Tim Sichting, Audit Senior Manager, BDO AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, und Michael Malek, Forschung- und Technologietransfer, LMU München

Eine der großen Herausforderungen Chinas ist die Versorgung der Bevölkerung und der Landwirtschaft mit sauberem Wasser. Das Problem der Wasserknappheit ist lange bekannt und beruht auch auf der ungleichen Verteilung der Wasserressourcen. Engpässe in der Versorgung gibt es vor allem im Norden, während der Westen und Süden als wasserreich gelten. Nach Schätzungen der Regierung sind zeitweise zwei Drittel aller Städte Chinas von Wasserknappheit betroffen, rund 300 Mio. Chinesen in ländlichen Regionen haben keinen Zugang zu sauberem Wasser.

Verschärft wird das Problem durch die fortschreitende Industrialisierung Chinas. Größte Verbraucher von Wasser sind die Papier-, die Chemie- sowie die Textilindustrie. Zwar hat auch China Gesetze und Umweltstandards, oft scheitert es aber an der Umsetzung, zum Leidwesen der Bevölkerung. So verunreinigte im Frühjahr ein Zulieferer Apples unweit von Shanghai einen Fluss im Songjiang-Distrikt. Zwar hatte er schon mehrfach den Fluss verunreinigt, die Behörden schritten allerdings spät ein. Auch soll das Unternehmen durchaus über moderne Filteranlagen verfügt haben.

Umweltverschmutzung in Kauf genommen
An solchen Beispielen zeigt sich auch ein Dilemma Chinas: Zum einen sind Behörden an hohen Steuereinnahmen, industriellem Wachstum und der Schaffung von Arbeitsplätzen interessiert, zum anderen ist es für Unternehmer nicht wirtschaftlich, sich an Umweltauflagen zu halten, so dass eine Verschmutzung der Umwelt bewusst in Kauf genommen wird. Die Leidtragenden sind die Menschen vor Ort, die bislang Fische und Krebse im Fluss fingen, und am Ende der Lieferkette auch die Konsumenten, da die Bauern der Umgebung mit dem kontaminierten Wasser mangels besseren Wissens die Felder bewirtschaften mussten.

Im Folgenden sollen Lösungsansätze und entsprechende Chancen für die deutsche Wirtschaft beschrieben werden.

Eine der großen Herausforderungen Chinas ist die Versorgung der Bevölkerung und der Landwirtschaft mit sauberem Wasser. Foto: PantherMedia / Roland Brack

Deutschland führend in Wassertechnologien
Es gibt vielfältige Wege, Chinas Wasserwirtschaftsprobleme durch den Einsatz entsprechender Technologien anzugehen. Anknüpfpunkte ergeben sich u.a. in den Bereichen Wasseraufbereitung, Abwasserreinigung, Dezentrales Wassermanagement sowie Mess-Steuer-Regeltechnik. Weltweit führend ist Deutschland hinsichtlich der Patentkonzentration der größten Anmelder in den Bereichen Wassernutzungseffizienz und Wasserverteilung/Kanalisation. Zu den innovationsstärksten Organisationen zählen dabei u.a. Siemens, Philips, Bosch, BASF oder die Fraunhofer Gesellschaft. Im Wettbewerb mit anderen Ländern ist Deutschland in allen Bereichen der Wassertechnologie gut aufgestellt. Konkurrenz kommt vor allem aus den USA und Italien.

Die aussichtsreichsten Lösungsansätze, um die Probleme der chinesischen Wasserwirtschaft zu bewältigen, liegen in einer effizienteren Wassernutzung, besonders in einer Mehrfachnutzung des Wassers. Die Kombination aus weiter rasant zunehmenden Einwohnerzahlen mit gleichzeitig steigenden Qualitätsansprüchen schafft in städtischen Gebieten eine besondere Herausforderung. Das größte Potenzial bietet in urbanen Gebieten weiterhin die Lösung der Industrieabwasserproblematik.

Interessante Investitionsmöglichkeiten
In ländlichen Gebieten ergeben sich Investitionsmöglichkeiten für Unternehmen, deren Kompetenz in der grundlegenden Abwasserbehandlung liegt. Auch für Hersteller von Agrar-Bewässerungsanlagen existieren interessante Märkte. Zum Zwecke der Gewährleistung der Nahrungsmittelsicherheit müssen darüber hinaus Anlagen zur Überführung von gereinigtem Siedlungsabwasser in die Landwirtschaft installiert werden. All dies sind Anwendungsbereiche, in denen die deutsche Wasserindustrie gut aufgestellt ist.

Um Deutschlands Technologiekompetenz in den chinesischen Zielmarkt zu transferieren, müssen zunächst konkrete Märkte und Projekte vor Ort erschlossen werden. Auf Bundesebene wurde als zentraler Knotenpunkt zwischen ausländischen Nachfragern und deutschen Technologieanbietern beispielsweise die „German Water Partnership“ eingerichtet. Diese Plattform zum Interessenaustausch ist u.a. eingebunden in die „High-Tech-Strategie“ der Bundesregierung, wie z.B. entwicklungspolitische Maßnahmen des BMZ.

Um einen besseren Marktzugang zu erhalten, können in diesem Zusammenhang auch international ausgerichtete Entwicklungshilfe-Organisationen wie z.B. die „Bremen Overseas Research and Development Association“ (BORDA) hilfreich sein. Grundsätzlich agiert die BORDA beispielsweise als krisenorientierte Entwicklungshilfe-Organisation, welche durch ihre langjährigen Beziehungen in ost- und südostasiatische Zielmärkte auch in sich anschließenden Entwicklungsstadien interessante Industrieperspektiven ermöglichen kann.

Dieser Artikel ist erscheien im Special Cleantech des GoningPublic Magazins Ausgabe 7/2013.

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