Jahreszeitlich geschickt getimt, wurde vor allem der Neue Markt zu Beginn des Jahres mit einer beispiellosen Neuemissionsschwemme übergossen. Erfahrungsgemäß sind der Frühling und der Frühsommer die besten Börsenmonate. Das wissen auch Unternehmen, die im Rahmen eines Going Public möglichst üppige Geldmengen einsammeln möchten. Was jedoch nicht vorhergesehen werden konnte, war der Umstand, daß den meisten Börsenteilnehmern schon Anfang März die Puste ausging und sich die seit Oktober des letzten Jahres laufende Party damit ihrem vorzeitigen Ende näherte.
Das brachte den Zeitplan für viele folgende IPOs gänzlich durcheinander. Diejenigen, die trotz der widrigen Umstände den Börsengang dennoch nicht scheuten, bekamen die Gezeiten an den Finanzmärkten zu spüren. Vielen Neuemissionen des Frühsommers bekam die Gnade der späten Geburt ganz und gar nicht. Nach einem klassischen Fehlstart fielen sie gleich oder kurze Zeit später unter den Ausgabekurs zurück, von wo sie sich seither nicht mehr erholen konnten.
Von den insgesamt 116 Emissionen des laufenden Jahres – alle Marktsegmente zusammengerechnet – liegen wenig überraschend mehr als die Hälfte im roten Bereich. Verweigerer wie zuletzt 1Value.com und blaxxun sind da noch nicht eingerechnet. Eine Art Qualitätssicherung bei den emissionsbegleitenden Bankhäusern suchte man aber vergeblich.
Die für ihre hochfrequenziöse Emissionsumtriebigkeit bekannte DG Bank führte in diesem Jahr bereits 17 Unternehmen an die Börse. Unterm Strich kam ein Null-Ergebnis beim Vergleich des derzeitigen Aktienkurses gegenüber dem Ausgabepreis heraus – was immerhin über dem Durchschnittswert aller Neuemissionen liegt. Viel Masse, wenig Klasse, schien das Motto der DGler zu sein: Kein echter Hit, aber auch keine totaler Rohrkrepierer steht für die DG Bank zu Buche.
Die BHF-Bank, aus vergangenen Jahren bekannt für eine sorgsame Auswahl ihrer Kandidaten, tappte in diesem Jahr ins Fettnäpfchen. Vier Kandidaten mit einer Performance von circa minus 20 % wurden an den Markt gebracht. Eine Zeichnung der Matchnet-Papiere mit einem Verlust von fast 50 % hatte sich als wenig ergiebig herausgestellt.
Einen ebenfalls sparsamen, aber erfolgreichen Weg schlugen die Banker von Concord Effekten in diesem Jahr ein. Offenbar erkannten sie die Zeichen der Zeit: Mit Rösch, Curasan und Macropore brachte man ausschließlich Titel aus dem Biotechnologie-Umfeld an den Neuen Markt. Alle drei Werte liegen gegenüber ihrem einstigen Ausgabepreis komfortabel im Plus.
Auf den ersten Blick am besten, zumindest im Durchschnittswert, schnitt die Dresdner Bank ab. Ihre 7 Neuemissionen brachten fast 100 % Kursgewinn gegenüber dem Ausgabepreis – wohlbemerkt im Durchschnitt. Ohne die Überflieger Thiel Logistik (+ 377 %) und Kontron (+ 177 %) sähe die Bilanz nicht ganz so rosig aus. Denn auf der Verliererseite hat die Dresdner mit Mediascape (- 54 %) und Valor (- 30 %) auch gleich mehrere Spitzenpositionen inne.
Wie man es richtig macht, zeigen die Investmentstrategen der relativ unbekannten Schroder Securities und die der ABN Amro. Offensichtlich haben diese beiden Bankenhäuser die Leitlinie „Qualität statt Quantität“ als einzige richtig verstanden. Schroder führte in diesem Jahr zweimal das Konsortium an: Mit den vorab wenig hitverdächtigen Titeln BKN International und Rational (SMAX) hätten Zeichner bislang 116 bzw. 110 % Gewinn einfahren können. Die ABN Amro leitete gar nur einmal das Konsortium: Mit Biodata und dem Kursgewinn von 630 % gegenüber dem Emissionspreis landeten sie aber zugleich den Volltreffer dieses Jahres. Eine etwas ausführlichere Emissionsstatistik findet der interessierte Leser in der Konsortialbank-Analyse bei www.goingpublic-online.de.
Die GoingPublic-Kolumne erscheint börsentäglich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.