So ändern sich die Zeiten. Vor wenigen Jahren waren jene, die ihre oftmals hervorragend eingeführten und in ihrem Bereich meistens als Marktführer tätigen Familienunternehmen nicht an die Börse brachten, irgendwie gestrig. Statt märchenhafte Wertsteigerungen zu realisieren, machten die Familienclans weiter das, wie sie in den Jahrzehnten, teils Jahrhunderten, zuvor auch schon gemacht hatten: gute Geschäfte abseits der Börse.

Doch immer häufiger stellt sich das Nachfolge-Problem: Angesichts stetig wachsender Management-Herausforderungen ist der eigene Nachwuchs nicht mehr in jedem Fall geeignet, große mittelständische Unternehmen erfolgreich zu führen. Externe Unternehmenslenker bevorzugen zudem häufig gelistete Unternehmen, weil die Arbeit mit Firmenpatriarchen nicht immer komplikationsarm verläuft.

Dass Warren Buffett seinen Weltklasse-Gemischtwarenladen Berkshire Hathaway gerne mit einigen deutschen Familienunternehmen bereichern möchte, zeigt nicht nur, dass es hierzulande viele erfolgreiche Geschäftsmodelle gibt, sondern dass der Standort Deutschland generell als attraktiv angesehen wird. Berkshire verfügt derzeit über gut 36 Mrd. USD in der Kriegskasse, und dieses Geld ließe sich ja auch mit Leichtigkeit in den USA oder Asien anlegen. Wenn Buffett extra nach Deutschland reist, um „auf dem Radar“ möglicher Unternehmensverkäufer zu erscheinen, kommt das in gewisser Weise einem Ritterschlag des hiesigen Mittelstandes gleich.

Zu viel Vorfreude ist freilich nicht angebracht. Buffett ist nicht eben für besonders spendable Kaufpreise bekannt. Eher schon als Meister des Bottom Fishing. Aber wenn er das „Alte Europa“ attraktiv findet, kann es den Unternehmen nicht schaden, ihn auf dem Radar zu haben.

Stefan Preuß

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