Handel mit Medien- und Filmlizenzen
Die Advanced Medien AG ist eine Holding, die vier verschiedene Tochtergesellschaften unter ihrem Dach vereint. Das älteste Unternehmen der Holding ist die Advanced Licencing GmbH, die 1980 als TSC Technische Systeme Consult GmbH & Co. Communication International KG gegründet wurde. Das Kerngeschäft dieser Tochtergesellschaft ist der Handel mit Medien- und Filmlizenzen. Zwischen 1980 und 1984 gelang es TSC, von der Lira und Sorali Filmproduktion aus Frankreich, die deutschen Videorechte für 70 Filme zu erwerben. Zu diesem Filmpaket gehören unter anderem "Eiskalt wie das Schweigen" mit Alain Delon, "Die Dinge des Lebens" mit Romy Schneider und Michel Piccoli sowie "Der Mann aus Marseille" mit Jean-Paul Belmondo und Claudia Cardinale. Außerdem konnte ein Paket mit 450 amerikanischen Titeln von der Produktionsfirma Goldkey Four Star für sieben europäische Länder erworben werden. Heute umfaßt die Filmlibrary der Advanced Licencing GmbH rund 1000 Filme, die erst kürzlich um ein Filmpaket von der französischen Mediengruppe Canal+ erweitert wurde .

Oscarpreisträgerin verspricht Erfolg
Nachdem das Kino Ende der 80er Jahre aus der Mode gekommen war, erleben wir heute einen regelrechten Kinoboom. Alleine 1998 besuchten 140 Mio. Zuschauer die deutschen Filmtheater. Dies entspricht einer Steigerung um 6 % gegenüber dem Vorjahr. Zeitgleich konnte der Verleihumsatz um 12 % auf 1,57 Mrd. DM gesteigert werden. In jeder größeren Stadt entstehen Multiplexe oder Megaplexe, die zu regelrechten Erlebniszentren ausgebaut werden. Neben mehreren Filmsälen mit Riesenleinwänden finden die Zuschauer dort auch Restaurants, die amerikanisches Flair verbreiten. Dieser Trend kommt der 1998 gegründeten Advanced Kinoverleih GmbH zugute. Das Unternehmen konnte schon in seinem ersten Geschäftsjahr acht Filme in die deutschen Kinos bringen. Durch bereits erfolgreich getätigte Einkäufe sollen in Zukunft zwischen 15 und 20 Advanced-Filme pro Jahr in den deutschen Filmtheatern gezeigt werden. Sehr hoffnungsvoll sieht Veronika Morawetz, Vorstandsmitglied der Advanced Medien AG, dem Kinostart der US-Produktion "Bless The Child" entgegen: " Dieser Science-Fiction-Thriller entstand unter der Regie von Chuck Russell, der bereits mit Filmen wie ‚Die Maske“ oder ‚Eraser“ sehr erfolgreich war. Die Hauptrolle spielt Oscarpreisträgerin Kim Basinger. Wir erwarten, daß dieser Film mindestens 2 Mio. Zuschauer in die Kinos locken wird." Auch der neue Film "Place Vendome" mit dem französischen Superstar Catherine Deneuve dürfte zu einem regelrechten Blockbuster werden.

Reichhaltiges Angebot sichert Einkünfte
Auch der TV-Markt entwickelte sich in der jüngsten Vergangenheit positiv. 1990 waren lediglich 7.161 Kinofilme im deutschen Fernsehen zu sehen. Bis heute hat sich die Zahl annähernd verdreifacht, da sowohl öffentlich-rechtliche als auch private Fernsehsender auf die Ausstrahlung von Film-Highlights angewiesen sind, um die angestrebten Einschaltquoten zu erreichen. Mit dem reichhaltigen Angebot an herausragenden Produktionen wie "Accatone – Wer nie sein Brot mit Tränen aß" von dem italienischen Erfolgsregisseur Pasolini oder dem Psycho-Thriller "Die Nacht der tausend Augen" mit Elizabeth Taylor ist Advanced ein gefragter Vertragspartner für alle Fernsehsender. Vorteilhaft ist, daß der Oberhachinger Filmverleih bei ungefähr 73 % der Titel über die unbefristeten Verwertungsrechte inklusive Urhebervergütungsansprüche verfügt und damit jährliche Einkünfte von ca. 1 Mio. DM generiert. Auch die Strategie, möglichst komplette Filmreihen zu erwerben, die sich als "Pakete" an die Sender verleihen lassen, hat sich als richtig erwiesen. Das ZDF sendete beispielsweise drei Immenhof-Filme an aufeinanderfolgenden Sonntagen, die alle aus der Advanced-Library stammten.   

