Der amerikanische Fonds Hg Capital sieht in W.E.T Automotive ein Unternehmen mit viel Potential, so viel, daß sich die Gesellschaft dazu entschloß, den Automobilzulieferer zu übernehmen. 52,70 Euro je Aktie schien ihnen und Großaktionär Bodo Ruthenberg ein angemessener Preis. Der nämlich verkaufte seinen Anteil. Bei den Kleinaktionären jedoch rief diese Offerte keine Begeisterungsstürme hervor. Obwohl risikoaversen Investoren von Unternehmens- und Analystenseite mehrfach nahegelegt wurde, ihre Anteile abzugeben, haben sich bislang nur 9 % dazu durchringen können. Hg Capital scheint darüber nicht erfreut. Das Ziel des Fonds war es, die zum Squeeze-out erforderlichen 95 % der Anteile zu erreichen. Trotz Verlängerung der Angebotsfrist wurde dieses Ziel nun weit verfehlt.
Nun soll Plan B greifen. Der US-Fonds will W.E.T ohne Zwangsabfindung der Kleinaktionäre von der Börse nehmen. W.E.T soll dazu auf die neu gegründete und nicht notierte Blitz Holding GmbH & Co KG verschmolzen werden und dadurch nach der Fusion vom Kurszettel verschwinden. Möglich wäre das, weil für diesen Beschluß nur 75 % der Stimmen nötig sind, über die Hg ja mittlerweile verfügt. Die übrigen freien Aktionäre würden bei dieser Verschmelzungsaktion Kommanditisten der KG, mit der Konsequenz, daß die neuen KG-Anteile nur noch schwer handelbar wären. Daran ändert auch die fast schon etwas lächerlich anmutende Zusage der TradeCross AG nichts, im Fall der Verschmelzung einen außerbörslichen Handel für die restlichen W.E.T-Anteile zu organisieren.
Klarheit wird die im November stattfindende Hauptversammlung bringen. Hg selbst sieht wegen ihrer Stimmmehrheit den Verschmelzungsbeschluß als gemachte Sache an. Bei genauem Hinsehen aber wird Plan B immer mehr vom sicheren Vorhaben zur wackeligen Drohkulisse. Denn stimmt auf der anstehenden Hauptversammlung auch nur ein übriger Aktionär gegen den Verschmelzungsbeschluß, so könnte ein Wertgutachten zur Pflicht werden, das den fairen Wert des Unternehmens bestimmt. Alle, die gegen die Verschmelzung stimmen, würden dann mit dem im Gutachten ermittelten Unternehmenswert je Anteil bedacht. Die übrigen würden zu Kommanditisten. Zwar kursieren Gerüchte, nach denen W.E.T vielleicht 70 bis 90 Euro je Anteil wert sein könnte, sind nur Spekulationen.
Klar ist nur soviel. Hg Capital versucht, die Abfindung so gering wie möglich zu halten. Dazu gehört auch die Drohkulisse der Verschmelzung ohne Squeeze-out. So einfach, wie es Hg und W.E.T darstellen, ist diese Vorgehensweise aber eben nicht. Tausende von Kommanditisten, die einen weit höheren Informationsanspruch haben als normale Aktionäre, machen wenig Sinn. Genauso könnte der Einspruch der Restaktionäre auf der kommenden HV tatsächlich zum Problem für Hg werden. Ob das aber schließlich zu einem Gewinnaufschlag für kampfwillige Aktionäre führt, ist ebenso unsicher. Und damit bleibt das Geschäft mit Aktien letztlich, was es immer war: Spekulation.
Die GoingPublic erscheint zweimal wöchentlich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.