Lieber Leser, diese Kolumne nimmt ihre Anfänge in Hamburg bei blauem Himmel und bei Sonnenschein. Ganz anders erleben es in diesem Winter erneut viele Chinesen. Eine graue Suppe, die den Himmel bedeckt und die Sicht nimmt. Bei meiner letzten Reise nach China habe ich zwar Glück gehabt und nur wenige Tage mit hoher Smog-Belastung erlebt, dennoch können Sie sich hier einen bildlichen Eindruck aus Shanghai verschaffen. Die Aufnahme stammt von einem Tag, an dem bei Wind vermutlich herrlicher Sonnenschein gewesen wäre.

Shanghai Nebel

Das Thema Umweltbelastung wirkt sich vielfältig auf das Leben in China aus. Meine Gesprächspartner berichten mir durchweg, dass die Belastung durch schlechte Luft stärker geworden ist und sich massiv auf das tägliche Leben auswirkt. Mittlerweile kann jeder Smartphone User die Werte der Luftbelastung zeitnah einsehen, das Wissen über die Schadstoffbelastung in der Luft trägt sicher nicht zur Lebensqualität bei. Im Auto eines Kollegen in Shanghai war mir zum Beispiel ein zusätzlicher Luftreiniger für den Innenraum aufgefallen. Dieser Screenshot zeigt die Luftbelastung zu dem Zeitpunkt, als das Foto in Shanghai aufgenommen wurde.

Shanghai LuftPersonalberater berichten von der Schwierigkeit, Top-Manager zu überzeugen, in China zu leben. Besonders Manager mit Familie überlegen sich derzeit wohl, ob sie ihre Familien den Belastungen der schlechten Luft aussetzen wollen. Gerüchteweise hat auch der letzte US-Botschafter in Peking seinen Einsatz aus diesem Grund vorzeitig beendet. Bitter für China ist gleichzeitig der Wunsch vieler Chinesen, sich diesen Umweltbedingungen zu entziehen. So berichtete mir im Januar einer meiner chinesischen Mandanten von einem Essen vor dem chinesischen Neujahrsfest, an dem er teilgenommen hat. Bemerkenswert war, dass von den elf Teilnehmern des Essens zwar alle in China geboren waren, aber nur noch einer einen chinesischen Pass hatte. Alle anderen haben die Möglichkeit genutzt, eine ausländische Staatsbürgerschaft anzunehmen und sich damit einen Weg aus China eröffnet. Ironie des Schicksals war vielleicht auch, dass der einzige Teilnehmer mit chinesischem Pass Regierungsbeamter ist.

Zum Glück nimmt sich die Regierung dieses Themas an. So hat die Stadtregierung von Peking erstmalig ein Gesetz zur Luftreinhaltung verabschiedet. Dieses tritt zum 1. März 2014 in Kraft und verbannt besonders umweltschädliche Industrien aus der Stadt. Ebenso werden die Strafen für Verstöße gegen Umweltauflagen verschärft. Reuters berichtet, dass in China im Jahr 2013 insgesamt 32 Investitionsprojekte mit einer Investitionssumme von knapp 20 Mrd. USD untersagt wurden, die als besonders umweltschädlich einzuordnen waren. Ein Manko derzeit ist sicherlich, dass die Strafen für umweltschädliches Verhalten im Vergleich zu möglichen Gewinnen von Unternehmern noch sehr gering sind und das Umweltbewusstsein in China gerade in der Provinz wenig ausgeprägt ist (siehe auch diesen interessanten Reisebericht zum chinesischen Neujahrsfest).

Für die deutsche Wirtschaft bieten sich in diesem Kontext natürlich vielfältige Chancen. Angefangen bei den Automobilbauern, die schadstoffarme Fahrzeuge produzieren, über die Hersteller von Luftfiltersystemen und energiesparender Beleuchtung über die Produzenten von Wasserfilter- und Wasseraufbereitungssystemen. So sollen die Abwasser- und Kläranlagen der Stadt Peking auf rund 18 Mio. Menschen ausgelegt sein. Da derzeit aber mehr als 20 Mio. Menschen in der Stadt leben, werden die Abwässer von Millionen von Menschen ungeklärt in die Umwelt gelangen – mit entsprechenden Folgeschäden. Nach Schätzungen muss China derzeit 6% der Wirtschaftsleistung zur Bekämpfung von Umweltschäden aufwenden.

Thema der nächsten Kolumne soll daher auch sein, konkreter auf diese Möglichkeiten einzugehen. Hoffnungsvoll stimmt vielleicht, dass auch andere Länder in früheren Zeiten mit derartigen Problemen zu kämpfen hatten und diese lösen konnten.

Ansonsten ist natürlich aktuell die Zeit des chinesischen Neujahrsfests. Am 31. Januar 2014 unserer Zeitrechnung hat das Jahr des Pferdes begonnen. Auch in Deutschland wird dieses vielfältig gewürdigt, z.B. bei der Hamburger China-Gesellschaft oder dem China-Forum Bayern in München. Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz lud zudem Vertreter der chinesischen Wirtschaft am vergangenen Montag in das Rathaus ein, um die Verbundenheit Hamburgs mit den chinesischen Bürgern zu zeigen. Eine bislang einmalige Geste in Hamburg, die von Seiten der chinesischen Gemeinschaft wohlwollend zur Kenntnis genommen wurde.

Nun befinden wir uns im Jahr des hölzernen Pferdes. Die genaue Interpretation überlasse ich lieber Chinesen und Sinologen, mitgenommen habe ich aber, dass uns nach der chinesischen Tradition ein sehr dynamisches Jahr erwartet, ein Jahr, in dem gut neue Projekte begonnen werden können. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen ein erfolgreiches Jahr des Pferdes und verbleibe mit freundlichen Grüßen aus Hamburg. Ich freue mich über Kommentare und Hinweise unter Tim.sichting@bdo.de.

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