Die Schadenfreude hält sich in Grenzen. Die Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (SdK) hat die Absage des Börsengangs begrüßt, denn zuviel ist schief gelaufen, was man doch so einfach hätte besser machen können. Daß die IPO-Pressekonferenz, auf der der Emissionsprospekt nach dem kurzfristigen Ausscheiden der Commerzbank aus dem Bankenkonsortium nicht rechtzeitig vorlag, vermasselt wurde, kann man nicht X-FAB anlasten. Erst recht läßt dies keinen Rückschluß auf das Unternehmen selbst zu. Dies war ein Fauxpas des Konsortialführers, warf allerdings gleich ein denkbar negatives Licht auf die Unternehmung – und damit auch auf das Unternehmen.

Das aber wußte nun leider auch nicht zu überzeugen. Ein hoher Bewertungsdiscount hätte dies leisten können, vielleicht. Frage: Mußte es ausgerechnet ein defizitäres Halbleiterunternehmen sein, dem man das Setzen eines IPO-Signals zukommen ließ? Unter diesem Aspekt wäre es besser gewesen, wenn etwa die Postbank oder Hapag-Lloyd den Auftakt gemacht hätten. Nun fällt die Rolle des Debütanten Siltronic zu, seines Zeichens auch ein Halbleiterunternehmen. Zwar ist Siltronic sowohl hinsichtlich der Aufstellung wie auch der Emissionsbewertung um einiges passabler einzustufen als X-FAB. Dennoch bleibt zu befürchten, daß Investoren sich daran aufhängen werden, daß auch Siltronic 2003 Verluste machte. Allerdings ist der Fall anders gelagert als bei X-FAB, da Siltronic hierbei hohe Investitionskosten in den Aufbau eines neuen Werks zu verkraften hatte, mit dessen Hilfe das Unternehmen jedoch seine technologische Mitführerschaft maßgeblich auszubauen in der Lage ist.

Gleichwohl steht leider zu erwarten, daß Anleger hier zu Lande nach dem X-FAB-Fehlstart reserviert bleiben, im Gegensatz zu anderswo. Denn just geht in den USA heute das chinesische Halbleiterunternehmen Semiconductor Manufactoring International (SMIC) an den Start. In den Vereinigten Staaten kennt der Appetit auf IPOs teilweise schon keine Grenzen mehr, denn mit 1,7 Mrd. US-$ Emissionsvolumen sprechen wir hier von der größten Neuemission des laufenden Jahres, von denen es bis dato schon mehr als zwei Dutzend gab. Das ist der Unterschied.

Sind hiesige Investoren also mal wieder zu rückständig, zu beschäftigt mit ihrer Nabelschau und zu träge beim Weckräumen bestehender IPO-Altlasten aus den Boomjahren, oder aber hat sich andernorts (sprich: an der Leitbörse in New York) bereits wieder so etwas wie „irrationaler Überschwang“ (hier erst mal nur in Bezug auf IPOs) in die Köpfe der Investorenschar eingenistet? Wahrscheinlich liegt die Wahrheit, wie meistens, irgendwo in der Mitte.

Die GoingPublic Kolumne erscheint wöchentlich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

 

Autor/Autorin