Die KOSTAL-Gruppe ist ein unabhängiges Familienunternehmen, das 1912 mit Stammsitz in Lüdenscheid gegründet wurde. In den Anfangsjahren produzierte Kostal Installationszubehör für elektrische Anlagen. Mit zunehmender Verbreitung des Automobils wollte das Unternehmen in dieser Branche mitmischen. Firmengründer Leopold Kostal entwickelte einen Fahrtrichtungsanzeiger, den er verschiedenen Herstellern anbot. So glückte der Einstieg in den Automotive-Bereich.

In erster Linie entwickelt und produziert die Unternehmensgruppe heute elektromechanische und mechatronische Produkte, wie sie im Auto mittlerweile als selbstverständlich gelten. Umfängliche Bediensysteme am Lenkrad, die von Blinker, Licht, Scheibenwischer-Intervall, Tempomat, Lenkwinkelerfassung für die Scheinwerfer, Rastsystemen und Lenkradheizung bis hin zur Multifunktion mit allen nachgelagerten Aktionen wie Telefon- oder Radioanbindung reichen. Mittelkonsolenmodule oder Shift-by-Wire-Gangwahlschalter, Türsteuergeräte und eine große Zahl von Schaltern sind erhältlich, oder kurz gesagt: Wenn ein Hersteller irgendein bekanntes oder neues Heinzelmännchen ins Auto einbauen möchte, findet er bei Kostal eine Lösung.

Gewisse Gemütlichkeit
Kostal rühmt sich auf der Website zwar damit, Kunden „zum einen die internationale Erfahrung einer globalen Firmenstruktur“, zum anderen aber auch „die Flexibilität eines mittelständisch geführten Familienunternehmens“ bieten zu können. An 35 Standorten weltweit sind mehr als 11.700 Mitarbeiter beschäftigt. Dabei erlaubt sich das Unternehmen in der Öffentlichkeitsarbeit durchaus eine gewisse Gemütlichkeit. Der Anruf in der Firmenzentrale erbringt auf die Frage nach der Presseabteilung einen knappes: „Gibt es nicht bei Kostal.“ Wer für Presseanfragen zuständig ist? „Das macht die Sekretärin vom Chef.“ Und das unmissverständlich: Leider müsse man mitteilen, dass man „nicht interessiert“ sei, Fragen zu beantworten. Auf der Website des Unternehmens ist unter „Aktuelles“ eine Meldung vom Dezember 2010 zu finden. Es dürfte nicht viele Unternehmen mit Milliarden-Umsatz geben, die so nonchalant in der PR agieren.

Lange Familientradition
Mit den Kunden scheint es besser zu klappen. „Zur schnelleren und flexibleren Reaktion auf einzelne Kundenwünsche gliedert sich die KOSTAL-Gruppe in die vier Geschäftsbereiche: Automobil Elektrik, Industrie Elektrik, Kontakt Systeme, Prüftechnik/Solar Elektrik“, lässt die Website wissen. Und schließlich existiert das Unternehmen bereits seit knapp 100 Jahren. 1935 stieg mit Kurt Kostal die zweite Generation ins Unternehmen ein, die das Automobil als zentrales Geschäftsfeld erkannte. 1972 übernimmt die dritte Familiengeneration Verantwortung. Helmut Kostal internationalisiert das Unternehmen und führt die Aufteilung in die vier Bereiche ein.

Zukunftsfeld PV-Technologie
Auf dem zukunftsträchtigen Feld der Photovoltaik-Wechselrichter ist Kostal mit der Marke PIKO (Photovoltaic Inverter Kostal) seit einigen Jahren aktiv, hinter Anbietern wie SMA oder Kaco einstweilen aber hoffnungslos abgeschlagen. Allerdings wohnt gerade diesem Segment hohe Phantasie inne, denn wenn Elektromobilität zum Beispiel über dezentrale Einspeisungen umgesetzt wird, ist die in Freiburg ansässige Wechselrichter-Sparte von Kostal in der Pole Position: Kein anderer Hersteller hat so gute und enge Kontakte in die Automotive-Szene und so intimes Wissen in der Elektrik eines Automobils.

2010 als absolutes Rekordjahr
Kostal durchbrach erstmals im Geschäftsjahr 2003 die Milliardengrenze beim Umsatz, und bis 2007 ging es auf 1,27 Mrd. EUR bergauf. Der Delle 2008 folgte der Absturz 2009 auf 1,07 Mrd. EUR Umsatz. Doch 2010 wurde dann zu einem absoluten Rekordjahr mit 1,45 Mrd. EUR Umsatz. Zu den Ergebniszahlen lässt Kostal nichts verlauten. Auffallend ist, dass das Unternehmen in den vergangenen zehn Jahren vorwiegend im Ausland gewachsen ist, denn die Mitarbeiterzahl in Deutschland liegt bei etwa 3.000 bis 3.300 Beschäftigten, während im Ausland von 5.800 auf 8.400 Mitarbeiter aufgestockt wurde.

Bekenntnis zur Familientradition
Kostal ist ein traditionsreiches Familienunternehmen, und das dürfte auf Sicht auch so bleiben. Dies betonte der aktuelle Geschäftsführer Andreas Kostal bei einem internen Interview: „Mein Vater übergab mir den Staffelstab zur Führung des Unternehmens mit der Aufgabe, KOSTAL zu dienen und zu führen. Diese Reihenfolge ist nicht willkürlich gewählt: Das Unternehmen steht stets an erster Stelle und mein Handeln wird jederzeit dem Wohl von KOSTAL dienen. Als Familienunternehmen bauen wir auf einer nun fast 100-jährigen Tradition auf, die es gilt weiterzuführen. Somit ist es meine Aufgabe, unsere Werte und unsere enge Verbundenheit zum Unternehmen in die nächste Generation zu übertragen. Hierzu benötigt ein Unternehmen eine starke Führung, die den langfristigen Erfolg sichert und gleichzeitig die Entwicklung der Firma vorantreibt (…), um so das Unternehmen anschließend in einem guten Zustand an die nächste Generation weiterzugeben.“

Fazit
KOSTAL ist ein Familienunternehmen, wie es typischer kaum sein könnte, und daher ist nichts ferner als eine Öffnung zum Kapitalmarkt. Bis auf die Wechselrichter-Phantasie in der Elektromobilität ist das Unternehmen ohnehin nicht eben sexy für die Börse, da die Margen im Automotive-Bereich bekanntermaßen nicht besonders üppig ausfallen.

Stefan Preuß

Ursprünglich erschienen im GoingPublic Magazin 10/2011.

 

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