Nein, McDonalds forscht nicht an gentechnisch veränderten Tomaten. Auch die Entschlüsselung des menschlichen Genoms ist zwar interessant, aber für das Unternehmen nicht weiter relevant. Nein, McDonalds versucht auch nicht, einen Wirkstoff gegen BSE zu finden, da angeblich sowieso nur deutsches Rindfleisch verwendet wird. Es werden auch keine Mäuse gehalten, um in Tierversuchen die Spätfolgen des Burgerkonsums zu erforschen. Die Übereinstimmung mit der Biotechnologie liegt auf einem anderen Gebiet.
McDonalds verkauft Burger und verdient damit „Mäuse“ und die Genmab A/S bedient sich der kleinen Nager, um eventuell mal große Brötchen backen zu können. Dahinter verbergen sich zwei Vermarktungsstrategien, die auf den ersten Blick scheinbar wenig miteinander zu tun haben, bei genauerer Betrachtung aber durchaus Parallelen aufweisen. Bis zum Ende der 90er Jahre gab es im Biotech-Sektor vorwiegend Akquisitionen durch große Pharma-Unternehmen, beispielsweise die Übernahme der amerikanischen Sugen, Inc. durch Pharmacia, Inc. Zuletzt wurden sogar Biotech-Biotech-Akquisitionen verzeichnet, wie das jüngste Beispiel EVOTEC/Oxford Asymetry International (OAI) mit einem Volumen von 450 Mio. Euro zeigt. Die Genmab A/S allerdings geht andere, ganz neue Wege im Bereich der Biotechnologie.
Die dänische Tochtergesellschaft wurde 1999 von der Medarex, Inc. gegründet. Das 24 Mitarbeiter zählende Unternehmen aus dem Land des Smørrebrød hat es sich zur Aufgabe gemacht, neue Medikamente auf Basis menschlicher Antikörper schneller und kostengünstiger zu entwickeln. Dabei vertraut Genmab auf die Technologie gentechnisch veränderter Mäuse des Mutterhauses, dessen Beteiligung bei 45 % liegt. Diese Allianz ermächtigt Genmab zur Nutzung der amerikanischen Technologieplattform. Dabei gleichen sich die Geschäftsmodelle wie eine Genmaus der anderen. Das junge Biotech-Unternehmen geht neue Wege mit einem in anderen Branchen schon alten Konzept: Franchising. Dieses neue, innovative Business-Modell, die Übertragung der amerikanischen Verwertungsrechte auf ein europäisches Tochterunternehmen, ist in vielen verschieden Branchen – nicht nur bei McDonalds – schon erfolgreich erprobt worden, aber ein Novum in der Biotechnologie.
Franchising ist eine Vertriebsform, bei der ein Franchise-Geber selbständige Unternehmer sucht, die mit eigenem Kapitaleinsatz Waren oder Dienstleistungen anbieten, die der Systemgeber bereitstellt. Der Franchise-Nehmer ist vertraglich gebunden und kann weder Preis noch Strategie ändern. Außerdem verdient die Konzernmutter an den Lizenzeinnahmen, die im Falle eines Erfolges fällig werden. Und so lautet bei „Medarex-Genmab“ das neue Geschäftsmodell „Biotech-Franchising“. Wenn die Kapitalmärkte bei der Finanzierung risikoreicher Forschung in Amerika nicht mehr mitspielen, versucht man mit Hilfe der dänischen Tochter „Medarex 2“ auf dem europäischen Kontinent versucht.
Der schon 18 Monate nach Gründung der Genmab bevorstehende Börsengang läßt allerdings vermuten, daß auch die amerikanische Medarex durch Biotech-Franchising am deutschen Boom verdienen möchte. Sollte der Preis je Aktie am oberen Ende der Bookbuilding-Spanne von 34 bis 40 Euro liegen, würde das für Genmab eine Marktkapitalisierung von mehr als 900 Mio. Euro bedeuten. Der Break Even wird jedoch erst im Jahr 2005 erwartet. Eine Absage an das Geschäftsmodell von Genmab? Nicht zwingend. Es wird allerdings noch Jahre dauern, bis sich das Investment in das erste Biotech-Franchise-Unternehmen auszahlen wird. Vielleicht entwickelt sich Genmab mit seinem neuen Business-Modell ja zum „Big Mac der Biotech-Branche“. Schließlich hat der erste McDonalds-Ableger auch einmal als Imbiß-Bude angefangen.
Die GoingPublic-Kolumne erscheint börsentäglich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.