Torsten Laufenberg (links) und Benjamin Wessels

Von Torsten Laufenberg und Benjamin Wessels, maconda GmbH

Ziel einer Commercial Due Diligence ist es, die strategische Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens und die Nachhaltigkeit seiner Erträge zu ermitteln. In vielen Branchen ist beides stark von der Innovationsfähigkeit beeinflusst – bei technischen Produkten sowieso, aber auch bei Verpackungen, Lebensmitteln und anderen Konsumgütern. Gerade beim Unternehmenskauf ist es immer wieder schwierig, Umfang und Erfolg von Innovationen in kurzer Zeit zu analysieren und zu bewerten.

Das sogenannte Time-to-Market wird immer kürzer und zwingt Unternehmen, sich schneller und intensiver mit der Weiterentwicklung von Produkten und Dienstleistungen zu befassen. Die Innovationsfähigkeit ist allerdings schwer messbar. Denn sie umfasst nicht nur die Entwicklung und Positionierung neuer Produkte und Dienstleistungen, sondern auch die Erhöhung der Produktivität durch neue Prozesse oder die Erschließung neuer Märkte durch alternative Geschäftsmodelle.

Oftmals große Verschlossenheit

Eine Commercial Due Diligence für strategische Investoren oder Private-Equity-Sponsoren hat einen großen Einfluss auf eine mögliche Kaufentscheidung. Doch die zur Verfügung stehende Zeit ist meist sehr begrenzt, es gibt kaum Zugang zu den Entscheidern und noch weniger zu den Innovationsträgern. Angst vor Know-how-Verlust bei einem geplatzten Deal und vor einem „Aufschlauen“ von Wettbewerbern trägt ein Übriges zur Verschlossenheit bei. Allerdings gibt es auch handfeste interne Hindernisse:  So sind Innovationsaktivitäten häufig nur mangelhaft dokumentiert und zudem oftmals nicht klar in der Organisation verankert.

Nicht selten wird zur Messung der Innovationsfähigkeit die Zahl der angemeldeten Patente oder die Höhe des Forschungs- und Entwicklungsbudgets herangezogen. Allerdings zeigen Patente primär die historische Innovationsintensität auf und lassen zudem keine Aussage über den Erfolg zu. Auch beim gerne bemühten „F&E-Budget“ ist zu beachten, dass die Produktentwicklung oft in unterschiedlichen Stellen geschieht, die gar nicht im „F&E-Budget“ erfasst sind. Beide sind daher als Einzelkriterien allenfalls schwache Indikatoren.

Um dennoch die Innovationsfähigkeit eines zum Verkauf stehenden Unternehmens verlässlich abschätzen zu können, gibt es einige pragmatische Ersatzkriterien, z.B.

Organisation

  • Organisatorische Verankerung von Innovation
  • Vorhandensein fester Strukturen, z.B. eines Stabes „Innovationskoordination“ o.Ä.
  • Schriftlich dargelegte Innovationsprozesse, optimalerweise mit klar definierten „Process Ownern“
  • Mitwirkende in Innovationsprozessen (interdisziplinäre Entwicklungsteams, Open Innovation), temporäre Freistellung von Mitarbeitern aus Fachabteilungen für Innovationsprojekte
  • Anzahl der Ingenieure nach Funktionsbereichen
  • Struktur und Wirksamkeit eines Anreizsystems für Innovationen
  • Vorhandensein eines Entwicklungs- oder Innovations-Controlling und Verknüpfung mit dem Vertriebscontrolling

Entwicklung

  • Neuanmeldung von Patenten pro Jahr über einen längeren Zeitraum und daraus abgeleitete, sinnvolle Ratios
  • Ausweisen von Entwicklungskosten als Investition vs. Aufwand
  • Verhältnis von Entwicklungsinvestitionen zu deren Return (Return on Innovation; Einsparungen, Deckungsbeiträge durch neue Produkte und Dienstleistungen etc.)
  • Definierte Innovationsphasen und deren Dauer
  • Struktur und Reife der Innovationsprojekte (anonymisierte Innovations-Pipeline)
  • Erfolg des Transfers von Innovationsprojekten in marktreife Produkte
  • Mitwirkung in Innovationsausschüssen u.Ä.

des eigenen Industrieverbandes (z.B. der VDMA Ausschuss „Forschung und Innovation“ oder bei Handelsunternehmen die Forschungsgruppe ECR oder der EHI-Arbeitskreis Zahlungssysteme)

Markt

  • Anteil des Umsatzes mit neuen Produkten oder Dienstleistungen
  • Dauer und Hindernisse bei der Markteinführung
  • Kundenzufriedenheit mit neuen Produkten (über Kundeninterviews, z.B. bei Maschinenverwendern; bei Lebensmitteln auch über Schnelltests und Verkostungen)
  • Floprate (gerade bei schnelldrehenden Konsumgütern oft sehr hoch); Gründe und „Lessons Learned“.
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