Der amerikanische Konjunkturmotor fährt scheinbar wieder mit steigenden Drehzahlen. Steuererleichterungen, Zinssenkungen und andere konjunkturpolitische Maßnahmen haben den amerikanischen Unternehmen auf die Beine geholfen. Es geht wieder aufwärts, so der Tenor aller Prognosen. Aber Zeit zum Zurücklehnen dürfte die Regierung Bush wenig finden, denn ihr Aufschwung steht auf tönernen Füßen. Die gigantischen fiskalischen Anstrengungen haben ein tiefes Loch in den amerikanischen Staatshaushalt gerissen, welches nun finanziert werden will.
Das wird bislang auch gerne getan. Insbesondere Japan und China kaufen US-Staatsanleihen in riesigem Umfang – und tragen so indirekt den amerikanischen Aufschwung mit. Das ist praktisch, nur eben nicht gleich ersichtlich und deswegen politisch nur ungenügend verwertbar. Anschaulicher und vor allem viel publikumsträchtiger ist da schon der Wechselkurs. Permanent verfügbar und leicht verständlich ist er ein willkommenes Werkzeug, um seinen politischen Einsatz zu demonstrieren. Das hat auch US-Finanzminister John Snow erkannt und sich an die Arbeit gemacht.
Erste Feststellung: Das Leistungsbilanzdefizit hat erschreckende Ausmaße angenommen. Zweite Feststellung: Es liegt daran, daß heimische Exporte zu teuer und inländische Güter teurer als Importe sind. Und auf der Suche nach den Schuldigen ist man schnell fündig geworden. Die Asiaten sind schuld, weil sie ihre Währung künstlich niedrig und den Dollar damit bewußt hoch halten. Einzig richtige Konsequenz: Zum Asiaten fahren und ihm mitteilen, daß er das so nicht machen kann.
Und siehe da, es funktioniert sogar. Der Dollar rutscht nun kontinuierlich ab. Das gefällt der Regierung Bush, denn mit diesem kurzfristigen Effekt ist der heimischen Industrie geholfen und die Wiederwahl rückt ein Stückchen näher.
Doch ein wichtiges Detail ist bei soviel politischem Engagement wohl „vergessen“ worden. Mit einem sinkenden Dollar sinkt auch die Attraktivität amerikanischer Wertpapiere, die den Aufschwung finanzieren und eben mehrheitlich von asiatischen Anlegern gehalten werden – ein Lehrstück in Sachen Investor Relations. Niemand hat gesagt, daß die erforderliche Anpassung ohne Schmerzen über die Bühne gehen kann – so viel Ehrlichkeit sollte aber schon sein.
Die GoingPublic Kolumne erscheint zweimal wöchentlich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.