DVD beflügelt Phantasie
Das neue Medium DVD (Digital Versatile Disc) wird vielleicht schon in den nächsten Jahren die Videokassette komplett ersetzen. Die Möglichkeit, Bild und Ton digital zu speichern verbessert die Qualität enorm. Außerdem können auf einer DVD viele Hintergrundinformationen zum Film und bis zu sechs verschiedene Sprachsynchronfassungen gespeichert werden. "Vor zwei Jahren kostete ein DVD-Gerät noch rund 2.500 DM. Inzwischen ist es bereits für 666 DM inklusive 10 DVDs erhältlich," erläutert der Vorstandsvorsitzende Christophe J. Montague. "In Amerika wird es dieses Jahr zu Weihnachten einen DVD-Player für 250 US-$ geben, mit dem man sogar aufzeichnen kann. Damit werden diese Geräte den Videorecordern wohl endgültig den Rang ablaufen"; prognostiziert Hanns-Arndt Jovy, ebenfalls Vorstandsmitglied von Advanced Medien. Dieses neue Medium bietet natürlich auch für die Advanced-Filmlibrary ein großes Potential. Alle vorhandenen Titel können damit theoretisch nochmals verwertet werden. Für den Vertrieb der DVDs hat die Advanced Home Entertainment GmbH bereits eine strategische Allianz mit der Bertelsmanntochter BMG Video/Universum Film abgeschlossen.

Co-Finanzierung sichert Rechte
Um sich die hart umkämpften Lizenzrechte an großen Filmen rechtzeitig sichern zu können, hat Advanced folgende Strategie entwickelt: Die 1998 gegründete Tochtergesellschaft Advanced Produktions GmbH beteiligt sich als Co-Finanzierer an den Produktionskosten von Spielfilmen. Im Gegenzug erhält Advanced nach Beendigung der Produktion Lizenzrechte ohne Abrechnungsverpflichtung, d.h. für die Verwertung der Rechte fallen dem Unternehmen keine weiteren Kosten an. Außerdem erhält Advanced eine prozentuale Beteiligung an den internationalen Einspielergebnissen. So konnte mit dem amerikanischen Erfolgsproduzenten Chuck Gordon ein Co-Finanzierungsvertrag über fünf Jahre abgeschlossenen werden, der ein Beteiligungsvolumen von insgesamt 277 Mio. DM vorsieht. Im Gegenzug erhält Advanced die Lizenzrechte an drei Filmen pro Jahr. Um auch in Zukunft das Wachstum des Unternehmens sichern zu können, wird der Filmbestand stetig weiter ausgebaut. Ziel ist es, die komplette Wertschöpfungskette von der Kino-Premiere über die Video-/bzw. DVD-Verwertung bis hin zur Fernsehausstrahlung zu nutzen.

Fazit:
Durch strategische Allianzen und Verträge mit internationalen Filmproduzenten sollen auch künftig First Look Deals und Output Deals abgeschlossen werden. Dies sichert zwar den Zugriff auf die begehrten neuen Produktionen, stellt jedoch insofern ein Risiko dar, als Advanced Medien dadurch keinen direkten Einfluß auf die Qualität der Filme hat. Unter Output Deals versteht man nämlich eine spezielle Vermarktungsstrategie der Produzenten, die Filme der Kategorien A,B und C nur als komplettes Paket verkaufen. Durch die klare Focussierung auf alle Verwertungsmöglichkeiten von Spielfilmlizenzen, ist das Unternehmen ein interessanter Partner für Produzenten, die sich von Majors unabhängig machen wollen. Obwohl Advanced 1998 einen Umsatz von 15,8 Mio. DM erwirtschaftete, mußte wegen der regen Gründungs- und Investitionstätigkeit ein Verlust von 860.000 DM verbucht werden. Bereits 1999 soll der Umsatz explosionsartig auf 58 Mio. DM steigen. Die Aktien, die im Rahmen des Börsenganges am Neuen Markt plaziert werden, stammen aus einer Kapitalerhöhung, die vor dem IPO durchgeführt wird. Die Baader Wertpapierhandelsbank, die zu 45 % an Advanced beteiligt ist, wird außerdem die Hälfte ihrer Anteile verkaufen. Die gute Positionierung und die hochwertige Filmlibrary lassen eine weitere Kursrakete am Medienhimmel des Neuen Marktes aufleuchten.

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