Angesichts der atemberaubenden Rallye, die der Dax in den letzten Monaten zurückgelegt hat, ist eine gewisse Zuversicht nun auch nicht sonderlich verwunderlich. Ganz im Gegenteil, aber man fragt sich dennoch ganz ernsthaft, auf welches viel zitierte „bessere Kapitalmarktumfeld“ die Börsenkandidaten hierzulande eigentlich noch warten wollen…

Analysten gehen jedenfalls mehrheitlich von einem weiteren, durchschnittlich ca. 10 %igen Anstieg des Dax im Jahresverlauf 2004 aus – wie jedes Jahr im Prinzip. Die neuerdings aufgehellte Stimmung dürfte sich auch bald am Primärmarkt niederschlagen, endlich. Bereits im 1. Quartal dürfte die Tristesse am IPO-Markt enden. Wie immer will sich aber niemand als erstes an die Front wagen, schon gar nicht der Gradmesser sein oder als Temperaturfühler für Nachfolgende fungieren. Wer also tut an den hiesigen Märkten endlich den ersten Schritt, auf den dann sehr rasch weitere folgen könnten? Derjenige, der Berge versetzt, ist in der Regel auch derselbe, der anfing, kleine Steine wegzuschaffen.

Am deutschen IPO-Markt haben wir im Moment also unverändert das Problem, daß niemand diesen sagenumwobenen Anfang machen möchte. Emittenten, aber insbesondere die Investmentbanken warten noch vorsichtig ab, reichlich vorsichtig. Denn niemand will und kann sich eine Blamage leisten. Derweil kommt in Frankreich bereits wieder das erste Internet-IPO an den Markt, dem ersten Börsengang aus diesem Sektor seit über drei Jahren.

Diese teutonische Vorsicht schlägt sich auch in einer sehr zurückhaltenden „Kommunikation“ nieder, oder sollte man besser sagen: in „kollektivem Schweigen“. Auch Unternehmen, über deren IPO in der Financial Community fast schon offen gesprochen wird, äußern sich praktisch überhaupt nicht offiziell. Der Finanzplatz Deutschland schreibt sich auf die Fahnen, seine Hausaufgaben zu machen. Aber auch die andere Seite ist gefragt. Wenn man sich wieder nur ständig den Schwarzen Peter hin- und herschiebt, könnte auch das Jahr 2004 ins Land streichen, ohne daß man überhaupt einen Schritt vorankommt. So wie 2003, als es zum ersten Mal seit über 30 Jahren keinen Börsengang an heimischen Finanzplätzen gegeben hatte. Fazit: Bitte aufwachen, und das zügig!

Die GoingPublic Kolumne erscheint zweimal wöchentlich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

 

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