In der Zeit zwischen den Jahren kommt die Wall Street und mit ihr das Geschehen am Emissionsmarkt traditionell zur Ruhe. Das „Facebook-Jahr“ bescherte Anlegern eine insgesamt zufriedenstellende Bilanz.

Wie erwartet blieben die großen Transaktionen kurz vor den Weihnachtsfeiertagen aus. Stattdessen bewegte sich der Markt in ruhigem Fahrwasser. Viele Börsianer hatten sich von der Wall Street ohnehin schon vorher verabschiedet. Letztlich darf man mit der Entwicklung des vergangenen Jahres durchaus zufrieden sein. Mit Ausnahme der wieder einmal sehr ruhigen Sommermonate und eines schwachen Januars verlief die Neuemissionstätigkeit nahezu gleichbleibend auf einem recht stabilen Niveau. Dank der Facebook-Milliarden stand unter dem Strich sogar ein recht deutlicher Zuwachs bei den IPO-Einnahmen. Auch die Performance der Neulinge fällt durchaus respektabel aus. Mit einem Plus von durchschnittlich 11,7% starteten die in Summe 127 Börsengänge in ihren ersten Handelstag. Damit wurde der moderate Vorjahreswert am Ende klar übertroffen, ohne dass man Sorge vor einer Überhitzung des Primärmarktes haben müsste.

IPO-Kandidaten werden immer älter
Steigt man etwas tiefer in die Analyse des vergangenen Jahres, so stößt man irgendwann auf zwei interessante, ambivalente Entwicklungen. Das Alter der IPO-Kandidaten steigt demnach deutlich an. 20 Jahre waren 2012 im Durchschnitt von der Gründung bis zum Gang aufs Parkett vergangen. In den beiden Jahren zuvor lag diese Kennzahl lediglich bei 15 respektive 16 Jahren. Auch wenn die Zeit der Start-ups schon lange vorbei ist, überrascht doch, dass die Unternehmen, die sich für die Option eines Börsengangs entscheiden, sich nahezu ausschließlich in einem derart weit fortgeschrittenen Entwicklungsstadium befinden. Start-up- und Expansionsfinanzierungen fallen inzwischen größtenteils in den Bereich von Private Equity. Etwas Sorgen bereitet indes die Entwicklung der eingereichten Anträge bei der SEC. Diese brachen letztes Jahr regelrecht ein. Von 259 Filings im Jahr 2011 ging es auf magere 140 bergab. Damit ist man fast bei den Tiefständen aus den Zeiten der Finanzkrise angelangt. Da sich hieraus die nächsten Börsenaspiranten ableiten, wäre ein ruhiges Geschäft in den kommenden Monaten nicht verwunderlich.

Zwei Energy-IPOs zum Jahresabschluss
Zwei durchaus prominente Namen aus dem Energie-Umfeld gehörten zu den letzten Neulingen des vergangenen Jahres. Dabei war der Photovoltaikanbieter SolarCity gezwungen, seine ersten Preisvorstellungen deutlich zurückzuschrauben. Statt geplanter Einnahmen von rund 140 Mio. USD musste sich das 2006 gegründete Solarunternehmen mit Erlösen von knapp 100 Mio. USD zufrieden geben. Seit dem Listing ging es für den Titel dafür stramm aufwärts. Inzwischen können sich die Zeichner über einen Buchgewinn von annähernd 90% freuen. Die Kursgewinne wurden zuletzt von einem positiven Ausblick untermauert. Nach einer installierten Gesamtleistung von 156 MW im vergangenen Jahr strebt das Management für 2013 einen deutlichen Zuwachs auf 250 MW an. Beide Größen lagen über den zum IPO kommunizierten Erwartungen. Positiv nahm die Börse zudem einen Insiderkauf von Unternehmer Elon Musk auf. Der Paypal-Gründer erwarb im Zuge des Börsengangs weitere Anteile im Gesamtwert von knapp 1 Mio. USD. In seiner Kursentwicklung weniger spektakulär, dafür mit einem Volumen von 520 Mio. USD ungleich größer fiel das IPO der Raffineriegesellschaft PBF Energy aus. Die fünfgrößte unabhängige Raffinerie der USA konnte angesichts des großen Anlegerinteresses sogar mehr Aktien als zunächst geplant ausgeben. Gemessen am Ausgabekurs lag das Kursplus zuletzt bei respektablen 10%.

Kreuzfahrtschiffbetreiber auf Kurs
Auf großes, nicht zuletzt mediales Interesse stießen die IPO-Pläne der Reederei Norwegian Cruise Line, ihres Zeichens drittgrößter Kreuzfahrtschiffbetreiber Nordamerikas mit einem Marktanteil von derzeit 11%. Investoren zeigten sich vom Unternehmen und der dargestellten Wachstumsperspektive recht angetan, und so konnten die in Summe 23,5 Mio. Aktien letztlich oberhalb der zunächst angedachten Preisspanne platziert werden. Die Einnahmen sollen nicht zuletzt in den Ausbau der Flotte und in die Schuldentilgung fließen. Im Vergleich zum Marktführer Carnival mit seinen 99 Schiffen nimmt sich die Flotte von Norwegian Cruise Lines mit ihren elf Schiffen noch recht bescheiden aus. Allerdings besteht für Norwegian Cruise Lines dadurch ein gewaltiges Aufholpotenzial. Ein Jahr nach dem Unglück der Costa Concordia scheint sich die Kreuzfahrtindustrie von diesem Schock allmählich erholt zu haben. Bereits im Mai sollte mit der „Norwegian Breakaway“ ein neuer Luxusliner des Unternehmens in einer deutschen Werft vom Stapel laufen. Eine Gefahr sehen Beobachter allerdings in der hohen Schuldenlast. Zum Ende des letzten Geschäftsjahres lag diese bei fast 3 Mrd. USD. Da ein Großteil der Verbindlichkeiten zu variablen Konditionen aufgenommen wurde, könnten steigende Zinsen für den Konzern noch teuer werden.

Fazit
Nach einem insgesamt ruhigen Jahresauftakt sucht der IPO-Markt noch nach einer Richtung. Bislang gibt die Performance der Neuzugänge jedenfalls nur unzureichende Hinweise auf das Geschäft in den kommenden Monaten. Kritisch müssen die rückläufigen Anträge auf Börsenzulassung bewertet werden. Die starke Entwicklung der großen Indizes macht indes Hoffnung. So notiert der S&P 500 auf einem neuen Fünfjahreshoch, was das Interesse an Aktien zusätzlich befeuern dürfte. Auch wenn kurzfristig kein neuer „Facebook-Deal“ in Sicht scheint, blicken die meisten Börsianer hoffnungsfroh auf 2013 und das weitere Neuemissionsgeschäft.

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