Im Prinzip ist der Kuchen im Markt für Discount-Brokerage schon längst verteilt: Die aktiven Trader sind bei Comdirect, Consors und Fimatex untergekommen; eher konservative Kunden werden von den Online-Ablegern der Großbanken wie Direkt Anlage Bank, Advance Bank und nicht zu vergessen Brokerage24, dem Discount-Shop der Deutschen Bank bedient. Inzwischen verfügt jedes der bundesweit tätigen Institute über einen eigenen Online-Ableger. Selbst die Postbank hat mit easytrade einen eigenen Internet-Auftritt. Die große Ausnahme bilden lediglich die Genossenschaftsbanken und die Sparkassenorganisation, die sich bisher intern auf keine einheitliche Plattform verständigen konnten und an Insellösungen basteln, die jedoch wie im Falle der 1822direkt durchaus erfolgreich sein können.

Im Laufe diesen Jahres sind mit Systracom, pulsiv.com und EQ-Online drei neue Anbieter auf den deutschen Markt gekommen, die mit einem verbesserten Service für aktive Trader und einer noch schnelleren Abwicklung den bereits etablierten Instituten Paroli bieten wollen – im Zweifelsfall verbunden mit einem Abwerben der Kunden. Dazu sind immense Marketingaufwendungen erforderlich, welche die sinkenden Ertragsmargen zusätzlich belasten und das schnelle Erreichen der Gewinnzone bei vielen der Wettbewerber immer weiter in die Ferne rücken lassen. Erstaunlicherweise sind dagegen die großen US-Discountbroker wie Schwab und E-Trade auf dem heimischen Markt noch gar nicht in Erscheinung getreten! Sollte nur einer von ihnen in Kürze aktiv werden, so droht vielen Kleinen der Kampf ums nackte Überleben. Zusätzliche Konkurrenz entsteht durch neue Vertriebswege wie moneyshelf, eine Internet-Plattform für Finanzanlagen, hinter der als Betreiber die Deutsche Bank steht, oder Internet-Angebote von Finanzdienstleistern wie MLP und AWD.

Insgesamt läuft der Markt zwangsläufig auf eine Konsolidierung hinaus. Es wird über kurz oder lang zu Fusionen und Übernahmen kommen, nicht nur zwischen Discountern untereinander, sondern auch zwischen traditionellen Finanzinstituten und Onlinehäusern. Daneben strecken führende Discount-Broker wie Consors und Comdirect ihre Fühler bereits ins Ausland aus oder suchen Kooperationen mit starken Partnern wie jüngst die Direkt Anlage Bank, die sich von ihrer Zusammenarbeit mit Goldman Sachs und Sal. Oppenheim entscheidende Vorteile bei der Zuteilung von Neuemissionen verspricht. Andererseits sind natürlich auch die Banken an Kooperationen mit den Discountern interessiert, weil sie erkannt haben, daß sie das Segment der aktiven und mobilen Kunden bisher sträflich vernachlässigt haben. Dies dürfte auch der Grund für einige der jüngsten Neugründungen von Online-Brokern sein: Einige Privatbanken und Technologielieferanten haben den Trend bisher verschlafen und wollen nun noch auf den fahrenden Zug aufspringen – auf die Gefahr hin, zu kurz zu springen und im Graben zu landen!

In diesem Kontext hat Consors mit der bereits im Frühjahr erfolgten Übernahme der Berliner Effektengesellschaft wieder einmal ein Zeichen gesetzt: Die jetzt in Consors Capital Bank AG umfirmierte Effektenbank wollen die Nürnberger zu einer der führenden Online-Investmentbanken für Wachstumswerte ausbauen. Die Produktpalette soll dabei von Corporate Finance-Dienstleistungen, wie Neuemissionen, Kapitalerhöhungen und Sekundärplazierungen über das Research bis hin zur Investor Relations-Arbeit für die betreuten Unternehmen reichen. Durch die aktive Teilnahme an Konsortien, die sich nicht auf die Tätigkeit als Selling Agent beschränkt, sondern auf die Konsortialführerschaft oder zumindest eine starke Stellung im Konsortium abzielt, will die Consors Capital Bank eine Spitzenstellung in der Plazierung von Neuer Markt-Kandidaten einnehmen.

Mit dem designierten Vorstandsvorsitzenden Alfred Möckel hat Consors Capital sicher den richtigen Mann für die ambitionierten Pläne gewonnen. Ob das Ziel Möckels, bis zu 15 Unternehmen pro Jahr an die Börse zu begleiten, realistisch ist, erscheint jedoch noch fraglich. Consors hat sich mit dem jüngsten Deal aber auf jeden Fall eine gute Ausgangsposition im Transformationsprozeß der Finanzbranche verschafft: Abgesehen von der Commerzbank (Comdirect) und der HypoVereinsbank (Direkt Anlage Bank) war es den übrigen Großbanken mit ihren mehr oder weniger unselbständigen Online-Ablegern bisher nicht möglich, den Nürnbergern auf ihrem Gebiet Paroli zu bieten. Die Consors Discount-Broker AG ist mit ihrer Investmentbank-Tochter jedoch auf gutem Weg, die etablierten Häuser in ihrem eigenen Markt anzugreifen.

Die GoingPublic-Kolumne erscheint börsentäglich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

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