Dr. Harald Linné ist Managing Partner beim Interim Management-Anbieter Atreus. Seine Beratungsschwerpunkte sind neben Private Equity u.a. die Branchen Automotive, IT/TK und Hightech-Unternehmen.

Secondary Buyouts gelten gemeinhin als langweilig. Lange Zeit wurden die Portfolio-Unternehmen als „ausgelutschte Zitronen“ abgetan. Doch wer diese Haltung vertritt, erweckt den Eindruck, als verschließe er fahrlässig die Augen vor einer attraktiven Investmentoption.

Vor 2007 waren es vor allem die Primaries, die Aufsehen erregten, die Branche elektrifizierten und beklatscht wurden. Man hatte den Eindruck, dass es en vogue war, eine PE-Beteiligung möglichst spektakulär ablaufen zu lassen. Es musste erst eine globale Krise der Finanzmärkte auf den Plan treten, um dem Wahn ein Ende zu bereiten. Langsam, ganz langsam erholt sich Private Equity von den Nachwirkungen des unsanften Falls auf den Boden der Tatsachen. Vor diesem Hintergrund ist es äußerst spannend zu beobachten, dass die PE-Manager in unserer 2012 zu Bedeutung und Akzeptanz von Secondaries durchgeführten Studie betonen, dass aus ihrer Sicht Image sowie ethische und kaufmännische Grundsätze das Geschäft bestimmen. Die Branchenvertreter legen Wert darauf, auch nach dem Exit noch als verlässlicher institutioneller Verkäufer zu gelten.

Den Befragten geht es vor allem um die Sicherheit des Investments. 60% der Studienteilnehmer schreiben Secondaries diese Eigenschaft zu. Deren Bedeutung steigt also und die Forderungen der Verfechter eines Mentalitätswechsels werden immer lauter. Selbstverständlich sind Primaries weiterhin spannender und Aufsehen erregender, weil originärer. Primary Buy-outs erfordern zudem „nicht so viel Arbeit“ und die „low hanging fruits“ lassen sich deutlich leichter ernten. Verständlich, dass man da eher zur einfachen Variante greift. Und dennoch: Im Durchschnitt sind die Rendite- und Performance-Erwartungen durchaus vergleichbar. Warum ist das so? Ein neuer und vor allem guter PE findet auch in einem Secondary, Tertiary oder gar Quartiary immer noch Quick Wins bzw. erhebliches Optimierungspotenzial, weil er schlicht eine neue Sichtweise einbringt und eine neue Investstrategie fährt. Die in unserer Untersuchung befragten PE-Manager bestätigen daher auch, dass sich ein Secondary in jedem Fall rechnet, wenn ihm eine gute Investmentthese zugrunde liegt. Das konterkariert das negative Image der Secondaries radikal. Ihre strategische Bedeutung wurde bislang schlicht unterschätzt.

Der Secondary-Käufer muss sich zwar auf viel und harte Arbeit einstellen, um den gewünschten Value zu erzielen. Doch ein Aspekt wird häufig außen vor gelassen. Dass bei einem Secondary üblicherweise bereits die vermeintlich einfachen Maßnahmen schon ergriffen worden sind, hat auch seine positiven Seiten: eine detaillierte Datenbasis, effizient strukturierte Prozesse, das erfahrene Management, Finanzierungsvorteile, das etablierte Geschäftsmodell und letztlich auch ein deutlich geringerer Akquisitionsaufwand sowie -geschwindigkeit gegenüber einem Primary.

Häufig fehlt es zudem an einem entsprechenden industriellen Qualifikationshintergrund und somit Branchen-Know-how. Ein derartiger Lack of Knowledge erschwert das Erkennen und Ergreifen von effektiven Ansätzen zur Wertsteigerung des Investments enorm. Insofern erfordern insbesondere Secondaries einen unternehmerischen Investor. Nur so ist echter nachhaltiger Erfolg möglich.

Mit Secondaries lassen sich folglich attraktive Renditen erzielen, sofern PE dieses Geschäft beherrscht und über tiefe Kenntnisse der Marktgegebenheiten verfügt. Bevor also ein finales Urteil über die Chancen beim Kauf eines PE-Portfolio-Unternehmens gefällt werden kann, müssen – wie so oft im Leben – die Hausaufgaben erfüllt werden.

Autor/Autorin