis 15 EUR. Angeboten werden bis zu 11 Mio. Aktien aus einer Kapitalerhöhung, die Mehrzuteilungsoption von bis zu 1,65 Mio. Stücken stammt aus dem Besitz der Altaktionäre. Deren Anteil wird bei vollständiger Ausübung des Greenshoe auf unter 25% sinken. Vor dem Börsengang zählten das Private-Equity-Haus Alpha (mit 57%) und der Finanzinvestor Morgan (mit 38%) zu den größten Anteilseignern, wobei drei Viertel der Morgan-Anteile wiederum bei Firmengründer Uwe Schröder liegen. Zieht man die Mitte der Preisspanne heran, so ergibt sich ein Börsenwert von ca. 215 Mio. EUR, und das bei einem erwarteten Umsatz von 326 Mio. EUR. Der Abschlag zu einem an der Börse etablierten Unternehmen wie Gerry Weber – hier liegt das Verhältnis von Umsatz und Börsenwert nahe eins – erscheint in Ordnung und berücksichtigt den Schulden-Malus der Hanseaten. Eine reine KGV-Betrachtung auf Basis der Schätzungen für das Jahr 2011 lässt hingegen zumindest am oberen Ende der Preisspanne keinen Bewertungsabschlag zu Peer-Group-Unternehmen erkennen (Tom Tailor KGV 10 bis 13; Gerry Weber 11).

Fazit
Tom Tailor setzt auf seine Lifestyle-Qualitäten als eine beim Verbraucher weit bekannte Marke. Die Konzentration auf das mittlere Preissegment, die Eröffnung neuer eigener Läden sowie die schlanke Organisationsstruktur mit outgesourcter Beschaffung und Fertigung sollten dem Unternehmen auch in Zukunft solide Zuwächse bei Umsatz und Gewinn bescheren – dann hoffentlich auch nach Zinsen. Dass der Großteil des Emissionserlöses in den Schuldenabbau fließt, ist zwar nicht wirklich „sexy“, aber das Gebot der Stunde, wenn das Unternehmen endlich auch auf Nettoebene positiv werden möchte. Wenngleich keine Eile geboten sein dürfte, erscheint eine Zeichnung zumindest am unteren Ende der Preisspanne vertretbar.

Marcus Wessel

Tom Tailor – Emissionsparameter
WKN

A0S TST

Erstnotiz

26. März

Zeichnungsfrist

19. bis 24. März

Preis

11 bis 15 EUR

MarketCap

182 bis 248 Mio. EUR

Marktsegment

Prime Standard

Emissionsprospekt

ja

Emissionsvolumen

11 Mio. Aktien aus Kapitalerhöhung,

weitere 1,65 Mio. als Greenshoe von Altaktionären;

Emissionsvolumen 121 bis 190 Mio. EUR

Konsortium

Commerzbank, J.P. Morgan (Joint Bookrunners)

Free Float

max. 76,5%

Internet

www.tom-tailor.de

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