Im Vorfeld scheinen Medienvertreter, aber wohl auch potenzielle Investoren über diese vergleichsweise neue, aber allemal alternative Form eines Börsengangs aufgeklärt werden zu müssen. Gut zu erkennen daran, dass Konsortialführer Deutsche Bank eigens für diese Transaktion vorsichtshalber einen achtseitigen Quick Guide herstellte und auf der IPO-Pressekonferenz auslegte. Die Kurzform: SPACs sind börsennotierte Gesellschaften, die zum IPO-Zeitpunkt noch kein operatives Geschäft besitzen und mit Hilfe der eingenommenen Mittel innerhalb einer bestimmten Frist – meist zwischen 12 und 24 Monaten – ein Unternehmen erwerben und deren operatives Geschäft in den Börsenmantel integrieren wollen. Auf diese Weise füllt sich der SPAC mit Leben, und die übernommene Gesellschaft kommt auf Umwegen zu einer Börsennotiz. Derlei „Blanko-Scheck-Unternehmen“ sind in den USA bereits gang und gäbe, innerhalb Europas gibt es jedoch erst eine Handvoll.

Option auf mehr
Eine Besonderheit besteht darin, dass SPAC-Investoren in der Regel sogenannte Units erwerben, die aus einer Aktie und einem Optionsschein, der zum Erwerb einer Aktie berechtigt, bestehen. So auch bei Helikos: Für den aufgerufenen Festpreis von 10 EUR für eine Helikos-Publikumsaktie erwirbt man auch einen Optionsschein mit Basis 9 EUR. Ausgeübt werden kann dieser jedoch erst nach frühestens einem Jahr, nach einem Unternehmenszusammenschluss und spätestens bis zum fünften Jahr ab IPO. Der Cashpool wiederum, der auf einem Treuhandkonto zwischengelagert wird, muss im Falle von Helikos binnen zwei Jahren verwendet werden, andernfalls wird der SPAC rückabgewickelt. Findige Banker haben hierfür schon den Begriff „de-SPACed“ etabliert. Wie auch immer: Über die Akquise des avisierten Zielunternehmens muss eine Aktionärsversammlung noch entscheiden.

Investieren in Köpfe, nicht in Zahlen
Die Aufgabe des SPAC-Managements liegt darin, vor Ablauf der Frist der Hauptversammlung ein geeignetes Akquisitionsobjekt zu präsentieren. Und dieses Management hat – ähnlich wie die erwähnte Germany1 mit Roland Berger, Thomas Middelhoff und Florian Lahnstein – erlesene Namen zu bieten, ist doch das Management so ziemlich das Einzige, was Investoren zum Zeitpunkt ihres Engagements schon wissen. Genau genommen investieren sie ausschließlich in dieses Management. Als da wären: Roland Lienau, Managing Director der französischen Private-Equity-Gesellschaft Wendel und mit über 20 Jahren Erfahrung bei Börsengängen und Sekundärmarkttransaktionen im Gepäck, sowie Prof. Dr. Dr. Hermann Simon, Gründer der Strategieberatung Simon Kucher & Partners und Vordenker des „Hidden Champion“-Konzepts. Andere Mitglieder des Verwaltungsrats – Helikos ist eine in Luxemburg notierte SE – sind ebenfalls keine Unbekannten, so z.B. Dr. Jürgen Heraeus, Dr. Christoph Kirsch (ehemals Südzucker), Alain Georges (ehemals Banque du Luxembourg) und Dirk-Jan van Ommeren (CEO der Oranje-Nassau Groep).

High Net Worth
Kommt keine Übernahme zustande, erhält das Helikos-Management keine Vergütung; erfolgt der Kauf eines in langer Due-Diligence-Prüfungen ausgesiebten Zielunternehmens, lohnt sich die Sache für die Gründer überproportional. Helikos strebt einen Kauf mit einem Transaktionswert von 0,3 bis 1,0 Mrd. EUR an, natürlich eines dieser deutschen Hidden Champions, von denen es derzeit rund 1.200 geben soll. Germany1 wurde nach rund einem Jahr fündig und übernahm AEG Power Solutions. Seither hat sich der Kurs jedoch nachteilig entwickelt und liegt aktuell etwas unter dem seinerzeitigen Ausgabepreis. Bis zur Verkündung eines Übernahmeziels ist es normal, dass sich beim Kurs nichts tut, da sich auch beim SPAC selbst nichts abspielt. Angesichts dessen können interessierte Anleger auch noch über die Börse bei Helikos einsteigen, zumal davon auszugehen ist, dass beim Börsengang große Orders bevorzugt berücksichtigt werden – da die Aktionärsversammlung einem geplanten Unternehmenskauf zustimmen muss, liegt das Bestreben nahe, den Investorenkreis übersichtlich zu halten. Mindestens 50.000 EUR gelten dem Vernehmen nach als kleinste Stückelung.

