Ulrich Wiehle, Vorstand, und Dirk Ulmer, Berater, cometis AG
Ulrich Wiehle, Vorstand, und Dirk Ulmer, Berater, cometis AG

Die Prognose der zukünftigen Geschäftsentwicklung ist eine der wichtigsten Anforderungen an börsennotierte Unternehmen. Sie ist nicht nur aus regulatorischer Sicht erforderlich – Stichwort DRS 20 –, sondern mitentscheidend für die Meinungsbildung der Finanzmarktakteure. Damit ist die Prognose von entscheidender Bedeutung für das Standing eines Unternehmens am Kapitalmarkt. Seit 2010 führt die Investor-Relations-Beratung cometis einmal jährlich eine Studie zum Thema Guidance durch. Die Teilnehmer: Ausgewählte Buy- und Sell-Side-Analysten mit Schwerpunkt auf dem DACH-Raum. Sie können fundierte Einschätzungen zur Qualität der Unternehmensprognosen abgeben, sind sie für ihre Arbeit doch auf diese Angaben angewiesen. Gleichermaßen reflektieren sie die Anforderungen des Kapitalmarkts an Unternehmensprognosen. An der aktuellen Studie nahmen im November 2013 insgesamt 20 Analysten teil, davon etwa vier Fünftel von der Sell-Side und ein Fünftel von der Buy-Side.

Prognosequalität insgesamt besser
Den Umfrageteilnehmern zufolge hat sich die Prognosequalität der in Deutschland an der Börse notierten Unternehmen im Durchschnitt insgesamt verbessert (siehe Abb. 1).

Quelle: cometis
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Gegenüber der Vorjahresumfrage stellen sie eine Verbesserung bei den Indexunternehmen fest, lediglich die Durchschnittsbewertung für den MDAX liegt unverändert bei 2,3. DAX, TecDAX und SDAX konnten ihre Bewertung hingegen um bis zu 0,8 verbessern. Insbesondere für die kleineren Nebenwerte unterhalb des MDAX ist die bessere Benotung erfreulich, verfügen diese doch häufig über vergleichsweise weniger Kapazitäten und Budget im Investor-Relations-Bereich. Dennoch gibt es auch hier noch deutlich Luft nach oben. Unerfreulich hat sich hingegen die Benotung der nicht in Indizes gelisteten Unternehmen des General- und Entry Standard der Deutschen Wertpapierbörse entwickelt – für den Entry Standard lautet das Urteil nun beinahe „mangelhaft“. Für sein Image dürfte dies nicht zuträglich sein, obwohl der Entry Standard trotz geringerer Transparenzstandards durchaus eine geeignete Plattform für börsennotierte Unternehmen darstellen kann – solange die geringeren Transparenzanforderungen nicht zulasten der Investoren ausgelegt werden.

Luft nach oben besteht unseren Studienteilnehmern zufolge in mehreren Bereichen der Prognosekommunikation. So vermissen 71% der Befragten Angaben zum Free Cash Flow in der Guidance, gefolgt vom Operativen Cash Flow (35%, siehe Abb. 2).

Quelle: cometis
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Verständlich, spielen Cash-Flow-Größen doch eine wichtige Rolle in Bewertungsmodellen, etwa beim DCF-Modell. Zudem ist gerade der Free Cash Flow als Richtwert für zukünftige Investitionen und Ausschüttungen eine wesentliche Größe für die Zielgruppe der Analysten, die Investoren. Ferner erwarten 35% unserer Studienteilnehmer mehr Angaben zum Auftragseingang, um dadurch die Prognose der Unternehmen noch besser verifizieren zu können. Für je 24% der Befragten fehlt in der Guidance darüber hinaus häufig eine Einschätzung zur erwarteten Nettoverschuldung sowie zu den Ergebniskennzahlen EBITDA und Konzernergebnis. Neben den genannten Kennzahlen vermissen die Analysten zudem qualitative Angaben: Vor allem zur operativen Entwicklung (47%), zur Kostenentwicklung (41%) sowie zum Branchenumfeld (41%). Bei den Prognosen sollten die Unternehmensverantwortlichen zudem die Angaben aus den vergangenen Jahren im Kopf haben. Denn für eine Reduzierung der Transparenz haben unsere Umfrageteilnehmer nur wenig Verständnis. 63% würden dies nur bei einem unerwarteten Konjunktureinbruch aufgrund singulärer, extremer Ereignisse akzeptieren – wie z.B. der Lehman-Pleite. 32% der Analysten lehnen einen solchen Schritt ganz ab. Dass die veränderte DRS 20-Regelung bereits eine Verbesserung herbeigeführt hat – daran glauben 61% der Analysten nicht!

Finanzberichte Informationsmedium Nummer 1
Finanzberichte sind die Quelle Nummer eins für die befragten Analysten (74%, siehe Abb. 3), wenn sie Informationen für ihre Zukunftseinschätzung zu einem Unternehmen suchen. Das belegt die zentrale Bedeutung der Quartals-, Halbjahres- und Geschäftsberichte für die IR-Arbeit. Einen ähnlich wichtigen Part spielen für 68% der Analysten auch die direkten Gespräche mit den Unternehmensvorständen – der persönliche Eindruck zählt.

Quelle: cometis
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Direkt im Anschluss an Finanzberichte und Vorstandsgespräche nennen die Analysten die typischen IR-Events – Conference Calls zu den Geschäftszahlen, Analystentage, Roadshows und Konferenzen. Pressemitteilungen bzw. Ad-hoc-Mitteilungen gehören nicht zu den präferierten Quellen der Analysten, obwohl gerade Prognoseanpassungen im ersten Schritt in der Regel über diese Kanäle kommuniziert werden. Überraschend zudem: Aus persönlichen Gesprächen mit den IR-Verantwortlichen zieht keiner der Befragten entscheidende Informationen über die Zukunft einer Gesellschaft. Für das Standing der IR-Manager bei den Analysten verdeutlicht dies durchaus Verbesserungspotenzial.

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