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Zahlreiche heimische Unternehmen beteiligen sich in diesem Jahr an den Feierlichkeiten zum 250-jährigen Jubiläum der Wiener Börse. Einige Emittenten können ebenfalls auf eine lange Tradition am Kapitalmarkt zurückblicken. Nach den Coronabeschränkungen befinden sich die meisten börsennotierten Unternehmen wieder auf Wachstumskurs. Allerdings werden – nicht zum ersten und nicht zum letzten Male – neue Initiativen gefordert, um bessere Rahmenbedingungen für Privatanleger, Investoren und Unternehmer zu schaffen.
Der österreichische Kapitalmarkt als einer der ältesten der Welt besitzt eine lange Tradition und gilt seit Jahrzehnten als Drehscheibe für Osteuropa. „Das Management der Wiener Börse agiert überaus professionell und erweitert stetig die Handelsmöglichkeiten“, lobt Hannes Roither, Vice President Marketing bei PALFINGER.
Florian Greger, GoingPublic: Wo sehen Sie die Stärken der Wiener Börse?Greger: Nicht nur für internationale Investoren, sondern gerade für österreichische Kleinanleger ist sie eine wichtige Handelsplattform. Das nützt OMV als österreichischer Blue Chip enorm. In einer Zeit, in der Kapitalmärkte immer schnelllebiger werden, ist es sehr vorteilhaft, sich auf einen Grundsockel langfristiger Anleger, wie es die österreichischen Kleinanleger überwiegend sind, verlassen zu können. |
Kamil Kowalewski,
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Maßgeschneiderte Unterstützung
Zwar handelt es sich beim hiesigen Aktienmarkt um einen „kleineren“ Handelsplatz im Vergleich zu etwa Frankfurt am Main und London. Trotzdem haben sich viele herausragende Unternehmen mit österreichischen Wurzeln und globaler Präsenz für einen Börsengang in Wien entschieden. Die gute Betreuung und eigene wirtschaftliche Aktivitäten im Heimatmarkt zählen zu den Hauptmotiven für einen solchen Entschluss. „Als in Österreich verwurzeltes Logistikunternehmen war es die logische Wahl bei unserer Privatisierung 2006“, erinnert sich Harald Hagenauer, Head of Investor Relations der Österreichischen Post. „Das Servicelevel der Wiener Börse ist herausragend – es werden viele Leistungen wie die Ausrichtung von Konferenzen und Roadshows angeboten“, ergänzt Roither.
Harald Hagenauer,
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Dr. Daniel Folian,
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Börsengang stärkt heimische Unternehmen
Für die österreichische Wirtschaft ist ein funktionierender Finanzplatz von enormer Bedeutung. „Der Zugang zu risikoadäquaten Finanzierungslösungen ist für Wachstum und Innovationsfähigkeit heimischer Unternehmen unverzichtbar“, erläutert Florian Greger, Vice President von OMV. „Für uns war der Börsengang im Jahr 1987 ein bedeutender Meilenstein – er hat OMV effizienter und transparenter gemacht.“
Michael Eisler,
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Dr. Diana Neumüller-Klein,
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Wichtige Rolle als Nischenplayer
Die Pandemie hat die österreichische Wirtschaft stark gebremst, gerade jetzt ist der Wiener Kapitalmarkt mit seiner Stärke als exzellenter Nischenplayer mit hervorragendem Umfeld besonders gefragt. „Zuerst kam COVID-19 mit allen negativen Folgen, dann Lieferengpässe und steigende Inflation“, beklagt Hagenauer. „Der Kapitalmarkt kann aber dazu beitragen, gestärkt aus dieser Krise zu kommen.“
Stefan Marin, GoingPublic: Welche Folgen hatte bzw. hat Corona für den österreichischen Kapitalmarkt?Marin: Wir konnten keine negativen Auswirkungen auf unsere Börsennotiz feststellen. Gemeinsam mit einer IR- und PR-Agentur haben wir seit Frühjahr 2021 ein verstärktes Augenmerk auf Privatanleger gelegt. Diese Aktivität hat sich ausgezahlt, die Aktienumsätze an der Wiener und Deutschen Börse sind insgesamt gestiegen. |
Hoher Informationsbedarf
Gerade in Zeiten der Krise ist die Kommunikation mit Investoren und Analysten jedoch äußerst wichtig: „Diesem gesteigerten Informationsbedürfnis sind wir mit vielen Meetings nachgekommen“, erläutert Greger. Außerdem konnte die Pandemie anstoßen, auf neuen Wegen mit Analysten und Investoren zu kommunizieren. „Onlinemeetings haben Roadshows und Konferenzen in den internationalen Finanzzentren ersetzt“, weiß Greger.
