Der richtige Zeitpunkt

Es gibt dafür keine Standardlösung, sondern dieser wichtige Punkt muss individuell auf den Verein zugeschnitten sein. Es gibt die Möglichkeit des „Big Bang“: Alles wird bis zum Start geheim gehalten und über eine Pressekonferenz gestartet, so beispielsweise bei Arminia Bielefeld, hier fehlte auch das nötige Quäntchen Glück nicht, denn genau an diesem Tag schlug Bielefeld zuhause Bayern München mit 3:1. Schalke und St. Pauli gaben den Start schon weit vorher bekannt und ließen auf der Internetseite eine Uhr rückwärts laufen. Um Mitternacht startete Schalke die Anleihe, die man über das Internet zeichnen konnte (sehr wichtig), um 1.30 Uhr brach der hauseigene Server zusammen, und als in der Pressekonferenz neben der Anleihe auch noch Raúl vorgestellt wurde, war die erste Million schon am ersten Tag gezeichnet.

St. Pauli startete die Anleihe mit schweren Gongschlägen im Stadion, und auch dort war der Spannungsbogen geschickt aufgebaut, so dass sofort eine Zeichnungsflut über den Verein hereinbrach. Wichtig ist es, dass die Fanclubs bzw. -beauftragten kurz vorher separat informiert werden, denn auf sie baut ja die Anleihe auf und sie erfüllen als rechtzeitig Informierte eine wichtige Multiplikatorfunktion.

Die Schmuckanleihe

Die Erstellung von Einzelstücken bei der Herausgabe der Anleihe ist eine sehr alte Idee, die als erstes in Deutschland vom FK Pirmasens in den frühen 80er Jahren verwirklicht wurde. Die Aufteilung in verschiedene Größen (100, 200 oder 500 EUR) wurde von Aachen erstmals eingesetzt. Einen Wert in Höhe des Vereinsgründungsjahres „erfand“ Schalke 04. Sehr zu Recht, denn allein mit diesem Wertpapier wurden in Gelsenkirchen 3,5 Mio. EUR eingesammelt, heute wird diese Idee von anderen Vereinen übernommen.

Die Schmuckanleihe dient zur Identifizierung mit dem Verein und schmückt manches Wohnzimmer und Büro, wichtig ist es, mit der Hausbank, die meist auch als Zahlstelle fungiert, zu vereinbaren, dass die Zinscoupons gebührenfrei eingelöst werden können. Auf die Schmuckanleihe allein kann jedoch eine Fan-Anleihe nicht aufgebaut werden, sie ist nur eines von vielen Marketinginstrumenten, um eine Anleihe erfolgreich umzusetzen. Häufig wird von den Anlegern eine Kombination gewünscht: 5.000 EUR für das Depot und zwei Schmuckanleihen.

Der persönliche Kontakt

Ein großer Aufwand gleich zu Beginn der Zeichnungsfrist ist die Schulung der Mitarbeiter. Im Stadion muss jeder Mitarbeiter, ob Hostess, im Fan-Shop oder am Ticketschalter, um die Existenz der Anleihe wissen und auf eine Frage nach der Anleihe reagieren können. Sehr bewährt hat sich der Einsatz eines Call Centers, in dem grundsätzliche Fragen zur Anleihe gestellt werden können. Das kann entweder über die hauseigene Hotline (allerdings mit eigener Telefonnummer) erfolgen – so hat es beispielsweise Hertha BSC gelöst – oder über ein externes Call Center – Schalke, Aachen, Köln.

Die Anleihe muss bei Heimspielen im Stadion präsent sein, sowohl im Außenbereich mit einer direkten Zeichnungsmöglichkeit und geschulten Mitarbeitern als auch im VIP-Bereich. Schwierig ist, jeweils den richtigen Marketing-Mix zu finden. Es handelt sich schließlich um ein Finanzgeschäft, die Anleihe ist ein Wertpapier und kann nicht angeboten werden wie T-Shirts etc. im Rahmen des Fan-Shops und verträgt kein Hard Selling. Sie bedarf vielmehr einer gewissen Exklusivität, einer eher konservativen Herangehensweise; ein sehr aggressives Verkaufsmarketing schreckt den potenziellen Zeichner erfahrungsgemäß eher ab.

Fazit

Für den Erfolg einer Fan-Anleihe gibt es kein Patentrezept, so verschieden die Vereine in ihrer Struktur und Wahrnehmung sind, so unterschiedlich sind auch die Aufbaumöglichkeiten für eine erfolgreiche Anleihe. Sorgfältige Analyse, ein ausgewogener Marketing-Mix, auf den Verein zugeschnitten, nachvollziehbare Gründe, wofür die Anleihe benötigt wird, Kundennähe, aber kein Hard Selling und ein gutes Zusammenspiel zwischen Verein, Stadt und der eingeschalteten Regionalbank als Zahlstelle sind jedoch beste Voraussetzungen.

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