Als ein paar aktienlastige Versicherer mit hohen Renditen lockten, fuhren viele Assekuranzen ihren Aktienanteil in die Höhe – mitten im Börsenboom. Nun sind die Bewertungs- und Ertragsreserven aufgezehrt, und die Fondsmanager bangen um ihre Ergebnisse. Im Zuge der schwachen Börse reduzieren die Versicherungen, so heißt es, massiv ihre Aktienbestände, um die Gewinnbeteiligungen für ihre Versicherten nicht noch weiter als derzeit bereits absehbar und im vergangenen Jahr erfolgt kürzen zu müssen. Die Baisse nährt die Baisse.

Man sollte annehmen, daß die gutbezahlten Depotverwalter genügend Weitblick, Liquidität und Sitzfleisch hätten, um auch mal eine echte Depression durchzustehen. Bekommt nicht jeder Aktienkäufer erzählt, er müsse mindestens fünf Jahre Zeit mitbringen, um mit Aktien erfolgreich zu sein? Besonders in den so modernen Allfinanzkonzernen erhält die Verkaufswelle eine besondere Note: Lieber Kunde, kaufe Aktienfondsanteile, damit unsere hauseigene Versicherung ihre Aktien bei der hauseigenen Fondsgesellschaft abladen kann. Die Versicherung will schließlich für Dich die Rendite retten und der Fondsmanager will… äh, genau dasselbe. Aber auf eine völlig andere Art.

Leider ist für die Versicherungen der jährliche Kassensturz maßgeblich. Nun könnten andere Professionals das Material einsammeln. Doch mancher Aktienfonds hätte gerne mehr Bargeld, als die börsenverschreckten Anleger ihm geben mögen. Andere bleiben auf ihrer Cashquote sitzen und warten ab, daß alles noch billiger wird. Da kann derjenige verschuldete Privatanleger froh sein, den seine Bank schon vor einem Jahr zwangsliquidiert hat. Und wer, bitteschön, soll die ganzen Aktien kaufen, die jetzt jeder Kapitalverwalter ohne Rücksicht auf niedergeprügelte Kurse loswerden will?

Die Fähigkeit, antizyklisch zu agieren, scheint ein besonderer Luxus geworden zu sein. Wenn der Sturm vorüber ist, könnten sich die Besitzverhältnisse an den börsennotierten Unternehmen in historischem Umfang verändert haben.

Die GoingPublic Kolumne erscheint jeweils montags, mittwochs und freitags in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.