Die Vereinigten Staaten sollen es wirtschaftlich richten, und Europa als Trabant des übermächtigen Supertankers darf assistieren. Kaum jemand stellt die Frage, welche Rolle Japan, trotz aller Tiefschläge immer noch das Land mit der weltweit zweitgrößten Ökonomie, in diesen Planungen spielen soll. Optimisten sehen die japanische Wirtschaft als eine irrelevante Größe. Die weniger optimistischen als eine Belastung. Und Pessimisten schließlich wittern eine ernste Gefahr, die sich in den letzten zehn Jahren fernab der Hauptschauplätze zusammengebraut hat.

Vor etwas mehr als drei Jahren lautete die Überschrift eines namhaften Wirtschaftsmagazins: „Japans erstaunliche Fähigkeit [immer wieder] zu enttäuschen“. Japanische Abgeordnete beschwerten sich, und das Wirtschaftsblatt stellte klar: „Des Japaners erstaunliche Unfähigkeit, [immer wieder] nicht enttäuscht zu sein“. Das traf den Nagel in der Tat noch etwas härter auf den Kopf.

Junichiro Koizumi, der regierende Ministerpräsident der Koalition, trat im vorletzten Jahr an und wurde mit reichlich Vorschußlorbeeren überschüttet. Doch die Partei-Dinosaurier blockieren jeden noch so kleinsten Reformversuch. Jedwede Initiative verprellt die Interessensgruppen, die die alte Garde wieder und immer wieder gewählt (oder finanziell unterstützt) haben – trotz des desolaten Zustands des Landes, das sich in der dritten Rezession innerhalb nur einer Dekade befindet. Koizumi ist populär – aber das war´s auch schon. Er hatte nie und hat auch künftig keine wirkliche Chance, die notwendigen Reformen anzugehen.

Die Japaner nehmen es gelassen hin. Jede Reform, auch nur eine einzelne würde ein Höchstmaß an zusätzlichen Unannehmlichkeiten entweder für die Regierung, für die Bürger oder aber für beide mit sich bringen: eine Abwertung des japanischen Yen, eine Finanzreform, eine Privatisierung der maroden Banken, Deregulation oder was auch immer. Es ist viel leichter, sich schlicht und einfach durch diesen Sumpf durchzustochern. Rezession – na, und?

Japans Staatsverschuldung wird in diesem Jahr in Richtung 140 % des Bruttoinlandsprodukt laufen. Die Rating-Agentur Moody´s setzt Japans Kreditwürdigkeit inzwischen auf einer Stufe mit der von Botswana oder Polen an.

Angesichts einer Rekordarbeitslosigkeit von weit über 5 % werden die japanischen Bürger als Konsumenten auch weiterhin keine Impulse für die Wirtschaft bringen können. Sämtliche Maßnahmen, japanische Bürger zu vermehrten Konsum statt Sparen zu animieren, ist bis dato im Sande verlaufen. Vielleicht könnte ein Trick helfen, dessen sich die Portugiesen bedienten, als sich das Land in einer schwer zu bewältigenden Rezession befand. Der portugiesische Escudo wurde seinerzeit mehr oder weniger unfreiwillig leicht zu fälschen konstruiert. Viele portugiesische Bürger hatten fortan Sorge, daß man sie mit Falschgeld ertappen könnte, also waren sie darauf bedacht, es möglichst rasch wieder auszugeben. Ungewöhnliche Situationen erfordern ungewöhnliche Maßnahmen. Japan befindet sich in einer ungewöhnlichen Situation.

Die GoingPublic Kolumne erscheint jeweils montags, mittwochs und freitags in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

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