Sich mit weniger als dem Maximum zufrieden zu geben, das kam Telekom-Chef Ron Sommer noch nie in den Sinn. So war es nur folgerichtig, daß die Deutsche Telekom vehement auf die Ersteigerung eines dritten Frequenzblocks im Rahmen der UMTS-Versteigerung Anfang August aus war, obwohl sich alle Beteiligten bei rund 65 Mrd. DM Gesamtsumme mit jeweils zwei Blöcken aus der Auktion hätten verabschieden können. Erst als die magische Grenze von 100 Mrd. DM für die zwölf Frequenzblöcke zu fallen drohte – ohne daß einer der anderen Kandidaten zurücksteckte – sah man von einer weiteren Preistreibe ab. Der Imageverlust wäre sicherlich noch um einiges höher ausgefallen als ohnehin schon.

Daß die Telekom die zweifelhafte Strategie nachträglich als vollauf gerechtfertigt hinstellte und den bezahlten Preis als wirtschaftlich vertretbar bezeichnete, war ein Schlag ins Gesicht vieler Telekom-Aktionäre. Weitere Hoffnungs- und damit auch Kursstützen brachen weg, nachdem der Börsengang der Tochter T-Mobil auf unbestimmt Zeit verschoben werden mußte und die von Ron Sommer beim Börsendebüt im Frühjahr vollmundig verlautbarte „Akquisitionswährung T-Online“ zunehmend an Wert verlor.

Mittlerweile hat T-Online rund 50 % seiner Marktkapitalisierung von ehemals über 50 Mrd. Euro eingebüßt. Noch bevor man ernsthaft die anvisierte Internationalisierung des Unternehmens angehen konnte, rückten hausinterne Probleme in den Vordergrund: Nachdem Vorstandschef Wolfgang Keuntje und wenig später auch Marketing-Vorstand Ralf Eck „ausschieden“, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, daß Ron Sommer höchstpersönlich die Aufzucht seiner offenbar noch nicht ganz volljährigen Börsentochter übernehmen will. Mit Detlev Buchal, dem inzwischen kommissarisch die Leitung von T-Online angediehen wurde, hat Sommer einstweilen einen Mann seines Vertrauens bei T-Online „installiert“.

Die geplante Verwandlung vom reinen Zugangs-Provider zum zukunftsträchtigen e-Business-Portal ist keinen Deut vorangekommen. Zugangsgebühren sinken, Lockangebote anderer Provider mit freien Zugängen belasten die Margen, und die inzwischen immer beliebteren Flatrates, ursprünglich als Kundenfang gedacht, erweisen sich als Boomerang. Kleinere Anbieter mußten ihre Flatrate-Preise erst massiv erhöhen, da man das Verhalten der Vielsurfer vehement unterschätzt hatte. Bei einer täglichen Nutzung von teilweise über 16 Stunden fahren Flatrate-Anbieter Verluste ein.

Die jüngste Offensive soll daher das ramponierte Image des Telekom-Ablegers aufpolieren. Mit einer 50 %igen Beteiligung an der Internet-Agentur I-D Media soll dann endlich ein vielleicht entscheidender Schritt in Richtung Zukunft getätigt werden. Möglich, daß im Rahmen einer Vereinbarung I-D Media-Vorstand Bernd Kolb in die Kommandobrücke von T-Online aufrücken wird, sollte es zu dem Deal kommen. Aber die Konkurrenz sitzt nicht untätig herum: Lycos Europe hat mit der vor einer Woche angekündigten Übernahme von Spray Network eine Großoffensive gestartet, die T-Online das Leben nicht gerade leichter machen wird. Wie die Entwicklung der Aktienkurse von T-Online wie auch Lycos Europe zeigt, sind Investoren gut beraten, den Kampf als „interessierter Beobachter“ von außen zu verfolgen – am besten als Kunde, der von weiter rückläufigen Zugangsgebühren profitiert. Bisher galt Formel: Sinkende Gebühren – sinkende Aktienkurse. Daß sich das auf absehbare Zeit ändert, ist jetzt zumindest nicht abzusehen.

Die GoingPublic-Kolumne erscheint börsentäglich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

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