Die Kanzlei Weitnauer führt den bereits eingeleiteten Generationenwechsel fort. Seit Januar 2023 ist der 39-jährige Rechtsanwalt und Steuerberater Benedikt Mahr Managing Partner der Kanzlei. Mit dessen Ernennung zieht sich nun der vor allem in der VC-Szene bekannte Kanzleigründer Dr. Wolfgang Weitnauer zunehmend aus der Kanzleiführung zurück. Ein Gespräch mit ihm über die Herausforderungen der VC-Branche und die Zukunft der Kanzlei im Zeichen des Generationenwechsels.

 

GoingPublic: Herr Dr. Weitnauer, wo sehen Sie die größten Erfolge Ihrer Kanzlei bzw. auf welchen Deal oder welche Entwicklung, die Ihre Kanzlei begleitete, sind Sie besonders stolz?

Wolfgang Weitnauer: Mein Ziel war es, Expertise im Beteiligungsgeschäft mit Expertise für das Tagesgeschäft von Technologieunternehmen zu verknüpfen, insbesondere in den Bereichen IT und Life Sciences. Das ist gelungen. Mein persönlich schönstes Erlebnis in den letzten zwei Jahren war der Verkauf eines „gebootstrappten“ Unternehmens für einen dreistelligen Millionenbetrag an ein deutsches Unicorn. Dankbar bin ich auch dafür, dass ich die Gelegenheit erhielt, das GESSI-Beteiligungsvertragswerk aus der Taufe zu heben, mit dem für Start-ups Finanzierungsrunden formal erleichtert und auch kostengünstiger gestaltet werden.

Dr. Wolfgang Weitnauer, M.C.L.
Dr. Wolfgang Weitnauer, M.C.L. Copyright: Weitnauer Rechtsanwälte

Was würden Sie aus heutiger Sicht als den größten Erfolg bzw. die wichtigste Errungenschaft im VC-Geschäft in Deutschland bezeichnen?

Es fiele mir leichter zu sagen, was wir in Deutschland auf der regulatorischen Seite immer noch nicht auf die Reihe gebracht haben. Die Politik sieht zwar die Schwachstellen, doch stehen wir uns immer wieder mit Zögerlichkeit selbst im Weg. Es fehlt der große Wurf, vor allem im steuerlichen Umfeld.

Wir müssen weiter dranbleiben, um diese Schwachstellen anzugehen und nicht von der regulatorischen Konkurrenz im Ausland als VC-Standort abgehängt zu werden.

Aber soweit es um die Marktteilnehmer geht, würde ich die Leuchtturmwirkung des in 2005 gegründeten High-Tech Gründerfonds hervorheben, der auch viel zur Professionalisierung und Vernetzung der Branche beigetragen hat, ferner den stabilisierenden Einfluss der Business Angels. Hier hat der soeben glücklicherweise wiederbelebte INVEST-Zuschuss Wirkung erzielt.

In die Zukunft gedacht: Wo sehen Sie die größten Herausforderungen für den VC-Markt in den nächsten Jahren und in welchen Branchen spielt Ihrer Meinung nach die Musik?

Zunächst muss die derzeitige Flaute überstanden werden, die vermutlich zu einer gewissen Bereinigung der Branche führen wird, nachdem die Corona-Zeit, auch dank der öffentlichen Hilfen, ohne die befürchteten Einbrüche überstanden wurde. Aber klar ist, dass Deutschland, auch im europäischen Kontext, der nicht zu vergessen ist nur wettbewerbsfähig bleibt, wenn wir endlich, sei es für Fonds oder Mitarbeiterbeteiligungen, einfache und klare Rahmenbedingungen schaffen.

Und seit jeher geht es darum die Exit-Wege zu öffnen – denn nur dann kommt der Return. Dafür sind aber entsprechende Managementerfahrungen unabdingbar. Denn: auch mit dem Weg an die Börse ist es noch nicht getan, vielmehr muss man dann an der Börse auch bestehen.

Zu Ihrer Frage nach den Branchen: KI ist derzeit im Kommen, aber gerade die Corona-Zeit hat uns gelehrt, wie wichtig die Digitalisierung und Life Sciences sind. Und bei alledem sind die Themen Erneuerbare Energie und Klimaschutz nach wie vor entscheidend für unsere Zukunft. Das sind alles Themen für Start-ups. Und daher muss einem nicht bange werden vor der Zukunft des VC-Geschäfts.

Verraten Sie uns noch Details, welche Rolle oder welchen Schwerpunkt Sie selbst die nächsten Jahre vorantreiben möchten?

Ich bin froh von Geschäftsführungsaufgaben entlastet zu sein und mich konzentriert den mir am Herzen liegenden Themen von VC-Fonds und Start-ups widmen und dabei meine langjährige Erfahrung einbringen zu können, sei es durch Vorträge, weitere Veröffentlichungen. aber auch nach wie vor, wenn auch vielleicht selektiver, in der Beratungspraxis, die mich auf Trab hält und in der ich mich mit all meinen Kontakten zu Hause fühle. In der Planung ist eine Neuauflage meines MBO-Handbuchs, die 6. Aufl. des Beck´schen IT Vertragsformularbuchs steht an und dann wird es auch um Legal Tech gehen. Wenn man mal anfängt, findet man kein Ende.

Benedikt Mahr, LL.M. Copyright: Weitnauer Rechtsanwälte

Last but not least, was wünschen Sie Ihrem Nachfolger bei Weitnauer, Herrn Mahr, für die ersten 100 Tage und danach?

Es möge ihm gelingen, unsere gemeinsame Vision einer klar fokussierten VC- und Technologie-Boutique weiterhin in der Tagesarbeit umzusetzen und den Teamgeist, auch mit jüngeren neuen Kräften, zu stärken, damit wir auch künftig als wichtiger Marktteilnehmer wahrgenommen werden. Denn mit der Übergabe der Managementaufgaben ist es nicht getan. Es geht darum, eine schlagkräftige Truppe zu erhalten und zu formen, die das aufgreifen kann, was ich begonnen habe.

Herr Dr. Weitnauer, vielen Dank für das Gespräch.

 

 

 

Autor/Autorin

Simone Boehringer

Simone Boehringer ist die Redaktionsleiterin "Kapitalmarktmedien" der GoingPublic Media AG.