Gut vergütet
Natürlicherweise wird die Vergütungsstruktur des Managements bei solch einem Konstrukt akribisch hinterfragt. Kommt kein Unternehmenskauf zustande, verfallen die ursprünglich (ausschließlich in Optionsscheine) investierten 10 Mio. EUR (davon allerdings 88 % von Wendel, nur je 6 % von Lienau/Simon). Das Management erhält maximal dreimal jeweils 2,63 Mio. in Publikumsaktien gewandelte Gründeraktien, wenn bestimmte Leistungsziele erreicht werden, als erstes und wichtigstes zweifellos ein Unternehmenszusammenschluss. Im optimalen Fall ergäben sich knapp 100 Mio. EUR, auf Basis ihrer ursprünglich 10 Mio. EUR. Fairerweise sollte nicht vergessen werden, dass auch ein Neuinvestor in dieser Rechnung zu diesem Zeitpunkt schon mit rund 50 % im Plus liegt, jedoch auch kein Verlustpotenzial trägt – bei einer Rückabwicklung mangels Zielakquise („De-SPAC-ung“) sollte er theoretisch ohne Verluste wieder herauskommen.

Fazit
Die Frage stellt sich, wozu PE-Geber Wendel überhaupt den SPAC-Umweg macht und ein attraktives Zielunternehmen nicht einfach selbst kauft – ganz ohne Schlupf durch komplexe Vergütungen und ohne notwendiges Investorenplazet. Das ist die kritische Seite der Medaille. Die andere ist, dass Investoren ein vergleichsweise geringes Risiko auf sich nehmen – die eingezahlten 10 EUR pro Aktie bleiben ja erst einmal bis auf Weiteres auf einem verzinsten Treuhandkonto (natürlich bei der Deutschen Bank), Fonds könnten zudem die Helikos-Aktie statt Cash halten. Die Vergütungsstruktur hat aller vermeintlichen Neiddebatte zum Trotz die Erfahrungen anderer Transaktionen berücksichtigt („Interessengleichrichtung“). So gesehen spricht wenig gegen eine Zeichnung bzw. einen Kauf an der Börse zu 10 EUR. Das Argument, bei einem SPAC ausschließlich in Köpfe zu investieren, bleibt dabei selbstverständlich gültig.

Falko Bozicevic

Helikos – Emissionsparameter
WKN

A0Y F5P

Erstnotiz

2. Februar

Zeichnungsfrist

bis 29. Januar

Preis

10 EUR (1 Aktie plus 1 Optionsschein)

MarketCap

bis zu 395 Mio. EUR*

Marktsegment

Prime Standard

Emissionsprospekt

ja

Emissionsvolumen

max. 20 Mio. Aktien aus Kapitalerhöhung,

weitere max. 5 Mio. Aktien als Greenshoe aus KE;

Emissionsvolumen 250 bis 300 Mio. EUR*

Konsortium

Deutsche Bank; ferner HSBC, I-Bankers, Montana Partners

Free Float

max. 76 %*

Internet

www.helikosgroup.com

*) inklusive Greenshoe, Gründer- und Publikumsaktien

Interview mit Georg Hansel, Head of Capital Equity Markets, Deutsche Bank

GoingPublic: Herr Hansel, für die gemeinhin „kritischen” deutschen Anleger ist ein SPAC noch etwas gewöhnungsbedürftig. Können Sie die Bedenken zerstreuen?
Hansel: Weltweit gibt es schon rund 180 SPACs, einige davon bereits mit einem erfolgreichen Unternehmenskauf. Nur zwei oder drei sind rein europäische SPACs, die auch an europäische Investoren verkauft wurden. Das Produkt selbst entwickelt sich evolutionär weiter. Daher bin ich ganz zuversichtlich, dass SPACs sowohl bei Investoren als auch bei Zielgesellschaften mehr und mehr Akzeptanz finden und wir auch in Europa noch einige SPAC-Transaktionen sehen werden.

GoingPublic: Ist das Produkt SPAC nicht zu abstrakt, als dass es eine Richtung für den diesjährigen IPO-Markt vorgeben könnte?
Hansel:
Rein technisch handelt es sich um einen Börsengang, ein IPO. Insgesamt ist ein SPAC aber ein sehr spezielles Produkt mit einem eigenen Charakter. Daher sehe ich Helikos nicht unbedingt als „Eisbrecher“ für den hiesigen IPO-Markt. Wir sehen jedoch großes Interesse möglicher Emittenten an Börsengängen, so dass ich ein gutes IPO-Jahr 2010 erwarte.

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