Stellvertretend für viele darf hier die Einschätzung des Präsidenten der Federal Reserve Bank von St. Louis, William Poole, zitiert werden, der laut Dow Jones vergangene Woche sagte, dass ihm die Krise auf dem Markt für zweitklassige Hypotheken (so genannte „Subprimes“) keine Sorgen bereite. Größere Auswirkungen für die übrige Wirtschaft seien kaum zu befürchten, auch weil keine normalen Kreditinstitute involviert seien.

Die Aussage hat durchaus eine gewisse Chuzpe, denn sowohl die amerikanische Bear Stearns als auch die deutsche IKB gehen ja doch als ziemlich normale Kreditinstitute durch. Und das Problem ist doch: Durch die Bündelung und Verbriefung der Risiken ist nicht mehr nachvollziehbar, wer eigentlich welche Risiken in den Büchern welcher Tochtergesellschaft oder welchen Fonds hat. Das kann auch Herr Poole mit allem Insiderwissen eines Notenbankers, der sogar im Offenmarktausschuss der Fed stimmberechtigt ist, nicht wissen. Dass er sich dennoch so weit und so deutlich aus dem Fenster lehnt, lässt alle Alarmglocken schrillen: Hier geht es ganz offensichtlich um Stimmung, nicht um Wissen. Wie leidvoll man daneben liegen kann, wenn man an das Gute glaubt und nicht an Auswirkungen, mussten jetzt die Analysten der UBS und der WestLB erfahren: Mit Datum 29. Juni bzw. 20. Juli wurden die Aktien der IKB – bei klar höheren Kursen also – zum Kauf empfohlen. Aber das ist eine andere Geschichte.

Nicht nur Poole negiert Auswirkungen, sondern auch andere Vertreter interessierter Seite, und das ganze erinnert stark an Störfälle im Atomkraftwerk: Da steht auch immer menschliches Versagen als Ursache fest, selbst wenn kaum nähere Informationen verfügbar sind. Denn das System, die Technik, die Technologie darf nicht in Frage gestellt werden. Die Motivation, die Probleme bei den Subprimes kleinzureden, ist einfach zu erkennen: Alles, was den Konsumwillen des US-Bürger einschränkt oder dazu führen kann, die Kreditpraxis der Banken zu verschärfen, wird in Abrede gestellt.

Diese Ignoranz, in Tateinheit mit der strikten Weigerung, mehr Transparenz in die Geschäfte von Hedgefonds zu bringen, lässt trotz der jüngsten Erholung an den Aktienmärkten in dieser Woche nichts Gutes erahnen. Ob nach den etwa 50 Hypothekenbanken in den USA, die verkauft wurden oder insolvent sind, nun auch vielleicht eine größere Bank in Schieflage gerät, ist dabei unerheblich. Allein die Unsicherheit und das Verlangen der Banken, die nun von Hedgefonds deutlich mehr und besser bewertete Sicherheiten einfordern, entzieht den Märkten Liquidität. Das muss sich nicht, kann aber sehr wohl sehr deutlich auf die Aktienkurse durchschlagen. Auf alle Fälle wäre es leichtfertig, diese Gefahr nicht stets ernst zu nehmen und statt dessen so zu tun wie Herr Poole: Dass nicht sein kann, was nicht sein darf.

Stefan Preuß

Die GoingPublic Kolumne erscheint wöchentlich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

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