Fast die Hälfte aller Erblindungen gehen auf das Konto des Grauen Stars (Katarakt).  Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) spricht mittlerweile von weltweit 18 Mio. Menschen, die von dieser altersbedingten Augenkrankheit betroffen sind. Etwa 15 % der Personengruppe über 40 Jahre soll an Grauem Star oder einer Vorstufe davon erkrankt sein. In Deutschland wurden hier im vergangenen Jahr – inklusive der Behebung sonstiger Sehfehler – ca. 800.000 Operationen durchgeführt. Die Augenchirurgie verwendet dabei Intraokularlinsen (IOL), um Patienten zu heilen.

Geschäftsmodell
Die Crew um CEO und Unternehmensgründer Karl Klamann entwickelt, produziert und vertreibt Intraokularlinsen für chirurgische Eingriffe am Auge. Topprodukt ist derzeit die Linse „1CU“. Neben der operativen Behandlung des Grauen Stars kann die Acryl-Linse auch andere bestehende Sehfehler, wie etwa Kurzsichtigkeit, beheben. Wenngleich HumanOptics die gesamte Produktpalette im Bereich der Intraokularlinsen abdeckt, so liegt das Hauptaugenmerk doch klar auf dem High End-Markt. Denn hier werden Preise von bis zu 2.500 Euro je Linse aufgerufen. Im Standard-Segment sind es dagegen nur 60 bis 200 Euro. Zukünftiger Hoffnungsträger soll die akkommodative Intraokularlinse der 2. Generation „Fakos Technitos“ werden. Allerdings steckt dieses Produkt noch in den Kinderschuhen.

Markt und Wettbewerb
Laut Branchenexperten soll das Marktvolumen 2004 bei rund 1,8 Mrd. Euro gelegen haben. Das jährliche Wachstum wird mit 5 bis 7 % angesetzt. Demnach dürften 2005 etwa 8,7 Mio. Linsen verkauft worden sein. Der überwiegende Teil davon ist auf die Behandlung des Grauen Stars entfallen. Weltweiter Marktführer ist Alcon aus den USA. Rund 40 % der weltweit verkauften Linsen stammen aus Fort Worth, gefolgt von Advanced Medical Optics (AMO) mit 20 % Marktanteil und Bausch & Lomb mit ca. 10 %. Aus diesen Größenverhältnissen heraus erklärt sich auch die angepeilte Nischenstrategie von HumanOptics. Bei Standard-Intraokularlinsen, die derzeit 80 % des Gesamtvolumens ausmachen, wird es schwer für die Erlanger. Bekanntester Wettbewerber in Deutschland ist Carl Zeiss Meditec.

Bilanzbereinigung
In den vergangenen Jahren sah die Bilanz von HumanOptics nicht gut aus – das Eigenkapital war negativ. Vom Geschäftsjahr 2002/03 (30.6.) bis zum 30.6.2005 erhöhte sich der Posten „Nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag“ von 2,3 Mio. auf 4,3 Mio. Euro. Zur Rettung des wurde schließlich der Börsengang anvisiert. Um mit einigermaßen vertretbaren Bilanzrelationen aufzuwarten, tauschten die Altaktionäre alle Darlehensforderungen in Eigenkapital. Per 31.3.2006 konnte so wieder ein positives Eigenkapital von 0,5 Mio. Euro ausgewiesen werden. Die noch immer hohen Verbindlichkeiten ließen zumindest eine Eigenkapitalquote von 6,5 % zu.

 

2004/05

2005/06e

2006/07e

2007/08e

Umsatz*

7,24

6,2

10,0

14,26

EBIT*

0,22

-1,18

0,50

1,26

JÜ*

-0,82

-2,63

0,11

0,94

EpS

-0,18

-0,58

0,02

0,21

KGV

neg.

neg.

33,3

Quelle: Independent Research; *) Mio. Euro;
Angaben auf Basis von 4,5 Mio. Aktien (nach Börsengang) und einem geschätzten Kurs von 7 Euro

Aktionärsstruktur und Bewertung
Im Mai 2006 hat Sal. Oppenheim nochmals rund 256.000 Aktien aus einer Kapitalerhöhung übernommen und dafür nach Schätzungen des GoingPublic Magazins ca. 1,5 Mio. Euro bezahlt. Das entspricht knapp 6 Euro je Aktie. Zu beachten ist bei der Aktionärsstruktur, dass es sich bei den Großaktionären fast durchgängig um „Special Situations-Investoren“ handelt, die teilweise auch rasch Gewinne realisieren (möchten).

