Muster im Kursverlauf der Aktien zu erkennen war schon immer ein großes Anliegen der Investorengemeinde. Verständlicherweise. Und in der Tat, es gibt sie, die Muster und Ähnlichkeiten. Die Saisonalität des Börsenjahres zum Beispiel.

Betrachtet man die saisonalen Bewegungen des Dax der letzten 30 Jahre, so stellt sich im Schnitt ein interessantes Muster dar. Erfolgreiche Börsenmonate sind demnach Januar und Februar und mit Abstrichen noch März und April. Der Mai war hingegen überwiegend schlecht. Juni und besonders der Juli konnten sich wieder sehen lassen. Dann ging es wieder abwärts. Der August bescherte im Schnitt Verluste und der September sowieso. Die Jahre, in denen der Oktober für Gewinne gut war, hielten sich mit verlustträchtigen Jahren in etwa die Waage. Erst November und vor allem Dezember waren wieder Monate mit kräftig steigenden Kursen. Daraus leiteten findige Investoren schnell eine Daumenregel ab: Sell in may and go away! Keine falsche Handlungsmaxime, könnte man sagen, immerhin trifft sie (fast) die Realität. Allerdings nur im Durchschnitt, und das hilft für das jeweilige Jahr leider rein gar nichts.

Enttäuschend aber war: Für dieses Jahr galt diese Regel ja auch schon – und ? Auch 2002 ist keineswegs klar, daß der (Früh-) Sommer oder der Winteranfang für ordentliche Gewinne gut sein werden. Betrachtet man das aktuelle konjunkturelle und wirtschaftliche Geschehen, dann muß man dem sommerlichen Aufschwung an den Börsen zumindest skeptisch gegenüberstehen. Zwar weist die amerikanische Konjunktur so etwas wie Erholungszeichen auf, doch sind diese vager als einem lieb sein kann. Auch Europa bewegt sich aus dem Rezessionstief, allerdings so langsam, daß man schon mit der Lupe hinsehen muß.

Das Jahr 2002 hält sich mit seinen Anfangsverlusten unfairerweise nicht an die beschriebene Saisonalität. Also ist, speziell für diesen Einzelfall, die Zyklizität in diesem Jahr wohl längst über den Haufen geworfen. Eigentlich müßte die Regel ja ohnehin lauten: Sell BEFORE may and go away. Vielleicht drohen in den beschriebenen traditionell schlechten Börsenmonaten aber sogar noch größere Verluste, als wir in den „guten“ beobachten konnten. Wer weiß das schon. Doch Sie wissen ja: Die Börse hält sich nur ungern an vermeintlich sichere Prognosen!

Einen Beitrag zum Thema „Zyklik“ finden Sie auch im aktuellen GoingPublic Magazin 06/2002, das Abonnenten letzten Samstag erhalten haben und Mittwoch im Handel erscheinen wird.

Die GoingPublic Kolumne erscheint jeweils montags, mittwochs und freitags in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

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