Zwar haben inzwischen einige Dotcoms die Waffen gestreckt, doch handelte es sich dabei nicht einmal um börsennotierte Unternehmen. Allerdings sollte dies angeblich der Auslöser dafür gewesen sein, die gesamte Branche hinsichtlich ihrer Finanzplanung in Frage zu stellen. Wo waren die warnenden Stimmen der Analysten in den Jahren zuvor?
Welchen Einfluß negative Einschätzungen der New Economy-Werte haben kann, wurde deutlich, als in den letzten Wochen die Internetwerte hüben wie drüben in den Keller sausten. Die „Korrektur“ machte dabei auch vor den Branchengrößen keinen Halt. Solche Situationen sind bekannt als Stimmungsumschwünge, die einen Dominoeffekt auslösen können – wie bereits gesehen. Wenn Investoren nicht mehr mitziehen und Aktionäre das Interesse verlieren, hat man bekanntlich den Nährboden für eine wirkliche Baisse.
Anstatt alle Werte in einen Topf zu werfen, wäre eine etwas differenziertere Sichtweise wünschenswert gewesen. Nicht alle Titel mit Internetbezug werden in Finanzprobleme geraten. Im Gegenteil: War es nicht sogar so, daß man sich von dem neuen Medium ganz neue Möglichkeiten der Kommunikation, des Kommerzes und der Unternehmens-Tätigkeiten versprach? Und diese sind nach wie vor gegeben.
Interessant wäre nun gewesen, welche Titel man kaufen sollte und weniger, welche von den ohnehin nicht besonders überzeugenden man meiden sollte. Vermißt wurden konkrete Vorschläge bezüglich IT-Unternehmen, die bereits Gewinne einfahren – im Sinne einer Cash Earn Rate – und damit eine finanziell solide Geschäftsbasis aufweisen können. Das sollten eigentlich die Vorschläge sein, die man von Finanzexperten erwarten darf. Denn anders als in den USA, wo man die entsprechenden Negativ-Kandidaten auch leerverkaufen und damit Geld verdienen kann, ist dies am einheimischen Markt nicht der Fall. Man kann höchstens teure Fehlinvestitionen vermeiden.
Nachdem Internet-Vorreiter Yahoo! letzte Woche über den Planungen liegende Quartalszahlen bekannt geben konnte, atmete der gesamte Internetsektor auf breiter Front auf. Zwar stehen bei dem Internetportal die Gewinne noch längst nicht in einem angemessenen Verhältnis zum Aktienkurs, doch wurde damit in Erinnerung gerufen, daß I-Nets sehr wohl profitabel sein können. Dabei ist Yahoo! bei weitem nicht der einzige profitable Wert aus dieser Branche, woran man sich in diesem Moment wieder erinnerte. Die folgerichtige Reaktion war eine spürbare Erleichterung – und ein abermaliger Stimmungsumschwung.
Bleibt zu hoffen, daß nun endlich ein gesunder Mittelweg gefunden wird. Einige oder sogar viele Werte aus dem Internet-Bereich werden vielleicht tatsächlich ernsthafte Finanzprobleme bekommen, auch solche, die bislang noch gar nicht genannt wurden. Dafür werden sich aber möglicherweise andere am Markt mit einer ganz neuen Technologie oder einer überzeugenden Idee durchsetzen. Alle New Economy-Titel über einen Kamm zu scheren, würde ganz sicher noch mehr Unschuldige treffen. Vielleicht ist das sogar schon geschehen. Die „Schlechten“ werden ohnehin Probleme bekommen, die „Guten“ dagegen werden sich durchsetzen. Diese gilt es dann auch beim Namen zu nennen, um sie von der ersten Kategorie zu unterscheiden.
Beispiele bereits profitabler IT-Unternehmen, im Sinne einer Aufzählung und nicht einer Empfehlung, wären: In den USA etwa AOL, MarchFirst, CheckPoint Software, eBay, Inktomi, Lycos, Parametric, RealNetworks, Sapient und Yahoo!. Am Neuen Markt wären Unternehmen wie Concept!, GFT und auch SinnerSchrader zu nennen.
Die GoingPublic-Kolumne erscheint börsentäglich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.