Vorgeschrieben ist vom Gesetzgeber, daß alle Nachrichten, die eine kursbeeinflussende Relevanz besitzen können, unverzüglich als sogenannte Ad hoc-Meldung zu veröffentlichen sind. Dazu zählen in erster Linie Geschäftszahlen, Ankündigungen von Fusionen oder Übernahmen, bevorstehende Beteiligungen, aber auch wichtige Kooperationen oder Wechsel in der Unternehmensführung.

Problematisch ist allerdings, daß die Unternehmen über reichlich Ermessensspielraum verfügen, was als kursbewegend angesehen werden muß und was nicht. Bei mittlerweile über 250 gelisteten Firmen am Neuen Markt bleibt nur diejenige im Gespräch, die regelmäßig mit neuen Nachrichten von sich reden machen kann.

In jüngster Zeit hat sich diese Praxis zum Selbstläufer entwickelt: Meldungen, die eigentlich nicht zwangsläufig eine Schlagzeile wert wären und deshalb sicherlich auch nicht kursrelevant, werden erst dazu gemacht, indem sie in eine Ad hoc gepackt und über die Nachrichtendienste verbreitet werden. Auf diese Weise ergibt sich eine alternative und vor allem kostengünstige Form der Eigenwerbung.

Und genau so stellen sich viele dieser Ad hoc-Mitteilungen auch dar. Ausführliche Firmenprofile und sogar Zitate von Vorstandsmitgliedern blähen die ursprünglich als Kurzmeldungen gedachten Nachrichten auf teilweise mehrere Seiten auf. In beinahe jeder Nachricht gehört zudem die Eigentitulierung als „führendes Unternehmen“ zum guten Ton. Es erscheint nicht sonderlich schwer, sich in jeder noch so kleinen Marktnische als führend herauszustellen.

Bestes Beispiel einer dieser Eigenwerbungen ist die 226-zeilige Ad hoc eines IT-Dienstleisters am Neuen Markt aus der letzten Woche. Das Unternehmen dozierte auf knapp vier Seiten über eine eingegangene Beteiligung, kein Detail der erworbenen Technologie wurde ausgespart und wie im Versandkatalog angepriesen – nur die bunten Abbildungen haben gefehlt. Zwei Seiten davon nahmen allein die beiden Firmenprofile inklusive der ausführlichen Darlegung aller Unter-Geschäftsbereiche ein.

Das Bundesaufsichtsamt für Wertpapierhandel (BAWe) will in Kürze gegen derlei Praktiken vorgehen. Mit Hilfe der Verhängung von Bußgeldern soll zukünftig diese Form der unerwünschten Eigenwerbung unterbunden werden. In einer Ad hoc hätten Zitate und Firmenprofile nichts verloren, erst recht keine Seitenhiebe auf konkurrierende Unternehmen. Natürlich sei die Länge einer Ad hoc variabel, aber durchschnittlich sollten zehn bis 20 Zeilen als ausreichend angesehen werden können.

Noch hofft man beim BAWe auf Einsicht und hat einstweilen lediglich die Beantragung eines entsprechendes Gesetzes angedroht. Allerdings scheint da der Wunsch Vater des Gedankens zu sein. Zu verlockend und „zu kostenlos“ bietet sich die Veröffentlichungsmöglichkeit per Ad hoc an. Zu einfach ist es schlichtweg, jeden noch so kleinen Auftragseingang als kursbeeinflussende Nachricht zu verkaufen und das Unternehmen auf diese Weise wieder ins Gespräch zu bringen.

Da es (nahezu) jeder macht, muß man es selbst ebenfalls machen, andernfalls geht man in der Fülle von Unternehmen am Neuen Markt einfach unter. Kaum jemand erinnert sich noch an die Neuemissionen aus dem vergangenen Monat, geschweige denn, an weiter zurück liegende. Der 32ste IT-Dienstleister am Neuen Markt kann sich nur durch immer neue, vermeintlich wichtige Nachrichten vom 31sten abheben. Tut er das nicht, steht schon der 33ste in den Startlöchern und übernimmt diese Aufgabe dankbar.

Die GoingPublic-Kolumne erscheint börsentäglich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

Autor/Autorin