Die aktuelle Diskussion um die von Eon-Chef Bernotat angekündigte neuerliche Preiserhöhung ist an Heuchelei auf allen Seiten nicht zu überbieten. Die Versorger begründen die Preissteigerungen mit gestiegenen Herstellungskosten. Das ist zu bestreiten, da weder Wind, Sonne, Braunkohle und schon gar nicht die Atomkraftwerke teurer geworden sind. Die Mehrwertsteuererhöhung ist schon lange vorauseilend eingepreist gewesen, und die paar Gasturbinen und Steinkohleaggregate geben den Aufschlag rechnerisch nicht her.

Verständlich ist das Vorgehen dessen ungeachtet allemal. Wer stellt sich schon hin und sagt, wir erhöhen die Preise, weil die Kunden sich nicht wehren können und wir sie abzocken bis zur Schmerzgrenze? Microsoft oder SAP könnten ihre Software auch deutlich billiger abgeben, ohne in die Minuszone zu rutschen, aber der Markt gibt es her, also wird der Gewinn maximiert. Man könnte einwenden, Software sei nicht in dem Maße lebensnotwendig wie Strom zum Kochen. Doch am Ende dieser Diskussion stehen wieder Staatskonzerne für Versorgung, Transport, Telekommunikation oder das Postwesen – keine wirklich prickelnde Alternative.

Das Gezeter der Politiker macht die Sache nicht besser. Wer ist denn der Lobbyarbeit erlegen oder hat aus Länderinteresse wirklichen Wettbewerb zumindest nicht mit der Vehemenz durchgesetzt, die erforderlich gewesen wäre? Statt gegen den Strom zu schwimmen wird mit dem Strom geheuchelt, sozusagen.

Die Börse hat die angekündigten Preiserhöhungen mit Kursgewinnen honoriert und damit eine realistische Einschätzung gegeben: Auf Sicht werden die Gewinne der vier Versorgungsriesen in Deutschland steigen – einfach weil sie niemand, mindestens nicht kurzfristig – stoppen kann. Für private Anleger bleibt da nur das klassische Hedging: Aktien der Versorger kaufen. Steigen die Preise und damit die Kosten, decken Kursgewinne und Dividende einen Teil der Mehrkosten.

Stefan Preuß

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