Ihm schien die Frage eines Journalisten, der sich danach erkundigte, ob die derzeitige politische Situation in Deutschland – gekennzeichnet von dem Finanzskandal der CDU und insbesondere von der Intervention der SPD zur Rettung der nahezu bankrotten Holzmann AG – Schuld am schwachen Euro sei, gerade recht zu kommen. Auf die Nachfrage erwiderte Duisenberg, daß das Verhalten der deutschen Regierung dem Image eines marktwirtschaftlich bestimmten Europas alles andere als gerecht wird. Konkreter wurde er nicht. Alles andere werde er mit der deutschen Regierung selbst besprechen.
Doch seine Worte waren deutlich genug, um von der ausländischen Presse mit Hingabe absorbiert zu werden. ‚Duisenberg spaltet Euroland’ hieß es über der Titelstory der Financial Times und auf der Titelseite des Wall Street Journal Europe konnte man lesen, daß ‚Deutschland zur Verantwortung gezogen würde’. Im Handelsblatt dagegen stand auf der ersten Seite lediglich ein kleiner Artikel mit der Überschrift ‚Duisenberg glaubt an festen Euro’. Während sich die Kritik der Presse im Ausland zur deutschen Konsenswirtschaft in den letzten Wochen arg verschärft hat, liest man hierzulande, es sei die nebulöse Geldpolitik der EZB, die unser aller Einheitswährung zusehens an Wert verlieren ließe. Wer aber ist nun Schuld daran, daß der Euro, der zum Jahresbeginn noch mit etwa 1,18 US-Dollar bezahlt wurde, am Donnerstag unter die Parität mit dem US-Dollar absackte?
Zugegeben, die Reaktionen auf die Anschuldigungen Duisenbergs gegenüber Gerhard Schröders Politik lassen Erinnerungen aus den ‚besten’ Tagen eines Oskar Lafontaines wach werden, den die britische SUN dereinst als ‚gefährlichsten Mann Europas’ bezeichnet hatte. Ironie des Schicksals für den ‚Modernisierer’ Schröder. Zurecht ist die Wirtschaftspolitik, die der deutsche Bundeskanzler in den letzten Wochen vertreten hat, national wie international auf heftige Kritik gestoßen, doch die Anschuldigungen Duisenbergs scheinen zu weit zu gehen, wenn man sich mit den ökonomischen Realitäten auseinandersetzt. Devisenmärkte sind mit Abstand die liquidesten Märkte überhaupt. Die Umsätze in Devisen übersteigen die in Aktien um Längen. Schröder kann vielleicht kurzfristig einen Trend in diesen Märkten beschleunigen, die Theorie aber, daß er durch die Rettung von Holzmann die europäische Einheitswährung maßgeblich beeinflussen könnte, scheint allerdings etwas weit hergeholt.
Bereits einige Monate nach Einführung des Euros, als der Abwärtstrend deutlich erkennbar wurde, sprachen Devisenexperten von der Parität zum Dollar. Devisenhändler auf der ganzen Welt sind schon seit einiger Zeit dabei, gegen den Euro zu spekulieren. Letztendlich sind sie es, die den Euro unter die Parität gedrückt haben, um ihre Positionen dann gewinnbringend zu schließen.
Natürlich fördert eine Politik, wie sie die deutsche Regierung derzeit betreibt, nicht das Vertrauen internationaler Investoren; der Gedanke allerdings, daß die Rettung von Holzmann oder auch die nebulöse Geldpolitik der EZB den Euro unter die psychologisch so wichtige Parität gedrückt habe, ist illusorisch. Der Euro fiel auch deshalb unter einen Dollar, weil Devisenhändler schon seit langem mit Derivaten darauf ‚gewettet’ haben und alles darangesetzt haben, daß ihre Wette auch aufgeht. Geldpolitik im großen Stil wird schließlich schon längst am Computer gemacht. Nun, da die Positionen der Händler realisiert wurden, könnte ein Engagement in den Euro sogar sehr aussichtsreich erscheinen.
Die GoingPublic-Kolumne erscheint börsentäglich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.