Small Cap – Small Price? Foto: PantherMedia / Fuzzbones

 

Dr. Jochen Beumer, Partner und Leiter des Bereichs Valuation Services, I-ADVISE

Nach jahrelanger Diskussion hat das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) im Juni 2012 Hinweise zu Fragen der Anwendung des Bewertungsstandards IDW S 1 bei der Bewertung von kleinen und mittleren Unternehmen veröffentlicht. Darin wird zunächst klargestellt, dass eine Multiplikatorbewertung als vereinfachtes Preisfindungsverfahren keine objektivierte Bewertung nach dem DCF- oder Ertragswertverfahren ersetzen kann. Das wichtigste Thema sind die sogenannten „Small Cap Premiums“ oder „Size Premiums“. Dies sind Zuschläge zum Kapitalisierungszinssatz bei der Bewertung von Small- und Mid-Cap-Unternehmen, die zu erheblich niedrigeren Unternehmenswerten führen.

Kleines Unternehmen – hoher Kapitalisierungszinssatz?

Insbesondere in den USA sind Small Cap Premiums für kleinere und mittlere – für den deutschen Kapitalmarkt bereits vergleichsweise große – Unternehmen verbreitet. Das IDW empfiehlt jedoch, bei der reinen Lehre des Capital Asset Pricing Models zu bleiben, und rät von Small Cap Premiums ab. Auch Zuschläge zum Kapitalisierungszinssatz wegen fehlender Liquidität der Anteile finden nicht die Unterstützung des IDW.

Was ist der Hintergrund der Diskussion? Die Befürworter von Small Cap Premiums stützen sich auf empirische Untersuchungen, in denen höhere Renditen bei Investitionen in kleinere Unternehmen festgestellt worden sind. Die Renditeunterschiede divergieren in verschiedenen Betrachtungszeiträumen stark und sind in jüngerer Vergangenheit nicht immer klar nachweisbar. In Deutschland sind die Überrenditen auch bei langfristiger Betrachtung grundsätzlich deutlich schwächer ausgeprägt.

Warum könnte der Kapitalmarkt Premiums fordern?

Die teilweise beobachteten Überrenditen können auf höhere Transaktionskosten bei verhältnismäßig illiquiden Werten zurückzuführen sein, die eine höhere Renditeforderung der Investoren zur Folge haben. Das IDW lehnt Illiquiditätsprämien jedoch für objektivierte Bewertungen ab. Lediglich bei der Ermittlung von subjektiven Unternehmenswerten können nach Ansicht des IDW Transaktionskosten berücksichtigt werden, wenn konkrete Anhaltspunkte für den Verkauf der Anteile bestehen.

Daneben wird eine Ursache von Small Cap Premiums darin gesehen, dass kleinere Unternehmen nicht so intensiv von Analysten betrachtet werden und daher für den Investor schwieriger zu bewerten sein können, so dass er eine Risikoprämie für diese Bewertungsunsicherheit fordern müsse.

Weniger valide ist das Argument, kleinere Unternehmen seien teilweise auf Nischenprodukte spezialisiert, was ein höheres Risiko nach sich ziehe. Die systematischen Risiken des Geschäftsfelds, in dem die Unternehmen agieren, sind jedoch in der Planung oder im Betafaktor zu berücksichtigen und es bedarf deshalb keines Small Size Premiums.

Diversifikation mindert das Risiko

Das Argument, kleine Unternehmen seien weniger diversifiziert, ist bei Anwendung des CAPM nicht zulässig, denn die Diversifikation kann der Anleger/Portfoliomanager selbst vornehmen. Trifft die Annahme, die Investoren seien beliebig diversifiziert und könnten unsystematische, durch Diversifikation vermeidbare Risiken daher außer Betracht lassen, immer zu? Nein, jedenfalls nicht aus der Sicht eines Unternehmers, der einen Großteil seines Vermögens in nur ein Unternehmen investiert hat. Nach dem Total Beta-Ansatz, der jedoch wegen der Unvereinbarkeit mit dem CAPM stark kritisiert wird, werden daher bei der Ableitung des Risikozuschlags neben den systematischen auch die unsystematischen, „wegdiversifizierbaren“ Risiken berücksichtigt.

Verhandlungsspielraum aufgrund unterschiedlicher Sichtweisen

Ein Veräußerer, dessen Vermögen in einem Unternehmen konzentriert ist, kann eine deutlich höhere subjektive Risikoprämie fordern und daher geringere Kaufpreise akzeptieren als ein diversifizierter oder börsennotierter Erwerber zu zahlen bereit ist, so dass sich eine Wertbandbreite und entsprechender Raum für Preisverhandlungen ergeben