Da mag es auch nicht großartig verwundern, daß der Strohhalm Steueramnestie, an welchen man sich mehr illusorisch als überzeugt klammert, am Einknicken ist. Hans Eichel möchte 20 Mrd. Euro an im Ausland geparktem Schwarzgeld zurückholen. Der Plan dürfte angesichts der Idee, einem Gesetz durch nachhaltige Novellierung die Grundlage zu entziehen, allerdings einen noch schwereren Stand haben als es ohnehin schon der Fall ist. Bis zum Frühjahr dieses Jahres fanden lediglich 100 Mio. Euro des auf weit über 500 Mrd. Euro geschätzten Schwarzgeldes den Weg zurück in heimische Gefilde.
Es reicht nicht aus, mit einem Steuersatz von 25 % für in diesem Jahr offen gelegte Schwarzgelder zu locken. Angesichts der gleichzeitigen Kündigung des Generationenvertrages, Debatten über rückwirkende Gesetzesänderungen, sowie zur kurzsichtigen Politik gehörende Prognoserevisionen, sind die wenigsten bereit, ihren Beitrag zum Wohle defizitär und planlos geführter Kassen beizutragen. Die angesprochene Klientel fürchtet, nicht unbegründet, in naher Zukunft zum Dank für ihr Eingeständnis in Sachen Steuerhinterziehung in die Lotterie der Opferrotation mit eingebunden zu werden. Schon lange ist der Umsturz des Bankgeheimnisses ein ernsthaftes Thema. Dieses Vorhaben gilt als größter Hinderungsgrund des Geldrückflusses. Das Kapital läuft Gefahr, in behördlichen Datenbanken zur gläsernen Legehenne zu verkommen. Angesichts dessen ziehen es die Betroffenen vor, eine anonyme Abgeltungssteuer aus der Schweiz, Österreich oder Liechtenstein zu zahlen, selbst wenn diese bis zum Jahr 2010 auf 35 % steigen sollte.
Solange ein Nachtragshaushalt zur regelmäßigen Aufgabe eines Finanzministers gehört, bleibt der Appell zur Steuerehrlichkeit unerhört. Erst wenn Klarheit darüber herrscht, wie man der Staatsschulden (16 % des gesamten Bundeshaushalts für 2005) Herr werden will und der Haushalt auch nach dem Ausverkauf von Staatsbesitz den Anforderungen des Grundgesetzes gerecht wird, ist eine Wende zum Besseren absehbar. Die Rekordprivatisierung ist ein kurzweiliger Notnagel zur Glättung gröbster Differenzen. Mit solider, wachstumsbasierter Konsolidierung hat das freilich wenig zu tun. Vertrauenswürdige Pläne für die Zeit nach dem Ausverkauf gibt es (noch) nicht.
Die Probleme, welche es anzugehen gilt, sind vielschichtig und tragen Oberbegriffe wie Überregulierung, Willkür, Reformverschleppung und überhöhter Lohnkostenanteil. Nicht die Forderung nach osteuropäischer Nachbarschaftshilfe in Form von Steuererhöhungen, sondern Steuersenkungen hier zu Lande können einzig die Lösung sein. Andernfalls wird weiteres Kapital abfließen. Seitdem Veräußerungsgewinne Steuerfreiheit genießen, schreitet die Entflechtung der Deutschland AG kontinuierlich voran. Dieses Geld sucht sich wertfrei den attraktivsten Standort.
Die Schuld bei gesetzeskonformen Abschreibungen zu suchen, ist jedenfalls profan. Auch die Telekom, deren größter Aktionär der Bund ist, hat im Aufschwung überteuert hinzugekauft und daraufhin hohe Abschreibungen folgen lassen. Gar von bilanziellen Unstimmigkeiten und Emissionsbetrug im Rahmen ihres „Dritten Börsengangs“ war die Rede. Die verloren gegangene Moral muß folglich andernorts wieder gefunden werden – in solider, verläßlicher Haushaltspolitik.
Markus Lenzbauer
Die GoingPublic erscheint wöchentlich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.