Bei Bürogebäuden ist eine Zertifizierung üblich geworden. Pflegeeinrichtungen werden teilweise extrem Cashflow-technisch erstellt. Logistikflächen rücken immer stärker in das Bewusstsein der Investoren. Bringt es Vorteile, beim Wohnungsbestand die Wette auf Berlin zu wagen, oder ist es vorteilhafter, systematisch ein breit diversifiziertes Deutschlandportfolio aufzubauen?

 

Dieter Thomaschowski, Investment Analyst DVFA/CEFA
Dieter Thomaschowski, Investment Analyst DVFA/CEFA

Nachhaltigkeit und Portfolioschwerpunkte
Nicht erst Markowitz hat versucht uns beizubringen, dass man nicht alle Eier in einen Korb legen sollte. Wer international investiert, hat natürlich zuerst die großen Metropolen New York, London, Tokio, Moskau, Peking und vielleicht noch Berlin auf dem Radar. Wer neu baut, neigt schnell dazu, die Außenhaut mit Dämmmaterial zu versehen. So lassen sich Wärmedämmrichtlinien leichter erfüllen. Klassisches gebranntes Zielmauerwerk ist häufig verpönt: schön anzusehen, aber zu teuer. Es kommt aber Kritik auf: Was passiert nämlich mit den Dämmstoffen in 20, 30 oder 40 Jahren?

Bei der Vermietung ist aber auch an Nachhaltigkeit zu denken. In vielen Metropolen, Mittelstädten und den Randgemeinden fehlt es an bezahlbarem Wohnraum. Asset Manager haben darauf zu achten, dass die Startmiete auch auf Dauer erzielbar ist. Das gilt für börsennotierte Unternehmen, die unter Beobachtung ihrer Anteilseigner stehen, das ist aber auch für genossenschaftliche Wohnungsportfolios angesagt, da die versprochene Ausschüttung erwirtschaftet werden muss. Offene Immobilienfonds, die in verstärktem Maß in Wohnungen investieren, haben ebenfalls dauerhaft Rendite abzuwerfen.

Urbanität
Die Bevölkerung drängt zurück in die Metropolen und Mittelstädte. Bei der Umgestaltung von Brachen werden die Bürger in die Gestaltung von Neubauarealen mit einbezogen. Urbanität bedeutet auch, dass rund um einen Innenstadtkern oder die historische Altstadt Lebensräume geschaffen werden. In Hamburg kennen wir sieben Bezirke und somit – ohne Berücksichtigung der 104 Stadtteile – sieben urbane Kerne. Bricht man Städte herunter auf Stadtteile oder Distrikte, so finden wir sehr häufig Stadtteile, bei denen es gilt, den dörflichen Charakter zu erhalten. Das ist in Frankfurt nicht wesentlich anders als in Köln.

Mietpreisbremse und alternative Anlagestrategien
Die Öffentliche Hand, aber auch andere Anbieter, verkaufen Portfolios und Areale gerne im Bieterverfahren. Dies hat zur Folge, dass der Meistbietende eine Wette auf die Zukunft eingeht. Für „bezahlbaren“ Wohnraum ist dann i.d.R. wenig Raum. Die Rendite für den Investor erreicht in diesen Fällen für attraktive Lagen häufig keine 5%. In den Metropolen, Mittelstädten oder Universitätsstädten haben sich Mieten und Kaufpreise deutlich verteuert. Mietbegrenzungen werden kommen, auf der anderen Seite wird von den Bürgern und der Politik gefordert, neuen Wohnraum bereitzustellen.

Der Bau von Luxuswohnungen ist ein extrem begrenzter Markt. Das heißt, hier könnten Preisblasen entstehen. Die MIPIM hat wieder gezeigt, dass Kommunen etablierte städtische, aber auch internationale Partner zur Realisierung von Wachstumsplänen mit einbeziehen. Im Wettbewerb stehen nicht nur kommunale, genossenschaftliche Wohnungsanbieter, Developer und Family Offices. Deutsche Kapitalanlagegesellschaften oder Versorgungswerke fordern bei der Akquisition von Wohnungsportfolien häufig eine Rendite von 5% oder besser ein. Dann sollten die Objekte nach Möglichkeit nicht älter als 20 Jahre sein und in Top-50-Standorten liegen. Ein K.O.-Kriterium?

AIFM
Kundenberater der Banken und Sparkassen können schnell in die erhöhte Beraterhaftung kommen, wenn sie ihrer Klientel offene Immobilien-Publikumsfonds anbieten – ähnlich wie bei geschlossenen Immobilienfonds. Nur noch ausgewählte und speziell geschulte Berater dürfen in ihren Instituten dem Kunden offene Immobilienfonds anbieten. Anders als Immobilienaktien und REITs kann dieses Produkt nicht schnell über die Börse veräußert werden. Es sind Halte- und Kündigungsfristen zu beachten.

Infolge der letzten Immobilienkrise befindet sich ein Fünftel (gemessen am Volumen) der offenen Immobilienfonds (OIF) in Auflösung, ist eingefroren bzw. wurde bereits abgewickelt. Das entspricht insgesamt einer Summe von über 25 Mrd. EUR. Während das Volumen der offenen Immobilien-Spezialfonds um über 20% gewachsen ist, sank das Volumen der offenen Publikumsfonds um rund 10% auf 81,1 Mrd. EUR. Ein Fünftel dieses Volumens befindet sich noch in Auflösung bzw. ist „eingefroren“. Die Mittel aus den Aufzulösenden sind nicht in die offenen Immobilienfonds zurückgeflossen – dagegen stieg in diesem Zeitraum die Marktkapitalisierung der börsennotierten Immobilienaktien um über 10 Mrd. EUR.

Umwandlung in Auflösung befindlicher offener Immobilienfonds in einen REIT bzw. andere Alternativen
Hierzu wären natürlich neue Rahmenbedingungen zu schaffen. Mit dem CS EUROREAL, dem SEB ImmoInvest und dem KanAM grundinvest Fonds befinden sich drei der einstigen Flaggschiffe in Auflösung. Einen Teil ihrer Gelder haben die Anleger bereits zurückerhalten. Anleger, die die Abwicklungsfrist nicht aussitzen wollen, haben die Möglichkeit, über den Sekundärmarkt Hamburg – allerdings mit deutlichen Abschlägen – Anteile zu veräußern. Den administrativen Rahmen zu schaffen, um Sondervermögen in einen REIT umzuwandeln, könnte eine Option darstellen.

Versorgungswerke investieren verstärkt in Wohnungsbau – und die Rentenanstalt des Bundes?
Versorgungswerke und internationale Pensionskassen haben in den vergangenen Jahren verstärkt in deutsche Wohnungsbestände investiert, während die Öffentliche Hand – auch in Folge knapper Kassen – Immobilienvermögen in vielen Fällen veräußert haben. Das historisch sehr unbefriedigende Renditeniveau auf dem Anleihemarkt wirft natürlich die Frage auf, ob die größte deutsche Versorgungseinrichtung wieder in Wohnungsbestände investieren sollte.

Die richtige Struktur der Passivseite und Bewertungsmethoden bleiben natürlich ständig Kernthema.

*) Die DVFA rückt das Thema Real Estate noch stärker in ihren Fokus. Die zu diesem Zweck neu ins Leben gerufene Kommission Immobilien widmet sich unter Leitung von Professor Sven Bienert, IREBS Institut für Immobilienwirtschaft, und Dieter Thomaschowski noch stärker als in der Vergangenheit dieser Thematik.

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