Nicht nur Autofahrer klagen über die derzeit hohen Spritpreise. Auch in der Luftfahrt verteuern die kräftig gekletterten Kerosinpreise den Flugverkehr. Das betrifft die Fluggäste der großen Airlines ebenso wie die Geschäftsreisenden in den Kleinflugzeugen. Zumindest für letztere hat die Thielert AG als Hersteller von Dieselkolbenflugmotoren eine interessante Lösung parat. Nach Aussagen der Gesellschaft lassen sich die operativen Flugkosten mit den innovativen CENTURION-Motoren um bis zu 60 % reduzieren, die Reichweite erhöht sich dagegen um 30 bis 40 %.

Emissionsparameter
Zeichnungsfrist:  7. bis 16. November
Bookbuilding-Spanne:  12 bis 14 Euro
Erstnotiz:  17. November
MarketCap:  239 bis 278 Mio. Euro
Marktsegment:  Amtlicher Markt (Prime Standard)
Volumen:  bis zu 10,5 Mio. Aktien, davon 4,6 Mio. aus einer Kapitalerhöhung, 5,0 Mio. von Altaktionären und 0,96 Mio. als Greenshoe, ebenfalls von Altaktionären
Konsortium:  DrKW, Cazenove (Joint Lead), LBBW
Free Float: ca. 53 % (nach Greenshoe)
Internet: www.thielert.com

Historie und Geschäftsfelder der Thielert AG
Das Unternehmen wurde 1989 von Frank Thielert gegründet und hatte zunächst den Focus auf der Restauration italienischer Oldtimer und dem Motorsport. In den Gründungsjahren betreute Thielert private Rennteams und etablierte sich als Motorenspezialist. Das Geschäftsfeld „Aviation“ (Luftfahrt), das im Rahmen des bevorstehenden Börsengangs nun immer mehr in den Mittelpunkt gerückt ist und die eigentliche Wachstumsstory darstellt, wurde erst Ende der 90er Jahre gegründet.

Hauptaktivität der Hamburger ist die Entwicklung und Herstellung der „CENTURION“-Motoren, die in der zivilen Luftfahrt und in der Wehrtechnik zum Einsatz kommen. Die Besonderheit dieser Motoren ist, daß sie sowohl mit Jet Fuel (Kerosin) als auch mit Dieselkraftstoff betrieben werden können. Die konventionellen Flugzeugmotoren, die u.a. von Continental und Lycoming hergestellt werden, verbrauchen dagegen verbleiten Superkraftstoff (AvGas). Daneben produziert das Unternehmen komplexe Prototypenbauteile für die Automobilindustrie und digitale Motorensteuerungen.

Markt und Wettbewerber
Vorstand Frank Thielert beziffert den für ihn relevanten Markt insgesamt auf ein Volumen von 1 Mrd. Euro. In der zivilen Luftfahrt sieht er sich bei den mit Diesel und Kerosin betriebenen Motoren als klarer Marktführer. Hier habe das Unternehmen in den vergangenen zweieinhalb Jahren über 1.000 Motoren ausgeliefert – so viel wie kein anderes Unternehmen. Abnehmer sind Flugzeugbauer und Flugschulen. In der Wehrtechnik beliefert Thielert u.a. das US-Unternehmen General Atomics, das mit den CENTURION-Motoren ihre unbemannten Flugzeuge, die UAVs (Unmanned Aerial Vehicles), bestückt. Insgesamt gibt es in dieser Sparte vier große Hersteller, die rund 80 % des Marktes unter sich aufteilen. Thielert ist mit allen im Gespräch.

Konkurrenz von Automobil(motoren)herstellern fürchtet Thielert nicht, wie er während der Emissions-Pressekonferenz betonte. Denn für diese sei der Markt deutlich zu klein. Zwar gab es Kooperationen zwischen Toyota und Lycoming sowie zwischen Honda und Continental. Doch diese sind inzwischen gescheitert. So sei für Toyota der Markt bei einem Jahresabsatz von weniger als 40.000 Motoren uninteressant, gemäß Thielert. Aktuell hat der OEM-Markt ein Volumen von 2.000 Motoren p.a.

Geschäftsentwicklung
Das Unternehmen ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewachsen. Nach IFRS gelang im vergangenen Jahr eine Umsatzsteigerung um gut 60 % auf 24,2 (Vorjahr: 15,0) Mio. Euro. Das EBITDA kletterte aber, bedingt durch hohe Investitionen, nur unterproportional auf 11,3 (10,0) Mio. Euro. Nach Steuern konnten die Hamburger inklusive diverser Sonderfaktoren 5,4 Mio. Euro erwirtschaften. Auch 2005 hält das Wachstum an. In den ersten 9 Monaten kamen die Erlöse um 55 % auf 23,9 Mio. Euro voran, das EBITDA stieg auf 10,0 (8,9) Mio. Euro. Das vierte Quartal ist dabei stets das jahreszeitlich stärkste.

Geschäftsentwicklung
(Zahlenreihen in Mio. Euro: Umsatz / EBIT / Nettogewinn)

2002:   11,4 / 4,7 / 3,0
2003:   15,0 / 7,9 / 5,8
2004:   24,2 / 8,7 / 3,7
2005e: 37,7 / 12,4 / 4,9
2006e: 59,7 / 18,0 / 13,8
2007e: 89,7 / 27,8 / 17,8
Quelle: Dresdner Kleinwort Wasserstein

Bewertung
Auf Basis der Preisspanne von 12 bis 14 Euro ist das Unternehmen zur Emission mit 239 bis 278 Mio. Euro bewertet – dies bei einem 2004er Umsatz von gerade einmal 24,2 Mio. Euro. Für 2006 ergibt sich auf Basis der Prognosen von DrKW ein KUV von rund 4 sowie ein KGV von 17 bis 20.

Fazit:
Die Börsenstory erscheint plausibel und nachvollziehbar. Das Geschäftsmodell paßt in die aktuelle, von hohen Rohölpreisen geprägte Landschaft. Energiesparende Motoren dürften sich aber nicht nur in solchen Phasen gut verkaufen lassen, denn Kosteneinsparungen sind letztlich immer ein Thema. Ein Wermutstropfen hingegen ist die hohe Umplazierung der Altaktionäre, wenngleich der Großteil der Papiere hier von den einstigen Finanzinvestoren stammen soll. Das Geschäftsmodell des Börsenaspiranten erscheint zwar äußerst interessant und Qualität hatte an der Börse auch schon immer ihren Preis, vielleicht ist dieser bei Thielert aber etwas zu hoch. Obwohl das Unternehmen operativ absolut überzeugt, drängt sich eine Zeichnung bei dieser Bewertung daher nicht auf.

Christian Schiffmacher

Autor/Autorin