Nach den zahlreichen Umstellungen, Neu-Aufstellungen und Restrukturierungen sollte man eigentlich meinen, daß die Deutsche Bank so langsam ihre End-Aufstellung gefunden haben könnte. Doch weit gefehlt. Es stehen die wohl folgenreichsten Entkernungen und Re-Shuffles der letzten Jahre an. Erstmals soll ein Nicht-Deutscher die Geschicke des Finanzriesen in die Hand nehmen. Und das im wahrsten Sinne des Wortes: Der Schweizer Josef Ackermann bekommt als Kopf eines neu zu schaffenden Executive Commitee mehr Befugnisse als irgendein Deutsch-Bänker vor ihm. Er soll das Tagesgeschäft leiten und die strategische Richtung der Großbank vorgeben.
Dieses Executive Committee (EC) im US-Stil ist eine klare Abkehr vom üblichen Konsensus-geleiteten Strategievorgaben im deutschen Management. Die Deutsche Bank schmeichelt mit diesem Umbau daher vor allem internationalen Investoren und geht andererseits auf Konfrontationskurs mit deutschen Gepflogenheiten. Der deutsche Branchenprimus sah sich zuletzt um so härterer Kritik ausgesetzt, je mehr er sich international aufstellen wollte. So hat das 9.000 Mann starke multinationale Investment-Team in London bislang keine nennenswerte Erfolge vorzuweisen. Die Führung scheint eher kopflastig und allzu behäbig. Mit der beabsichtigten Verschlankung der Führungsstrukturen und der eingeleiteten Machtkonzentration im EC soll die Deutsche Bank schlagkräftiger werden. Nur so könne sie im internationalen Vergleich wieder den Anschluß finden, so zumindest die Theorie.
Nur leider kommen derartige Erkenntnisse wohl mindestens zehn Jahre zu spät. Die Deutsche Bank als Symbol deutscher Finanz-Power steht auf internationaler Ebene blaß da. Die Übernahme von Morgan Grenfell (Großbritannien, 1989) und Bankers Trust (USA, 1998) waren nicht mehr als Plan-B-Akquisitionen in Ermangelung überzeugenderer Alternativen. Nicht zuletzt scheiterte auch die „Fusion“ mit der Dresdner Bank. Die turnusmäßig angekündigten Neu-Aufstellungen der Deutschen Bank blieben ohne jeden zählbaren Erfolg.
Ob der Angleich an internationale Führungsgepflogenheiten auch die Stärkung der internationalen Ausrichtung zur Folge haben wird, bleibt abzuwarten. Auch ist noch nicht abzusehen, ob Ackermann als Quasi-CEO über all jene Befugnisse verfügen kann, wie sie ihm jetzt dargeboten werden. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di mahnte sofort an, daß die Arbeitnehmer-Mitbestimmung auf gar keinen Fall unterlaufen werden dürfe. Nach Ansicht des ver.di-Betreuers für die Deutsche Bank sei bei Offenlegung der neuen Pläne aber „rübergekommen“, daß es bei der Bank keinen „echten“ CEO geben werde. CEO oder Nicht-CEO, das ist hier die Frage. So muß man sich auch fragen, mit welchen Zusagen die Gewerkschaft ruhiggestellt wird (Firmensitz Frankfurt?, Befugnisse des Aufsichtsrats?, Vetorechte?, etc.), um Ackermann die Machtfülle offerieren zu können, die er braucht, um den Konzern wieder wettbewerbsfähig zu machen. Wenn er seinen Erfolg, den er als Spitze der Investment-Abteilung in den letzten Jahren getankt hatte, nicht zügig genug auf den Gesamtkonzern übertragen kann, wird ihm Gegenwind aus allen Richtungen entgegenblasen. Die nächste, kaum noch zählbare Neu-Aufstellung wäre die unweigerliche Konsequenz.
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