 

Aktionäre Anteil pre-IPO
Mountain Partners

35,74 %

Sal. Oppenheim

13,98 %

Fam. Klamann

13,61%

ORC

4,98 %

Heliad Equity

4,65 %

Impera

4,65 %

KST Bet.

4,65 %

Silver Traders

4,59 %

VEM

2,70 %

sonstige

10,45 %

Quelle: Unternehmensangaben

 

In einer Studie von Independent Research wird HumanOptics bei Platzierung aller angebotenen Papiere mit gut 40 Mio. Euro bzw. 9,15 Euro je Aktie bewertet. In Ermangelung vergleichbarer börsennotierter Unternehmen verzichtet das Research-Haus auf eine Peer Group-Analyse. Erwartet wird ein erster Kurs um 7 Euro.

Ausblick
Ungeachtet des erwarteten Umsatzrückgangs von 2004/05 auf 2005/06 (per 30.6.) von knapp 15 % soll es im aktuellen Geschäftsjahr einen Erlössprung von über 60 % auf fast 10 Mio. Euro geben. Hintergrund ist eine speziell für einen Kooperationspartner entwickelte IOL, die im Erfolgsfall mit entsprechenden Meilensteinzahlungen verbunden ist. Der Name des Partners – ein weltweit agierendes Medizintechnikunternehmen – darf jedoch noch nicht genannt werden. Zudem könnte der Kontrakt vom Vertragspartner noch gekündigt werden, da sich das entsprechende Produkt in der klinischen Evaluierung befindet. Gelingt der Deal, so wird für das Geschäftsjahr 2006/07 mit einer Schwarzen Null kalkuliert.

Die Transaktionsstruktur
Bedingt durch das gegenwärtig äußerst schwierige Marktumfeld wurde ein Xetra-Listing dem klassischen IPO vorgezogen. Der erste Kurs und damit der Emissionspreis wird mittels Xetra-IPO vor Handelsbeginn in einer Auktion festgestellt. Kaufaufträge können ab 7.30 Uhr in der Pre-Tradingphase eingestellt werden. Darüber hinaus jedoch sind ab dem 1. Handelstag jederzeit Käufe möglich. Die VEM Aktienbank plant die Platzierung von 800.000 Aktien. Gelingt die Platzierung nicht in vollem Umfang, so kann VEM die Stücke „einer bestmöglichen Verwertung zuführen“.

Fazit:
Die Technologie und die Produkte von HumanOptics überzeugen. Das Unternehmen hat jedoch noch mit Altlasten zu kämpfen. Die Mittel aus dem Börsengang fließen somit nur teilweise in das angestrebte Wachstum und die Entwicklung neuer Produkte. Das Xetra-IPO garantiert zwar den Altaktionären eine handelbare Aktie, der Emissionserlös lässt sich zunächst aber nicht konkret bestimmen und fließt möglicherweise nur sukzessive an das Unternehmen. Selbst bei voller Platzierung und einem geschätzten Kurs von 7 Euro je Aktie landen nur rund 5,5 Mio. Euro bei HumanOptics. Ein Großteil der Bewertung basiert auf einer positiven Zusammenarbeit mit dem namentlich noch nicht genannten Global Player. Sollte hier ein Name wie etwa Johnson & Johnson oder MedTronic fallen, wäre das für HumanOptics eine Art Ritterschlag. Da es so weit jedoch noch nicht ist, sollte nach Ansicht von GoingPublic zunächst die weitere Entwicklung abgewartet werden.

Gerd Rückel

 

HumanOptics AG – Emissionsparameter
WKN 534 670
Zeichnungsfrist beginnt mit dem 1. Handelstag
Bookbuilding-Spanne keine, Xetra-Listing
Erstnotiz voraussichtlich 11.7.
MarketCap 31,5 Mio. Euro (bei 7 Euro je Aktie)
Marktsegment Open Market (Entry Standard)
Volumen bis zu 800.000 Aktien
Konsortium VEM Aktienbank
Free-Float bei kompletter Platzierung 17,8 %
Internet www.humanoptics.de

 

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