David Folkerts-Landau, Chefsvolkswirt, Deutsche Bank

Mit etwas Glück könnte das Jahr 2013 das Jahr 1 nach der Krise markieren. In den USA manifestieren sich die Anzeichen eines nachhaltigen Aufschwungs und in Europa sind die größten Unsicherheiten vorerst beseitigt. Maßgeblich für die Beruhigung war Mario Draghis Ankündigung, alles in der Macht der EZB Stehende zu tun, um die Eurokrise zu bewältigen und den Bestand der Währung zu sichern. Damit hat er die Voraussetzung für den Markt geschaffen, sich wieder auf Fundamentaldaten konzentrieren zu können. Doch auch wenn diese nach oben zeigen, scheint die derzeitige Dynamik noch zu schwach, um einer Rückführung der expansiven Geldpolitik widerstehen zu können. Außerdem sind die mittel- und langfristigen Herausforderungen noch lange nicht gelöst. Weitreichende Entscheidungen hin zu einer stärkeren Integration der Währungsunion sind jedoch bis nach den Wahlen in Deutschland unwahrscheinlich und danach nur in kleinen Schritten zu erwarten. Im laufenden Jahr werden Strukturreformen in einer Reihe von Euroländern im Vordergrund stehen.

Der amerikanische Konsument kehrt zurück
Der optimistische Ausblick für die Vereinigten Staaten lässt sich am Aufschwung des Privatsektors festmachen. Während sich die Erholung am Arbeitsmarkt zum Ende des vergangenen Jahres deutlich verfestigt hat und amerikanische Haushalte ihre Schulden auf das Niveau von 2003 zurückgeführt haben, ist der Verfall der Vermögenswerte auch auf der anderen Seite ihrer Bilanz gestoppt.

2012 gab es vom US-Häusermarkt erstmals wieder leichte positive Tendenzen. Foto: PantherMedia / Andy Dean

Der Häusermarkt hat im vergangenen Jahr zum ersten Mal seit Krisenbeginn wieder einen leicht positiven Beitrag zum BIP geleistet, und alle Indikatoren deuten auf eine weitergehende Erholung hin. Der Bestand an neuen Häusern ist auf dem niedrigsten Niveau seit 2005 und die Hypothekenzinsen befinden sich in einem Allzeittief. Steigende Immobilienpreise werden zum ersten Mal seit Krisenbeginn den Konsum aktiv stimulieren, Bankbilanzen stärken und bestenfalls einen Kreislauf aus Investition und Wachstum in Gang setzen. Wir gehen davon aus, dass die Erholung am Immobilienmarkt bis zu einem Prozentpunkt zum BIP-Wachstum beitragen könnte, nach 0,3 Prozentpunkten im vergangenen Jahr. Setzt sich außerdem die Erholung am Arbeitsmarkt mit derselben Dynamik fort, die wir Ende des vergangenen Jahres beobachten konnten, könnte der heimische Konsum nicht nur in den USA die Krise beenden, sondern über die Exportnachfrage auch einen substanziellen Beitrag für mehr Wachstum in Europa liefern.

Die USA sind der mit Abstand größte Handelspartner der Europäischen Union. In die gesamte nordamerikanische Freihandelszone gehen mehr als ein Fünftel der europäischen Exporte. Kommt darüber hinaus das angekündigte Freihandelsabkommen in absehbarer Zeit zustande, könnte sich dieser Anteil noch erhöhen, mit positiven Effekten für das Potenzialwachstum.

Quellen: FRB, Haver Analytics, Deutsche Bank Research

 

Aufschwung in Europa lässt auf sich warten
Die momentane Lage in Europa ist jedoch weiterhin von kurzfristigeren Entwicklungen geprägt. An den Finanzmärkten hat in den vergangenen Monaten eine deutliche Entspannung eingesetzt. Diese war zuerst an dem Rückgang der Renditen für Peripherieländer nach Draghis Rede im Juli abzulesen. Seit Ende letzten Jahres kann man außerdem eine Rückkehr der Bankeinlagen in den Krisenländern beobachten und anhand der fallenden Target-Ungleichgewichte auch eine Umkehr der vorherigen Kapitalflucht in die Kernländer ablesen.

Quellen: Nationale Zentralbanken, Deutsche Bank Research

 

Die Entspannung auf der Finanzierungsseite der Banken hat jedoch noch nicht zu einer Erholung der Kreditvergabe geführt. Außerdem waren die Wachstumszahlen im letzten Quartal eine Enttäuschung. Wir gehen einerseits davon aus, dass sich die Eurozone nur langsam aus der Rezession befreit. Andererseits deuten Stimmungsindikatoren darauf hin, dass die Kluft zwischen Deutschland und der Peripherie weiterhin groß bleibt. Während Deutschland im zweiten Quartal schon wieder wachsen dürfte, wird Frankreich erst im dritten Quartal und Spanien gar erst im vierten Quartal die Rezession hinter sich gelassen haben.

Die grundlegende Voraussetzung für jegliche Erholung ist jedoch, dass die politischen Risiken unter Kontrolle bleiben, Reformen fortgeführt werden und die Zentralbanken äußerst behutsam voranschreiten.

Frankreich im Fokus
Die französische Regierung musste kürzlich eingestehen, dass ihre Wachstumsprognose für das laufende Jahr unrealistisch ist und sich auch das Ziel eines Fiskaldefizits von unter 3% in diesem Jahr nicht erfüllen lässt. 2013 wird für Frankreich ein Jahr weitreichender Entscheidungen. Eine Rentenreform und weitere Arbeitsmarktreformschritte liegen auf dem Tisch. Da der Markt sich sehr genau anschauen wird, wie Frankreich die Herausforderung weitreichender struktureller Umwälzungen bei gleichzeitig fortschreitender Konsolidierung angeht, gehen wir davon aus, dass es der Regierung nicht an dem Willen zur Durchsetzung mangeln wird.

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