Pascal Schmidt, GoingPublic: Wie beurteilen Sie die Wiener Börse in ihrem Jubiläumsjahr?Schmidt: Ohne Wiener Börse wären wir heute vielleicht nicht am Kapitalmarkt. Sie hat uns das Tor zur österreichischen Investorencommunity geöffnet. Persönlich und engagiert haben sie uns in unseren ersten drei Börsejahren begleitet, unterstützt und bei neuen Fragestellungen den Weg gewiesen. |
Onlinekommunikation mit Investoren
Zwar fehle bei der virtuellen Kommunikation der persönliche Kontakt. Anderseits beständen aber vielerlei Vorteile wie Effizienz, Zeit- und Kostenersparnis und man könne sich leichter und häufiger mit internationalen Investoren austauschen. „Virtuelle Meetings werden auch in Zukunft eine zentrale Rolle spielen“, prognostiziert Greger. „Dem österreichischen Kapitalmarkt hat die Coronapandemie zu einem besseren Zugang zu internationalen Investoren verholfen“, bestätigt Dr. Diana Neumüller-Klein, Head of Corporate Communications bei STRABAG. „Konferenzen werden jetzt virtuell oder hybrid abgehalten, wodurch die eine oder andere zeitraubende Reise wegfällt.“
Andreas Quint, GoingPublic: Welche Erfahrungen haben Sie als Large Cap mit der Wiener Börse gemacht?Quint: CA Immo ist seit 1988 an der Wiener Börse gelistet, die uns seitdem auf unserem Weg zum European Player begleitet und unser stetiges Wachstum ermöglicht hat. |
Privates Kapital für Wiederaufbau
Österreich ist einerseits ein Fremdkapitalland – die Finanzierung über Banken hat eine lange Tradition. Da andererseits die eigene Bevölkerung kaum auf Aktien setzt, steht Unternehmen begrenztes privates Kapital zur Verfügung. „Wichtig ist deshalb, bessere Rahmenbedingungen für Anleger und Unternehmer zu schaffen sowie die Finanzbildung der Österreicher zu forcieren“, fordert Dr. Daniel Folian, stellvertretender Vorstandsvorsitzender bei Warimpex. Die Kapitalmarktfinanzierung für die Wirtschaft und den Standort Österreich sei gerade in der Wiederaufbauphase nach der Pandemie von zentraler Bedeutung – bekanntlich erholen sich Länder mit hoch entwickelten Kapitalmärkten schneller von Wirtschaftskrisen.
Hannes Roither, GoingPublic: 2021 feiert die Wiener Börse ihr 250-jähriges Jubiläum – Ihr persönliches Fazit?Roither: Der Börsengang im Juni 1999 war für uns einer der wichtigsten Meilensteine in Richtung Professionalisierung und Internationalisierung. Bereits seit Ende der 1980er-Jahre betrug unsere Exportquote 90%, nach dem Börsengang waren es rund 95%. PALFINGER steht für „Growth“ und „Value“ und für eine kontinuierliche Dividendenpolitik. Seit dem Börsengang konnten wir unseren Aktienkurs mehr als versiebenfachen und haben aktuell eine Marktkapitalisierung von 1,4 Mrd. EUR. |
Fazit
Der Leitindex ATX und auch der ATX Prime sind seit Jahresbeginn deutlich gestiegen. Der ATX inkl. Dividenden, der sogenannte Total Return Index, konnte im Jahresverlauf wiederholt sein Allzeithoch nach oben schrauben. Viele Emittenten haben die Pandemie gut überstanden und können ihr Wachstum jetzt fortsetzen. Was den Kapitalmarkt heuer noch bremsen könnte, sind die derzeitigen Engpässe in den Lieferketten. Zudem sollten die politischen Rahmenbedingungen für Privatanleger, Investoren und Unternehmen weiter verbessert werden. Die Alpenrepublik hat eine solide Wirtschaftsstruktur mit großen Konzernen, mittelständischen Firmen und innovativen Start-ups. Weitere Pluspunkte sind die engen Verbindungen zu Osteuropa und die hohe Internationalität bei Handelsteilnehmern und Investoren. Mit diesen Vorzügen wird die Wiener Börse auch bis zu ihrem nächsten Jubiläum punkten können.
Dieser Beitrag ist Teil des GoingPublic Specials „Kapitalmarkt Österreich 2021“ und auch im kostenlosen E-Magazin zur Ausgabe enthalten.