Georg Abegg (links) und Dr. Roberto Pera

Von Georg Abegg und Dr. Roberto Pera, Rödl & Partner

Die weltweite Staatsschuldenkrise hat im vergangenen Jahr den Boom bei der Entwicklung der erneuerbaren Energien gebremst. Die Förderung alternativer Energieträger, insbesondere die Einspeisevergütung für Strom aus Photovoltaik, wurde in vielen Ländern reduziert oder soll beschnitten werden. Gleichzeitig hat die akzeptierte Notwendigkeit einer Energiewende durch die Katastrophe von Fukushima weltweit neue Investitionen in Quellen zur Strom- und Wärmeversorgung aus regenerativen Energiequellen ausgelöst. Dies treibt den Kauf und Verkauf von Unternehmen im Erneuerbare-Energien-Sektor weiter an. Im Jahr 2011 stieg die Zahl der Transaktionen in der Branche auf 210, das M&A-Volumen wuchs um 135% auf 25 Mrd. EUR. Insbesondere Zukäufe von Unternehmen der EE-Branche und Private-Equity-Gesellschaften im Cleantech-Bereich beflügeln diese Entwicklung. Dies ergibt die Studie „M&A in Renewable Energy – Global Outlook 2012“ von Mergermarket und Rödl & Partner. 

Für die Studie wurden im April 2012 weltweit 100 im Bereich Erneuerbare Energien tätige M&A-Experten und Analysten zu den Herausforderungen und Chancen sowie zur zukünftigen Entwicklung des EE-Marktes befragt. Für das laufende Jahr erwarten 87% der Experten einen weiteren Anstieg des globalen M&A-Geschäfts im EE-Sektor. In den meisten Ländern ist dabei das Potenzial der Entwicklung noch lange nicht ausgeschöpft. Dies gilt für die westlichen Industrieländer ebenso wie für Osteuropa, Asien, Lateinamerika und Afrika. Insbesondere Branchenteilnehmer und große Energieversorger tätigen aktuell strategische Zukäufe in den Bereichen Solar-, Wasser- und Windenergie, Biomasse sowie auch im Bereich der Geothermie.

Quelle: Rödl & Partner

Besonders stark im Fokus der Autoren steht der asiatisch-pazifische Raum, in dem die befragten Experten erstmals die meisten M&A-Aktivitäten erwarten (73%), gefolgt von Europa (54%) und Nordamerika (43%). Während die großen Unternehmen der Branche derzeit in Wachstumsmärkten wie China und Indien stark investieren, sind Unternehmen aus den Schwellenländern ihrerseits dabei, im amerikanischen und europäischen Markt Fuß zu fassen oder ihre Position dort zu verstärken. In diesem Zuge hat es bereits zahlreiche Übernahmen durch Investoren aus Asien gegeben, die Zahl dürfte weiter zunehmen. Dabei profitieren liquiditätsstarke Unternehmen aus Asien, aber auch aus Ländern wie Brasilien und Russland von den derzeit niedrigen Unternehmensbewertungen in den vom Strudel der Finanz- und Wirtschaftskrise erfassten Ländern in Südeuropa und in den USA.

Spanische Unternehmen attraktiv

Der Zeitpunkt für Zukäufe im EE-Markt ist aktuell aufgrund der Konsolidierung in der Branche ideal. Durch die Unterbewertung vieler Unternehmen können Marktbeteiligte wie auch für Investoren und PE-Häuser Technologien und Know-how erwerben und sich damit optimal auf die zukünftige Entwicklung vorbereiten. Ausländische Käufer, darunter auch viele deutsche Unternehmen, haben besonders großes Interesse an kleinen und mittleren spanischen Firmen. Aus Sicht der spanischen Verkäufer erhofft man sich, mit dem Einstieg eines ausländischen Investors eine Verbesserung des Marktauftritts, also des Imagewerts des Unternehmens zu erreichen. Gebremst werden Zukäufe durch die wieder deutlich schwierigere Finanzierung. Unternehmen der Branche mit hohen Liquiditätsreserven sind daher im Vorteil. Weitere Hindernisse bilden unsichere Genehmigungsverfahren, bürokratische Barrieren und die unklaren politischen Rahmenbedingungen in vielen Ländern.

So hat die italienische Regierung mit dem neuen Conto Energia V, dem Gesetz über die Einspeisevergütung für Strom aus erneuerbaren Energien, die Förderung nochmals deutlich reduziert – die bis dahin für Investoren attraktiven Freiflächenanlagen erhalten zukünftig bis auf wenige Ausnahmen keine Förderung mehr. In Spanien gilt aktuell auf bislang unbestimmte Zeit ein Moratorium, neue Anlagen werden vorerst nicht mehr gefördert. In Deutschland steht eine Entscheidung über zukünftige Einspeisevergütung dagegen noch aus, da der Bundesrat dem neuen Gesetz die Zustimmung verweigert. Trotzdem hat die Ankündigung einer massiven Absenkung der Einspeisevergütung bereits einige namhafte Unternehmen in die Insolvenz getrieben, deren Technologie und Projekte nun wiederum Ziel von Übernahmen sind.

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