Estavis hat sich in seinem Kerngeschäftsfeld auf den aktiven Handel mit Immobilien fokussiert. Nach eigenen Angaben ist die Gesellschaft einer der führenden Market Maker zwischen privaten Immobilienverkäufern und institutionellen Ankäufern von so genannten non-recourse-finanzierten
Immobilienportfolios. Nach diesem Modell werden Einzelimmobilien angekauft und nach den Anforderungen des Marktes zusammengestellt. Dazu verfügt Estavis über ein Netzwerk von mehr als 200 Vermittlern.

Stärker in der Gruppe?
Dabei hat Estavis erst noch die Übernahme einer Mehrheitsbeteiligung an der Hamburgischen Immobilien Invest SUCV zu verdauen, der früheren HII Hanseatischen Immobilien Invest AG. Die wiederum ist die Obergesellschaft der HII/CWI-Gruppe: HII hatte sich im Herbst letzten Jahres mehrheitlich an der ebenfalls börsennotierten CWI Real Estate beteiligt. Estavis hat seine Geschäftstätigkeit damit um die Option erweitert, Einzelwohnungen auch an Dritte zu verkaufen. Hier sieht Estavis die über CWI akquirierte Plattform zum Verkauf von Wohneinheiten zu Anlagezwecken als „wesentliche Exit-Möglichkeit“, wie Vorstandsvorsitzender Rainer Schorr auf der IPO-Pressekonferenz dem GoingPublic Magazin bestätigte. Beachtlich: Die durchschnittliche Haltedauer zwischen Notarisierung im An- und Verkauf liegt bei gerade einmal 40 Tagen. Damit kann man Estavis eine geradezu fabrikartige Geschäftstätigkeit bei Immobilienbeschaffung und -abverkauf bescheinigen. In einer Peer Group mit Immo-Händlern wie Franconofurt, Colonia Real Estate und Vivacon differenzieren sich die Berliner über die extrem kurzen Haltezeiten und die on-demand-Zusammenstellung der Portfolien.

Starke Margen, starkes Wachstum
Im letzten Jahr erzielte das Unternehmen Pro-forma-Umsätze von 136 Mio. Euro und erwirtschaftete dabei ein Betriebsergebnis von 21,1 Mio. Euro. Hier sind die Anteile der HII/CWI-Gruppe eingerechnet. Estavis rühmt sich mit einer relativ beachtlichen EBIT-Marge von 15%, die allein aus der Größentransformation (Bündelung von Einzelobjekten zu Portfolien) zuzüglich der Sanierungsmaßnahmen („Aufhübschung“ für die Verlängerung der Nutzungsdauer und damit Erlangung der Fremdkapitalfähigkeit) zustande kommt. Derzeit habe man weit mehr Projekte, als finanziert werden könnten – daher auch die Eigenkapitalaufnahme über den Börsengang. Netto bleiben ca. 50 bis 65 Mio.
Euro bei Estavis.

Geschäftszahlen Estavis

2006pf

2007e

2008e

Umsatz*

136,2

268,5

340,0

Nettoergebnis*

13,7

22,5

31,5

EpS

1,78

2,92

4,09

KGV max.**

19,7

12,0

8,6

*) in Mio., sämtliche Angaben in Euro; Quelle: eigene Schätzungen
**) auf Basis der Bookbuilding-Spanne
pf=pro forma; annualisierte Daten


Fazit
In der Vergangenheit funktionierte das Estavis-Konzept. Das ist zweifellos kein Garant für die Zukunft: Ein Engpass dürfte im Zweifelsfall im Einkauf liegen, wenn Investoren mittlerweile bereit sind, strategische Preise zu zahlen oder auch Immobilien unbesehen zu erwerben. Darüber hinaus ist die Abhängigkeit Estavis’ von der Schlüsselperson Rainer Schorr immens: Er ist Gründer, Vorstandsvorsitzender und größter Einzelaktionär mit immer noch ca. 40 % nach dem IPO. Die obligatorische Frage nach offenbar doch sehr niedrigen Markteintrittsbarrieren wurde auf der Pressekonferenz pariert, indem auf Exklusivverträge mit Maklern, der nicht so einfach nachzubildenden Finanzierungsstärke von Estavis – erst recht mit den Mitteln aus dem Börsengang – und schließlich der Datenbasis mit mehreren tausend In-/Output-Immobilienobjekten verwiesen wurde. Den genannten Risikofaktoren wird unserer Einschätzung nach mit der gewählten Bewertungsspanne zur Emission (KGV 2008e: 6,8 bis 8,6) Rechnung getragen. Ein Ausgabepreis in der unteren Hälfte der
Bookbuildingspanne sollte eine gute Ausgangsbasis für eine positive Kursentwicklung bilden.

Falko Bozicevic

Estavis – Emissionsparameter
Erstnotiz

2. April

Zeichnungsfrist

27. bis 29. März

Bookbuildingspanne

28 bis 35 Euro

MarketCap

215,6 bis 269,5 Mio. Euro

Marktsegment

Geregelter Markt (Prime Standard)

Emissionsvolumen

bis zu 2,0 Mio. Aktien aus KE,

zzgl. 0,858 Mio. Aktien von Altaktionären,

0,423 Mio. von Altaktionären als Greenshoe

Emissionsvolumen 91,9 bis 114,9 Mio. Euro

Konsortium

Cazenove (Lead), WestLB (Joint Lead)

Free Float

max. ca. 43%

Internet

www.estavis.de

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