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Dr. Matthias Schüppen, Graf Kanitz, Schüppen & Partner

In der in Deutschland nun seit gut 15 Jahren mit großer Intensität geführten Corporate-Governance-Debatte hat auch das Verhältnis von Aufsichtsrat und Abschlussprüfung stets und zu Recht einen hohen Stellenwert. Durch die EU-Gesetzgebungsinitiative auf dem Gebiet der Abschlussprüfung ist dieser Baustein guter Unternehmensführung von besonderer Aktualität.

Im Kraftfeld der Interessen

„Eine solide Abschlussprüfung ist wesentliche Voraussetzung dafür, Zuversicht und Marktvertrauen wieder herzustellen. Dem Abschlussprüfer wird eine gesellschaftliche Funktion übertragen“, so ist in der Begründung der EU-Kommission zu ihren aktuellen Gesetzgebungsvorschlägen auf dem Gebiet der Abschlussprüfung zu lesen. Auf der anderen Seite steht die – satirische – Managerweisheit: „Kontrolle ist gut, aber Transparenz liefert ans Messer“ und die öffentliche Äußerung eines DAX-Vorstands, dass er von dem verantwortlichen Prüfungspartner seines Abschlussprüfers eine Erreichbarkeit 24 Stunden am Tag an sieben Tagen der Woche erwarte: Der Abschlussprüfer ist sehr wohl als Dienstleister, keineswegs aber als Kontrolleur erwünscht. Zwischen diesen beiden Polen steht der Aufsichtsrat: Er kontrolliert und berät den Vorstand und ist ebenso wie der Abschlussprüfer verpflichtet, das externe Rechnungswesen, namentlich Jahresabschlüsse und Lageberichte, zu prüfen. Der deutsche Gesetzgeber sieht vor, dass der Abschlussprüfer den Aufsichtsrat bei dieser Aufgabe unterstützt, und auch die aktuellen Brüsseler Entwürfe sehen trotz der Betonung des öffentlichen Auftrags eine solche Unterstützungsfunktion vor.

 Aufsichtsrat und Audit Committee

Es entspricht nicht nur einer Empfehlung des Deutschen Corporate Governance Kodex, sondern zwischenzeitlich gängiger Praxis auch bei nicht kapitalmarktorientierten Unternehmen, einen Prüfungsausschuss, häufig auch als „Audit Committee“ bezeichnet, einzurichten. Trotz der häufig synonymen Verwendung der Vokabeln ist ein Unterausschuss des Aufsichtsrates aber keineswegs ein Audit Committee angelsächsischer Prägung. Letzteres ist ein eigenständiges Gremium, das eigenverantwortlich entscheidet und dem häufig externe Experten angehören, die nicht zugleich Board-Mitglieder sind. Das deutsche Konzept des AR-Unterausschusses steht mit den EU-Gesetzgebungsvorschlägen, die damit nicht kompatibel sind, auf dem Prüfstand.

 Auswahl und Beauftragung des Abschlussprüfers

Zwar wird der Abschlussprüfer durch die Hauptversammlung gewählt. Zur Unterbreitung von Wahlvorschlägen und damit faktisch zur Auswahl des Abschlussprüfers ist jedoch der Aufsichtsrat berufen. Die eigenverantwortliche Wahrnehmung dieser Aufgabe erfordert allerdings finanzielle und personelle Ressourcen. Deshalb ist in der Vergangenheit diese Aufgabe häufig durch den Aufsichtsrat an den Vorstand „zurückdelegiert“ worden. Dass dies guter Corporate Governance nicht entspricht, ist zwischenzeitlich erkannt worden. Nur bei sehr großen Gesellschaften wird der Aufsichtsrat auf ein eigenes Aufsichtsratsbüro, das idealerweise hierarchisch nicht beim Vorstand angesiedelt sein sollte, verfügen können. Soweit der Aufsichtsrat sich externer Unterstützung bedienen will, ist dies aber ohne weiteres möglich: Im Rahmen seiner Aufgaben kann er die Gesellschaft zur Übernahme der hierbei entstehenden Kosten verpflichten. Der Verabschiedung eines „Budgets“ bedarf es hierfür nicht.

Ein wesentlicher Gesichtspunkt bei der Auswahl des Abschlussprüfers ist das Prüfungshonorar. In der Vergangenheit erhielt den Zuschlag häufig der billigste Anbieter, bei Neuausschreibungen wurde regelmäßig eine Honorarabsenkung erwartet. Mit den hohen Erwartungen, die Aufsichtsrat und Öffentlichkeit – zu Recht – an die Qualität der Prüfungsleistung stellen, ist dies nicht zu vereinbaren. Richtigerweise sollte der Aufsichtsrat bei Auswahl und Auftragsvergabe darauf achten, dass das Honorar angemessen ist und es sich nicht um ein später zu Problemen führendes „Lockvogelangebot“ handelt.

 Prüfung und Beratung

In einem gewissen Zusammenhang mit der Honorarfrage steht die weitere Frage, inwieweit der Abschlussprüfer zugleich prüfungsfremde Beratungsleistungen erbringen darf. Mit den EU-Gesetzgebungsvorschlägen soll dies für die Prüfung börsennotierter Unternehmen weitestgehend verboten werden, nach geltendem Recht ist dies demgegenüber mit wenigen Einschränkungen zulässig. Der Deutsche Corporate Governance Kodex sieht vor, dass sich der Aufsichtsrat mit der Erbringung solcher prüfungsfremder Beratungsleistungen durch den Abschlussprüfer „beschäftigen“ soll, lässt aber offen, in welcher Form und mit welchen Konsequenzen. Richtigerweise wird man dem Aufsichtsrat nahe legen, die Erbringung von Beratungsleistungen durch den Abschlussprüfer in den Katalog der zustimmungspflichtigen Geschäfte aufzunehmen.

 Prüfungsergebnis

Nach der gesetzlichen Regelung ist das Prüfungsergebnis im Bestätigungsvermerk, der der externen Kommunikation dient, zusammengefasst und ausführlicher in einem der internen Kommunikation dienenden Prüfungsbericht erläutert. Ganz wesentlich für eine gute Corporate Governance ist allerdings, dass eine intensive prüfungsbegleitende Kommunikation zwischen Abschlussprüfer und Aufsichtsrat stattfindet, in deren Rahmen besondere Feststellungen und Zwischenergebnisse bereits vorab diskutiert werden. Von essenzieller Bedeutung ist schließlich, dass bereits bei Prüfungsbeginn ein Zeitplan festgelegt wird, der es sowohl dem Prüfungsausschuss als auch dem nach der gesetzlichen Regelung für die Feststellung des Jahresabschlusses zwingend zuständigen Plenum erlaubt, sich anhand des Prüfungsberichtes und etwaiger zusätzlicher Dokumente (Management Letter) rechtzeitig auf die Sitzungen vorzubereiten.

 Ausblick

Schon auf der Basis des geltenden Rechts können Aufsichtsrat und Abschlussprüfer ihre Zusammenarbeit weiter verbessern und damit ihrer gemeinsamen Funktion als „Vertrauensanker für die Finanzberichterstattung“ gerecht werden. Als Grundlage der Diskussion und Weiterentwicklung einer „Best Practice“ hat das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW) ein Positionspapier entwickelt, dessen Lektüre lohnt und das zu Stellungnahmen einlädt. Im Übrigen bleibt abzuwarten, wann und in welchem Umfang die Brüsseler Gesetzgebungsvorschläge die Welt der Abschlussprüfung verändern.

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